"Ein herzliches Grüß Gott an Katharina Schulze und Ludwig Hartmann."
Ein Hotel-Konferenzsaal in Augsburg. Die bayerischen Grünen präsentieren ihr Spitzenduo, das in den Umfragen gerade von Erfolg zu Erfolg eilt. 18 Prozent - weit vor SPD, AfD und Freien Wählern. Grünen-Spitzenkandidat Hartmann will nicht zu euphorisch klingen, denn seine Partei blieb in früheren Jahren oft hinter ihren Umfragewerten zurück.
"Also ich bin dann zufrieden, wenn wir die Umfragen auch als Wahlergebnis einfahren. Ich hab im Wahlkampf dieses Anpacker-Gen in Bayern kennengelernt. Die Menschen in Bayern jubeln nicht, wenn die Herausforderungen kommen. Dazu sind wir viel zu gemütlich. Wenn sie aber da ist, dann sagen wir: Das meistern wir. Wir sind ein starkes und gutes Land. Deshalb glaube ich, dass wir diesmal die Umfragen als Ergebnis einfahren."
Viele junge Leute und ein paar CSU-Wähler
Im Konferenz-Saal in Augsburg bleiben an diesem Sonntagmorgen viele Plätze frei. Hartmann und Schulze sind weder Showtalente noch Publikums-Magneten. Sie füllen keine Bierzelte mit 3.000 Menschen wie CSU-Konkurrent Söder. Es sei denn, Robert Habeck ist dabei, der Grünen-Vorsitzende aus dem Norden. Bei der Veranstaltung in Augsburg sitzen allerdings viele junge Leute – und ein paar ältere, die bisher CSU gewählt haben. Ein Schwäbischer Rentner sagt:
"Ich schaue mir die Vorschläge und Veranstaltungen von verschiedenen Parteien an. Ich bin da unabhängig. Ich will keine ausschließen. Ich kann mir jede Partei vorstellen."
Ein Mann aus dem Publikum will wissen, was Ludwig Hartmann gegen die Unpünktlichkeit der Deutschen Bahn unternimmt.
"... weil wenn ich heute ein Ziel mit der Deutschen Bahn erreichen will, dann muss ich mit dem Auto fahren, wenn ich pünktlich ankommen will."
"Heute früh hab ich in der FAZ gelesen, dass in China ein Schnellzug eingeweiht worden ist, der über eine Strecke von 2.000 Kilometern auf die Minute genau ankommt. Und genau da müssen wir hin. Man muss es nur wollen!"
Bürgerlicher als die CSU - geradezu spießig
Die Grünen, raunt der ältere Herr im Publikum, seien inzwischen bürgerlicher als die CSU. Geradezu spießig. Doch ab und zu blitzt das Anarchische in der grünen Seele auf. Etwa, als ein Publikumsgast verrät, er sei nur hier, weil der Wahlomat ihm die Grünen vorgeschlagen habe.
"Darf ich mal die Gegenfrage stellen: wer war denn der zweite Treffer beim Wahlomat?"
"Das war ‚Die Partei‘!"
"Okay, mit denen würden wir schon regieren, wenn wir die Möglichkeit hätten."
Koalition mit der CSU?
Die Spaßtruppe "Die Partei" wird es nicht in den bayerischen Landtag schaffen. Die spannendere Frage ist: Würden die Grünen nach der Landtagswahl auch mit der CSU koalieren? Noch vor zwei Monaten schloss die grüne Spitzenkandidatin Katharina Schulze eine Koalition unter Ministerpräsident Söder faktisch aus.
"Also Markus Söder war ja ganz vorn dabei, als wir die Regierungskrise hatten. Er stand ja vor den Kameras und hat ordentlich mit angeheizt. Er hat Worte verwendet über Menschen, die fliehen, die ihn als Ministerpräsidenten disqualifizieren. Wer anti-europäisch ist oder den Rassismus weiter voranbringen will, mit dem können wir nicht reden."
Jetzt, kurz vor der Wahl, klingt Schulze anders. Die 33-Jährige will schließlich regieren, gestalten, nicht am Spielfeldrand stehen.
"Also, wir Grüne waren schon den ganzen Wahlkampf über klar, dass man mit uns immer über eine gerechte und ökologische Politik reden kann. Das galt vor dem 14.10. und das gilt nach dem 14.10.!"
Grüne Jugend will Opposition bleiben
Schulzes verbaler Eiertanz kommt an der grünen Basis nicht so gut an. Eva Lettenbauer, die Vorsitzende der Grünen Jugend in Bayern, will lieber Opposition bleiben.
"Aus meiner Sicht ist Ministerpräsident Söder derartig autoritär abgerutscht und anti-europäisch unterwegs, dass das mit den grünen Inhalten nicht zusammengehen kann."
Bereits eine Woche nach der Wahl treffen sich die bayerischen Grünen zum Parteitag. Dort müssten sich die Spitzenkandidaten Schulze und Hartmann die Erlaubnis für Koalitionsverhandlungen mit der CSU holen. Ausgang ungewiss. Sollte das Wahlergebnis eine Regenbogen-Koalition zulassen – also ein Bündnis aus Grünen, SPD, Freien Wählern und FDP – dann müsste Ludwig Hartmann Ministerpräsident werden. Denn laut bayerischer Verfassung muss Bayerns Nummer 1 mindestens 40 Jahre alt sein. Katharina Schulze ist erst 33.