22. Mai 2023
Die internationale Presseschau

Im Mittelpunkt stehen die Ergebnisse des G7-Gipfels im japanischen Hiroshima.

22.05.2023
Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine, gestikuliert während eines Treffens mit US-Präsidenten Biden am Rande des G7-Gipfels.
Der Besuch des ukrainisches Präsidenten Selenskyj beim G7-Gipfel in Hiroshima ist Thema in den Zeitungen. (dpa / AP / Susan Walsh)
Die Zeitung ASAHI SHIMBUN aus Tokio befindet: "Der UNO-Sicherheitsrat ist wegen des Vetorechts des ständigen Mitglieds Russland nicht mehr funktionsfähig. Auch die G20 sind wegen Russland nicht in der Lage, Einigkeit zu zeigen. Genau deshalb ist die Verantwortung für die G7-Staaten groß, die Werte wie Freiheit und Demokratie teilen. Der Beschluss in der gemeinsamen Erklärung, dass sie die Ukraine unterstützen, solange die russische Invasion andauert, ist selbstverständlich", stellt die japanische ASAHI SHIMBUN fest.
Die türkische Onlinezeitung T24 mit Sitz in Istanbul meint: "Auch wenn die Friedensinitiative Chinas, über die in den letzten Wochen viel gesprochen wurde, von einigen europäischen Ländern wie Ungarn begrüßt wurde, wird sie von einigen westlichen Organisationen abgelehnt. Die Haltung von NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg ist, dass China kein zuverlässiger Partner sei, weil das Land es abgelehnt habe, den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine zu verurteilen", schreibt T24 aus Istanbul.
Die italienische Zeitung LA REPUBBLICA befindet: "Bisher konzentrierte sich Moskaus Strategie, die von Peking unterstützt wird, auf das Ziel, die internationale Gemeinschaft zu spalten und den 'globalen Süden' gegen die liberalen Demokratien aufzuwiegeln. Hiroshima zeigt jedoch, dass dieses Ergebnis in immer weitere Ferne rückt, je länger die Invasion andauert. Inzwischen isolieren sich diejenigen, die die Beweise für Putins Brutalität leugnen, zunehmend selbst", so LA REPUBBLICA aus Italien.
Die Zeitung THE TIMES aus London fordert: "Die USA und ihre Verbündeten, darunter auch Großbritannien, sollten darauf bestehen, dass China sich der Verurteilung des russischen Vorgehens im UNO-Sicherheitsrat anschließt anstatt sich zu enthalten. Eine Partnerschaft zwischen dem Westen und China ist so lange nicht möglich, wie Peking auf seinem derzeitigen Kurs beharrt. Chinas Expansionismus im Südchinesischen Meer und Bündnisse mit Schurkenstaaten müssen mit Kosten in Form von wirtschaftlicher Ausgrenzung und der Erneuerung von Bekenntnissen zur Sicherheit westlicher Verbündeter, insbesondere Südkorea und Japan, einhergehen", folgert THE TIMES aus Grobritannien.
Die staatlich gelenkte HUANQIU SHIBAO aus Peking kritisiert: "Die G7-Staaten leiden nicht nur am Verlust von wirtschaftlichem Einfluss, sie vertreten keine Mehrheit der Weltbevölkerung. Auch ihre Softpower verliert an Glanz. Es droht ihnen eine Existenzkrise. Gut, dass es China gibt. Es scheint, dass der einstige Club der sieben Reichen bereits zu einer schäbigen Anti-China-AG heruntergekommen ist. Konstruktive Lösungen lassen sich vermissen. Es bleiben nur brutale Verleumdung und pure Einmischung in die inneren Angelegenheiten eines anderen Landes. Nein, so wird es nicht funktionieren. Wenn der Westen zu seiner Stärke zurückkommen will, gibt es eigentlich eine viel einfachere Möglichkeit, nämlich Kooperation mit China statt Konfrontation", fordert die chinesische Staatszeitung HUANQIU SHIBAO.
Das norwegische DAGBLADET stellt fest: "Wolodymyr Selenskyj ist zu einem Helden geworden, weil er sich im Augenblick der Gefahr weigerte, Kiew zu verlassen. Jetzt ist er der reisende Superheld, der Waffen und Geld im Krieg gegen Putin einsammelt. Es ist ein diplomatischer Zweifrontenkrieg, den Selenskyj nun für sein Land kämpft: Die eine besteht darin, die USA und den Westen weiterhin dazu zu verpflichten, der Ukraine mit Waffen und Geld zu helfen, bis die besetzten Gebiete zurückerobert sind. Die andere besteht darin, große Länder im politischen Süden wie Indien und Brasilien davon zu überzeugen, dass sie keine andere Wahl haben, als die Ukraine zu unterstützen", notiert DAGBLADET aus Oslo.
Der TELEGRAPH aus Großbritannien erinnert: "Zunächst ging man davon aus, dass Russland Kiew innerhalb weniger Tage einnehmen würde. Dann, im vergangenen Herbst, schien es möglich, dass die schnelle Gegenoffensive der Ukraine die Moskauer Truppen dorthin zurückdrängen könnte, wo sie hergekommen waren. Nun ist es jedoch offensichtlich, dass Wladimir Putin sein Volk und seine Wirtschaft auf einen langen Feldzug einstellt, um die Ausdauer seines mutigen Gegners und seiner westlichen Unterstützer auf die Probe zu stellen. In Japan haben diese Verbündeten gezeigt, dass sie bereit sind, Moskaus Herausforderung auch auf lange Sicht anzunehmen. Putin geht davon aus, dass sein größter Verbündeter die Zeit ist. Allerdings haben die Verbündeten der Ukraine - allen voran Großbritannien - mit eiserner Geduld reagiert. Es wird noch mehr davon benötigt werden", mahnt der TELEGRAPH.
Die polnische RZECZPOSPOLITA beobachtet mit Blick auf die mögliche Lieferung von Kampfjets aus dem Westen: "Es ist sicher, dass die Lieferung von westlichen Kampfflugzeugen nicht über Nacht zu einer Luftüberlegenheit der Ukraine führen würde. Doch die Entschlossenheit der westeuropäischen Länder und die Unterstützung durch die USA senden Moskau zwei wichtige Signale: Erstens ist der Westen geeint und bereit, mit Blick auf militärische Hilfe einen wirklich großen finanziellen Aufwand zu leisten. Zweitens könnte es unrentabel werden, diesen Krieg zu einem eingefrorenen Konflikt zu machen, da der Ukraine nun militärische Unterstützung versprochen wurde, die ihre Verteidigungsfähigkeiten deutlich erhöhen wird", beobachtet die RZECZPOSPOLITA aus Warschau.
In der Slowakei ist nach dem Mord an dem Journalisten Jan Kuciak und seiner Verlobten der Hauptangeklagte überraschend freigesprochen worden, während eine Mitangeklagte in Haft muss. Die slowakische Tageszeitung PRAVDA hält fest: "Das Vertrauen der Bürger in die Justiz hat einen neuerlichen Schlag bekommen. Während die existenziell von den finanziellen Zuwendungen des Hauptangeklagten abhängige Frau schuldig gesprochen wurde, den Mord an Jan Kuciak bestellt zu haben, hat das Gericht ihn nicht für schuldig befunden. Was soll man als Bürger davon halten? Dieses Urteil ist trotz der Begründung des Gerichts schwer zu begreifen. In seiner Argumentation stützt sich das Gericht zum Beispiel darauf, dass die Frau Kuciak aus eigenem Antrieb umbringen lassen konnte, ohne mit dem Hauptangeklagten zusammenzuarbeiten. Und das ist nur die Spitze des Eisbergs an Zweifelhaftigkeiten", ist in der slowakischen PRAVDA zu lesen.
HOSPODARSKE NOVINY aus Tschechien erklärt: "Statt dass das Vertrauen in die Justiz wiederhergestellt worden wäre, wird die Arbeit der Polizisten und Richter in der Slowakei weniger als ein halbes Jahr vor vorgezogenen Wahlen erneut zu einem sensiblen politischen Thema. Die Parlamentswahl Ende September wird darüber entscheiden, ob die Slowakei zu einem neuen Ungarn wird. In Budapest legt der dortige Herrscher Viktor Orban das Recht und die Prinzipien des Rechtsstaats auf sehr eigenwillige Art aus. Wenn in der Slowakei Ex-Ministerpräsident Robert Fico mit der Unterstützung radikaler Nationalisten an die Macht kommen sollte, dürften die bereits angeschlagenen demokratischen Institutionen des Landes wirklich in sich zusammenfallen. Es steht also viel auf dem Spiel."