03. Mai 2023
Die internationale Presseschau

Themen in den Kommentaren sind der Ukraine-Krieg und der Internationale Tag der Pressefreiheit. Doch zunächst Stimmen zum Streit über eine weitere Anhebung der Schuldenobergrenze in den USA.

Finanzministerin Janet Yellen sitzt im weißen Haus an einem Pult. Vor ihr steht ein Namensschild mit der Aufschrift "Sec Yellen".
US-Finanzministerin Janet Yellen warnt, dass den Vereinigten Staaten Anfang Juni das Geld ausgehen könnte. (Getty Images via AFP / Drew Angerer)
Die niederländischen Zeitung DE TELEGRAAF erläutert: "Während Finanzministerin Janet Yellen davor warnt, dass der 1. Juni der Tag sein könnte, an dem den USA das Geld ausgeht, setzt man in Washington ein Pokerspiel mit hohen Einsätzen fort. Schon oft haben sich Demokraten und Republikaner bei Verhandlungen zur Anhebung der Schuldenobergrenze in letzter Minute geeinigt. Aber im Moment wagt noch niemand, darauf zu wetten. Sollten die USA zahlungsunfähig werden, würde dies zu einer akuten Wirtschaftskrise führen, die die ganze Welt in Mitleidenschaft ziehen könnte, betont Yellen. Es bleibt abzuwarten, ob ihre Warnung die streitenden Demokraten und Republikaner beeindruckt", notiert DE TELEGRAAF aus Amsterdam.
Die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG geht ein auf die Republikaner, die Sparmaßnahmen zur Bedingung für eine Einigung machen: "Die geschätzten Defizite über die nächsten zehn Jahre würden sich durch ihre Vorschläge von 18 Billionen Dollar um ein Viertel verringern – indem sie etwa diverse Programme, die unter Biden beschlossen wurden, rückgängig machen würden. Der demokratische Präsident will davon nichts wissen. Er ruft Foul – die Republikaner würden ohne Rücksicht auf Verluste die amerikanische Gesellschaft in Geiselhaft nehmen. Aber im Zusammenhang mit der Erhöhung der Schuldengrenze darüber zu sprechen, dass der Pfad der Staatsausgaben alles andere als nachhaltig ist, darf kein Sakrileg sein", meint die NZZ.
Die japanische Zeitung NIHON KEIZAI SHIMBUN gibt in einem Gastkommentar zu bedenken: "Die Regierung Biden und die Parlamentskammern müssen sich bis Ende Mai einigen. Die Zeit ist knapp. Im Repräsentantenhaus, wo die Republikaner das Sagen haben, wird gerade um das von den Demokraten verabschiedete Budget zur Bekämpfung des Klimawandels gepokert. Dass die Politik in den USA immer wieder mit den Finanzen spielt, ist ein Risikofaktor für die Weltwirtschaft. Dadurch wird wieder einmal das Argument unterstrichen, dass die politische Spaltung der USA der Grund für das Chaos der Weltordnung ist", vermerkt NIHON KEIZAI SHIMBUN aus Tokio.
Die in Hongkong erscheinende Zeitung TAKUNGPAO, ein Sprachrohr der Kommunistischen Partei Chinas, blickt zurück: "Bereits vor zwölf Jahren hatte der Haushaltsstreit dazu geführt, dass die Kreditwürdigkeit der USA zum ersten Mal in ihrer Geschichte herabgestuft wurde. Diesmal werden erneut Turbulenzen an den Börsen befürchtet, die dann hoffentlich beide Seiten rechtzeitig zu einem Einlenken bewegen werden, bevor es zu einer Rezession oder gar Schlimmerem kommt. Bislang beschränken sich beide Seiten aber darauf, sich gegenseitig der Untätigkeit zu bezichtigen", beobachtet TAKUNGPAO.
Themenwechsel. Die Ukraine bereitet sich auf eine Frühjahrsoffensive vor. Dazu heißt es in der norwegischen Zeitung VERDENS GANG: "Alles deutet darauf hin, dass der Krieg nun in eine kritische Phase tritt. Es könnte der Ukraine gelingen, große Teile der besetzten Gebiete zu befreien und damit ihre Position bei künftigen Friedensverhandlungen zu stärken. Wenn sich hingegen die russischen Besatzer halten können, wäre die Folge ein Stellungskrieg oder ein eingefrorener Konflikt. Davon würde Russlands Staatschef Putin profitieren. Einen erschreckenden, wenn auch nicht überraschenden Einblick in seine Pläne gewährt auch das absurde Dekret, wonach Ukrainer in den besetzten Gebieten die Staatsbürgerschaft wechseln sollen. Dabei müsste Putin nach mehr als 14 Monaten Krieg verstanden haben, dass die Ukrainer nicht so leicht nachgeben. Sie lassen sich von russischen Raketenangriffen nicht demoralisieren", analysiert VERDENS GANG aus Oslo.
Die aserbaidschanische Zeitung MÜSAVAT aus Baku spekuliert: "Vielleicht möchte Moskau zu diesem Zeitpunkt den Krieg beenden, aber die Ukraine will das nicht. Kiew will sogar die Krim zurückhaben. Putin sagte kürzlich, dass Russland nicht die Absicht habe, ewig zu kämpfen, ewig Krieg zu führen. Dieses Signal des russischen Präsidenten hat in Kiew keinerlei Reaktionen hervorgerufen. Und von China sollte Russland sich auch keinen Beistand er hoffen. Denn Peking weiß, dass viel auf dem Spiel steht. Den westlichen Markt wollen die Chinesen nämlich nicht verlieren", ist sich MÜSAVAT sicher.
Die slowakische Zeitung PRAVDA aus Bratislava stellt fest: "Seit Beginn des Krieges befindet sich die Ukraine in einer wenig beneidenswerten Lage. Einerseits steht sie unter Zeitdruck und muss so schnell wie möglich handeln. Andererseits könnte ein Scheitern des Angriffs auch zu einem Patt führen. Ein Erfolg für die Ukraine ist jedoch nicht ausgeschlossen. Mit der Entschlossenheit und dem strategischen Scharfsinn, mit dem die Ukrainer der russischen Kriegsmaschine bereits Schläge versetzt haben, zeigen sich uns immer wieder, dass es sinnvoll ist, sie in ihrer Verteidigung der Freiheit zu unterstützen", hebt PRAVDA hervor.
Die litauische Zeitung LIETUVOS RYTAS aus Vilnius beleuchtet einen anderen Aspekt: "Immer wieder wird deutlich, dass es Russland mit dem gegen die Ukraine losgetretenen Krieg auch um eine Zerstörung des kulturellen Erbes des Nachbarlands geht. Hunderte religiöse Gebäude, theologische Institute und heilige Stätten sind seit Beginn der Invasion durch Raketen oder von Soldaten beschädigt worden. Die UNESCO berichtet ebenfalls von der systematischen Zerstörung zahlreicher Kulturobjekte wie Museen, historisch wertvoller Gebäude, Denkmäler und Bibliotheken. Das ist ein weiteres schlimmes Kriegsverbrechen der russischen Armee. Schlimm daran ist außerdem, dass russische Kunstexperten gezielte Anweisungen geben, was gestohlen werden soll. Das widerspricht der Haager Konvention von 1954, die den Raub und die Zerstörung von Kulturgütern verbietet. Die Ukraine hatte keine Zeit, sich auf die barbarische Invasion vorzubereiten. Das sollte auch bei uns die Frage aufkommen lassen, was wir in einer solchen Situation tun würden - hat das litauische Kulturministerium bereits Pläne, wie unsere Kunstschätze gesichert und versteckt werden könnten?", fragt LIETUVOS RYTAS.
Nun noch Stimmen zum Internationalen Tag der Pressefreiheit. Die US-amerikanische WASHINGTON POST führt aus: "Angesichts der ständigen Angriffe auf Journalisten und der Aushöhlung der Pressefreiheit in der ganzen Welt gibt es wenig zu feiern. Das vergangene Jahr war besonders düster: Nach Angaben des Komitees zum Schutz von Journalisten wurden 67 Journalisten und Medienschaffende getötet. Es ist also ein nüchterner 30. Jahrestag für den Welttag der Pressefreiheit. Die Medienbranche ist mit unzähligen Bedrohungen und Herausforderungen konfrontiert. Eine freie Presse und der Zugang zu wahrheitsgemäßen Informationen sind jedoch nach wie vor unverzichtbar für freie Gesellschaften, und Journalisten müssen respektiert und geschützt werden", verlangt die WASHINGTON POST.
Die niederländische Zeitung NRC beobachtet: "Die Zahl der inhaftierten Journalisten weltweit steigt seit Jahren. Im vergangenen Jahr waren es mindestens 363. Der Iran führte die Liste zusammen mit China an, wo viele Journalisten verhaftet wurden, weil sie über Proteste gegen die strenge Covid-Politik berichtet hatten. In den Niederlanden werden Journalisten von kriminellen Kreisen so bedroht, dass sie Personenschutz brauchen. So etwas darf nicht passieren. Die Pressefreiheit muss aktiv geschützt werden", unterstreicht NRC aus Amsterdam.
Die britische Zeitung THE GUARDIAN vertritt diese Ansicht: "Die Schlüsselrolle freier Medien besteht darin, die Machthaber herauszufordern. Wenn eine freie Presse nicht mehr existiert, bedeutet das, dass gefährliche Männer wie Wladimir Putin, Recep Tayyip Erdoğan und Donald Trump ihre toxischen Versionen der Realität verbreiten können. Verlässliche Informationen sind ein öffentliches Gut. Umso wichtiger ist es, die Arbeit von Reportern und Redakteuren zu unterstützen", mahnt der Londoner GUARDIAN zum Ende der internationalen Presseschau.