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Kritik an MDR-Wahl
Die Intendanten des ÖRR und ihr Weg ins Amt

Mit Ralf Ludwig stand beim MDR am Ende nur ein Kandidat zur Wahl. Zu intransparent, lautet eine Kritik an diesem Verfahren – nicht zum ersten Mal bei einer Intendantenwahl im ÖRR. Wo sich die Verfahren unterscheiden und wo gleichen: ein Überblick.

Von Michael Borgers |
Ralf Ludwig steht nach seiner Wahl zum künftigen Intendanten des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR) in der Zentrale des Senders. Einziger Kandidat für die Wahl in Leipzig war mit Ludwig der bisherige Verwaltungsdirektor des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR).
Ralf Ludwig nach seiner Wahl zum MDR-Intendanten - bei der als einziger Kandidat angetreten ist (picture alliance / dpa / Jan Woitas)

Bayerischer Rundfunk (BR)

Katja Wildermuth ist seit dem 1. Februar 2021 Intendantin des BR. Sie folgte Ulrich Wilhelm, dessen Wahl 2010 bereits im Vorfeld für Kritik gesorgt hatte. So wunderte sich etwa der damalige ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender, dass Wilhelm "ohne Zwischending vom Regierungssessel auf den Intendantensessel wechseln" konnte. Wilhelm war zuvor Sprecher von Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel gewesen. Seine Nachfolgerin kam vergleichsweise geräuschlos ins Amt. Die frühere MDR-Programmdirektorin Wildermuth setzte sich im Rundfunkrat klar im ersten Wahlgang gegen zwei weitere Kandidaten durch.

Hessischer Rundfunk (hr)

Beim HR fiel die Entscheidung für Florian Hager, seit dem 1. März Intendant der Senderanstalt, erst in der vierten Runde. Hier reichte dann eine Mehrheit von 18 der insgesamt 32 Stimmen im Rundfunkrat, um sich gegen hr-Betriebsdirektorin Stephanie Weber durchzusetzen.
Florian Hager, Intendant, steht vor dem HR-Rundfunkhaus in der Bertramstrasse. Neben ihm die Schilder "Haupteingang" und "Sendesaal".
Florian Hager - mit 46 Jahren der jüngste der ÖRR-Intendanten (picture alliance / dpa / Helmut Fricke)
Von "Inhouse-Politik" beim hr sprach damals gegenüber der FAZ deshalb Ina Knobloch. Auch sie hatte sich beworben, nachdem sie von der Findungskommission darum gebeten wurde. Doch dann sei sie nicht zu einem Gespräch eingeladen worden, kritisierte die freie Filmemacherin. Der Vorsitzende des Rundfunkrats erklärte daraufhin gegenüber der SZ, man habe aus insgesamt zehn Bewerbern "nach einem von einer Personalberatung begleiteten Verfahren" mit einigen Ausgewählten Gespräche geführt.

Mitteldeutscher Rundfunk (MDR)

Am 13. März 2023 wählte der MDR-Rundfunkrat Ralf Ludwig mit 33 von 32 benötigten (der insgesamt anwesenden 48 Mitglieder) zum neuen Intendanten. Der bisherige Verwaltungsdirektor der ARD-Anstalt war im Januar einstimmig vom MDR-Verwaltungsrat als künftiger Intendant vorgeschlagen worden. Der MDR-Gesamtpersonalrat hatte eine mangelnde Einbindung beklagt. Das Auswahlverfahren sei weitgehend nur im Kreis der Verwaltungsräte erfolgt, hieß es in einem Schreiben an den Rundfunkrat. Anders als bei der letzten Wahl (der von Karola Wille 2011) habe der er Verwaltungsrat dieses Mal „immerhin ein öffentliches Ausschreibungsverfahren durchgeführt“, stellt der Branchendienst DWDL in einem Kommentar fest. Insgesamt habe man sich aber wieder schwer mit der Transparenz getan. Und das sei im Jahr nach dem RBB-Skandal „kein gutes Zeichen“.

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Norddeutscher Rundfunk (NDR)

Kritische Stimmen begleiteten im Vorfeld auch die Wahl von Joachim Knuth, seit dem 13. Januar 2020 Intendant des NDR. „Die Nicht-Qual der Wahl“ kommentierte etwa der „Tagesspiegel“. Knuth war der einzige Kandidat. Auch er, bis dahin Hörfunkdirektor beim NDR, war vom Verwaltungsrat nominiert worden. Für den Verwaltungsrat sei es gemäß NDR-Staatsvertrag, „nicht bindend, mehrere Personen zu benennen“, erklärte gegenüber der taz Ulf Birch, Vorsitzender des Gremiums. „Einen Wettstreit mehrerer Kandidatinnen und Kandidaten um die besten Ideen für die Zukunft des drittgrößten öffentlich-rechtlichen Senders hat es nicht gegeben“, hieß es in einem Kommentar bei @mediasres im Deutschlandfunk.

Radio Bremen (RB)

Seit dem 1. August 2019 leitet Yvette Gerner als erste Frau Radio Bremen. Es hatte 22 Bewerbungen gegeben. Eine Findungskommission des Rundfunkrates hatte davon jeweils vier Kandidatinnen und vier Kandidaten zu Vorstellungsgesprächen eingeladen. Das Gremium entschied sich einstimmig für die bisherige ZDF-Mitarbeiterin.* Entsprechend klar fiel dann auch die Wahl für sie im Rundfunkrat aus. Breite öffentliche Kritik an dem Verfahren gab es keine.

Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb)

Der rbb ist aktuell die einzige Sendeanstalt mit einer Zwischenlösung: Als Interims-Intendantin leitet die bisherige WDR-Verwaltungsdirektorin Katrin Vernau die Sendeanstalt. Vorangegangen war das Aus für Patricia Schlesinger nach Enthüllungen über ihre Amtsführung. Schlesinger, bis dahin beim NDR, hatte sich 2016 in sechs Wahlgängen gegen den ZDF-Journalisten Theo Knoll durchgesetzt. Auch hier hatte der Rundfunkrat eine Findungskommission eingesetzt. Der dritte von diesem Gremium gefundene Kandidat, der damalige ARD-Programmdirektor Volker Herres, hatte das Angebot jedoch ausgeschlagen. Aktuell läuft ein solches Verfahren erneut. Es sieht nach einer Stellenausschreibung ein Ranking vor, über das der Rundfunkrat dann in einer nicht-öffentlichen Sitzung entscheidet – wohl im Mai oder Juni.

Saarländischer Rundfunk (SR)

Beim SR heißt der Intendant seit dem 1. Mai 2021 Martin Grasmück. Seine Wahl sei zum „Krimi“ geraten, schrieb der „Spiegel“. Erst nach dem siebten Wahlgang und zwei Tagen habe „Hausgewächs“ Grasmück als Sieger festgestanden. Dass Intendantenwahlen beim SR, wo es auch immer um den Fortbestand als eigenständige Anstalt geht, länger dauern, habe Tradition, kommentierte die taz: Der SR habe bislang immer noch als die bundesweit „durchpolitisierteste Anstalt“ gegolten. Doch nicht die Kandidatin auf SPD-Ticket, sondern der parteilose Kandidat siegte am Ende.

Südwestrundfunk (SWR)

Kai Gniffke ist seit September 2019 Intendant des SWR, seit diesem Jahr ist er zusätzlich Vorsitzender der ARD. Seine Wahl war begleitet von besonders lauten Misstönen zum gesamten Prozedere. Von „Machtkampf“ (SZ) und „eingeschränkter Wahl“ (@mediasres) war da die Rede. Hintergrund der Kritik: Eine vom Verwaltungsrat einberufene 12-köpfige „Arbeitsgruppe Intendantenwahl“ hatte aus 15 Bewerbern am Ende zwei ausgewählt und dem Rundfunkrat zur Wahl gestellt. Dieses Vorgehen erscheine ihm intransparent, kritisierte deshalb der Vorsitzende des SWR-Landesrundfunkrats Baden-Württemberg, Volker Stich, gegenüber der FAZ. Auch andere Kritiker hatten sich gewünscht, der Rundfunkrat könne aus einer Vorauswahl von fünf Bewerbern auswählen. Der Verwaltungsrat der zweitgrößten ARD-Anstalt begründete sein Vorgehen mit dem Staatsvertrag, der nur zwei Wahlgänge vorsehe.

Westdeutscher Rundfunk (WDR)

Beim WDR ist mit Tom Buhrow seit dem 1. Juli 2013 Intendant und damit der Dienstälteste in diesem Amt bei allen öffentlich-rechtlichen Sendern. Der frühere „Tagesthemen“-Moderator setzte sich bei seiner ersten Wahl klar gegen zwei Kandidaten durch, nach einem Verfahren mit Findungskommission und Wahl des Rundfunkrats. Seine Wiederwahl 2018 fiel noch eindeutiger aus, allerdings gab es dieses Mal aber auch keine Gegenkandidaten.
Der WDR sei „gut gefahren mit Tom Buhrow als Intendant“, begründete der Rundfunkratsvorsitzende Meyer-Lauber das Vorgehen, an dem es auch Kritik gab. Von einer „One-Man-Show, der man eine gewisse Peinlichkeit nicht absprechen kann“, war etwa bei DWDL zu lesen.

Deutschlandradio

Auch für Stefan Raue heißt es bereits: zweite Amtszeit. Seit dem 1. September 2017 ist der frühere MDR-Chefredakteur Intendant des Deutschlandradios (und damit der Sender Deutschlandfunk, Deutschlandfunk Kultur und Deutschlandfunk Nova). Bei seiner erstmaligen Wahl stimmten exakt die erforderlichen 26 der anwesenden Mitglieder im Hörfunkrat für ihn. Der zuständige Verwaltungsrat hatte Raue als einzigen Kandidaten vorgeschlagen. „Dagegen regte sich Widerstand im Hörfunkrat, einzelne Mitglieder hatten das Verfahren der Kandidatenfindung, andere die Personalie selbst kritisiert“, hieß es damals im „Tagesspiegel“. Raues Wiederwahl 2022 fiel einstimmig aus, war wieder ohne Gegenkandidaten, dieses Mal aber ohne breite öffentliche Kritik.

Zweites Deutsches Fernsehen (ZDF)

Seit März 2022 leitet Norbert Himmler als Intendant das ZDF. ZDF-Eigengewächs Himmler setzte sich in drei Wahlgängen gegen ARD-Herausforderin Tina Hassel durch. „Man könnte denken, die Fernsehräte des ZDF hätten den Beweis für gelebte Rundfunkdemokratie angetreten“, hieß es deshalb etwa in einer Analyse der FAZ. Man könnte aber auch meinen, dies sei der „Beweis dafür, dass die alten Zeiten, in denen die politischen Parteien im ZDF und in der ARD den Ton angaben und vor allem über Personalpolitik ihre Macht ausübten, nicht vorbei sind“. Als eindrucksvollstes Beispiel der jüngeren Vergangenheit gilt die Intendantenwahl von Markus Schächter, der ein monatelanges Gezerre vorangegangen war.
* Hinweis: Wir haben den vorherigen Arbeitgeber von Yvette Gerner korrigiert.