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Die IAA nach "Dieselgate"
Milde Rüge der Autokanzlerin

Die diesjährige IAA steht ganz im Zeichen der Diesel-Affäre: Während draußen vor der Tür gegen die "Messe im Dieseldunst" demonstriert wurde, versuchten die Autobauer Kanzlerin Angela Merkel mit ihren E-Modellen zu umgarnen. Die reagierte mit einem milden Rüffel - und der Zusage für weitere Unterstützung.

Von Brigitte Scholtes |
    Das Bild zeigt Bundeskanzlerin Merkel während ihres Rundgangs zur Eröffnung der IAA 2017 in Frankfurt am Main.
    "Herzlich willkommen, liebe Frau Bundeskanzlerin": Die Automobilbranche gibt sich nach dem Dieselskandal reumütig und präsentiert vorwiegend die "Fortschritte in der Elektromobilität" (AP / Michael Probst)
    IAA, die internationale Automobilausstellung. Bei der vergangenen IAA vor zwei Jahren wurde der Dieselskandal bekannt. Einfach nur schöne Autos zu feiern, das geht also bei der jetzigen IAA nicht mehr. Brigitte Scholtes über die IAA-Eröffnung und die Frage, hat man dort etwas gelernt?
    Vor der Tür demonstrierten die Deutsche Umwelthilfe und Greenpeace gegen die "Messe im Dieseldunst": denn auf der 67. IAA präsentierten die Autokonzerne in diesem Jahr so viele Diesel-SUVs wie nie zuvor, sagte Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe:
    "Wir möchten erreichen, dass die Automobilindustrie aufhört, schmutzige Diesel zu verkaufen. Wir fordern von der Automobilindustrie, ab Januar nächsten Jahres nur noch solche Fahrzeuge zu verkaufen, die auf der Straße genauso sauber sind wie im Labor."
    Bei ihrem Messerundgang aber bekam Bundeskanzlerin Angela Merkel fast nur die Fortschritte in der Elektromobilität zu sehen, so wie bei ihrer ersten Station.
    Grüne neue Welt
    "Herzlich willkommen, liebe Frau Bundeskanzlerin, bei der BMW Group. Wir sind der europäische Marktführer für Elektromobilität."
    Greenpeace-Protest auf der IAA Frankfurt gegen die Autobranche
    Autoabgase machen krank: Das war die Botschaft der Greenpeace-Aktivisten bei ihrem Protest in den IAA-Hallen (Silke Hahne/Dlf)
    So pries BMW-Chef Harald Krüger die Leistungen seines Unternehmens an. Der Fortschritt bei alternativen Antrieben wird aber auch maßgeblich von den Zulieferern abhängen wie etwa Bosch: dessen Geschäftsführer Volkmar Denner erklärte der Kanzlerin:
    "Bosch ist auf dem Gebiet der Elektromobilität, glaube ich, so breit unterwegs wie kein anderes Unternehmen, und - eine zweite Botschaft: Wir denken das Ganze immer in Systemen. Sehr gut."
    Und bei Audi wurde ihr die Studie Aicon vorgeführt, ein selbstfahrendes Auto ohne Lenkrad und Pedale:
    "Also, die Bedienung würde ich mir dann so vorstellen wie so ein Smart Touch? Und das ist dann alles in dem Auto drin, das Touch?"
    Der erhobene Finger der Kanzlerin
    Zuvor hatte sie bei der Eröffnungsfeier den Autoherstellern ins Gewissen geredet:
    "Unternehmen der Automobilindustrie haben Regelungslücken exzessiv ausgenutzt. Sie haben sich damit nicht nur selbst Schaden zugefügt, sondern vor allem auch Verbraucher und Behörden getäuscht und enttäuscht. Auch, wenn das alles nur eine Minderheit der Unternehmen in der Automobilbranche betrifft, so ist doch viel Vertrauen zerstört worden. Und deshalb muss die Automobilindustrie alles daran setzen, Glaubwürdigkeit und Vertrauen so schnell wie möglich zurückzugewinnen."
    Aber sie sagte ihnen auch Unterstützung zu:
    "Wir wollen, dass Deutschlands Automobilindustrie auch in 10 oder 15 Jahren innovativ und stark ist und ihren Beitrag dazu leistet, unsere Ziele beim Klimaschutz, bei der Luftreinhaltung, aber auch bei der Beschäftigung von Menschen zu erreichen."
    Kontinuierlicher Übergang zu alternativen Antriebstechnologien
    Noch also hat die deutsche Autoindustrie eine Schonfrist. Denn dass der Umstieg zu alternativen Antrieben nicht schnell möglich sein werde, das wurde auch beim Messerundgang deutlich. Die Bundeskanzlerin resümierte danach nüchtern:
    "Noch ist nicht alles selbstverständlich oder zum Teil noch sehr wenig auf der Straße. Aber wir sehen, dass die nächsten fünf bis zehn Jahre hier einen massiven qualitativen Wechsel mit sich bringen werden."
    Bis dahin, das hatte die Bundeskanzlerin schon bei der Eröffnungsfeier gesagt, gelte es aber, eine Doppelstrategie zu fahren. Man brauche einen kontinuierlichen Übergang vom Verbrennungsmotor zu den alternativen Antriebstechnologien. Den Verbrennungsmotor aber, da zeigte sie sich sicher, werde man noch Jahrzehnte brauchen.