03. Juni 2023
Die internationale Presseschau

Heute mit ganz unterschiedlichen Themen. Zunächst der Blick nach Südafrika. Ungeachtet eines internationalen Haftbefehls ist Russlands Präsident Putin zum Gipfel der Brics-Staaten eingeladen worden.

Das Logo des Brics-Gipfeltreffens in Südafrika.
Der russische Präsident Putin erhält eine Einladung zu einem Treffen der Staats- und Regierungschefs der Brics-Gruppe. (MUJAHID SAFODIEN / AFP)
Dazu meint die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG: "Südafrikas Kommunikation in dieser Sache ist zweifellos ein Armutszeugnis. Die ihr zugrunde liegende Politik des Landes aber folgt durchaus einer nachvollziehbaren Logik. Sie ist simpel: Wer sich auf keine Seite schlägt, kann weiterhin mit allen Geschäfte machen. Aus der Sicht Pretorias ist es durchaus rational, sich aus dem Kräftemessen zwischen West und Ost möglichst herauszuhalten. Zumindest ökonomisch spricht für die Regierung wenig dafür, im Konflikt Farbe zu bekennen. Südafrika hat dadurch nebst der EU und den USA auch Russland und China weiterhin als wichtige Handels- und Investitionspartner. Zugleich ist der politische Preis, den das Land für diesen Opportunismus bezahlt, gering. Der Westen mag verärgert sein, vom Land abwenden wird er sich kaum", ist sich die NZZ aus der Schweiz sicher.
Die spanische Zeitung LA RAZON aus Madrid erläutert: "Russland hat den Vorsitz in der BRICS-Gruppe inne, zu der auch die aufstrebenden Nationen Brasilien, Indien, China und eben Südafrika gehören. Die Mitglieder dieser Gruppe fordern eine gerechtere Weltordnung mit ausgewogeneren Beziehungen zwischen den Staaten. Gleichzeitig soll ein Wirtschaftssystem entstehen, das nicht ständig den Westen begünstigt."
Die südafrikanische Zeitung THE CITIZEN konstatiert: "Der Internationale Strafgerichtshof stellt in seinem Haftbefehl fest, dass Russlands Präsident Putin und seine Kinderrechtsbeauftragte Lwowa-Belowa für die Deportation von Kindern aus besetzten Gebieten der Ukraine verantwortlich sind. Jene Kinder, die das Glück hatten, in die Ukraine zurückgebracht zu werden, berichten oft von ideologischem Zwang und davon, dass sie die russische Hymne singen mussten, um Essen zu bekommen oder duschen zu dürfen". Sie hörten THE CITIZEN aus der südafrikanischen Provinz Gauteng bei Johannesburg.
Die dänische Zeitung POLITIKEN fordert Konsequenzen: "Die Beweise häufen sich, dass Russland Kriegsverbrechen in der Ukraine begeht. Wer muss zur Rechenschaft gezogen werden? Natürlich sowohl diejenigen, die die Verbrechen begehen, als auch jene, die sie anordnen. Am wichtigsten wäre Putin: Er hat den Krieg begonnen. Er ist es auch, der an ihm festhält. Putin ist ein Verbrecher. Er gehört hinter Gitter", fordert POLITIKEN aus Kopenhagen.
Weiter geht es auf den Balkan. Zu den gewaltsamen Protesten im Nordkosovo schreiben die SALZBURGER NACHRICHTEN. "Seit über einem Jahrzehnt bemühen sich Unterhändler der EU um eine Lösung im Kosovo. Alle Maßnahmen, die ein friedliches Nebeneinander der Albaner und Serben im Kosovo ermöglichen sollten, schlagen fehl, weil alles immer wieder auf das Wesentliche hinausläuft: Kann sich Serbien mit der Unabhängigkeit seiner 'nördlichen Provinz' abfinden beziehungsweise der Kosovo auf Teile seiner erkämpften Selbstständigkeit verzichten? Für Serben ist jede Anspielung auf die Anerkennung der Unabhängigkeit des Kosovo ein Tabu. Im Kosovo auf der anderen Seite will man die Serben überzeugen, dass man das Rad der Geschichte nicht zurückdrehen kann. Eine Normalisierung der Beziehungen zwischen Belgrad und Pristina ist belastet durch Beschuldigungen für jeweils am anderen Volk begangene Verbrechen. Eine Aufarbeitung der Geschichte gibt es nicht. Zwei Völker, zwei historische Wahrheiten, wie das im postjugoslawischen Raum üblich ist", bedauern die SALZBURGER NACHRICHTEN.
Auch in China wird die Entwicklung im Kosovo aufmerksam beobachtet. Die der kommunistischen Partei nahestehende Zeitung HUANQIU SHIBAO nennt den Balkan ein Pulverfass und den Kosovo den dazugehörigen Zündstoff: "Das ist Grund genug zur Beunruhigung. Auch die militärische Einmischung der NATO in dieser Region vor rund 25 Jahren hat bis heute Folgen. Nur diesmal reagieren die USA zurückhaltend. Die diplomatische Vermittlung läuft. Das passiert aber keinesfalls, weil Washington seinen Sinn für Gerechtigkeit geltend machen will. Angesichts des Ukraine-Konfliktes könnte der Westen eine zweite Front in Europa kaum noch bewältigen. Die kosovarische Regierung hat leider fehlkalkuliert und muss nun die bitteren Pillen selbst schlucken. Gleichzeitig offenbaren die westlichen Akteure, wie verlogen sie mit ihrer doppelbödigen Moral sind", urteilt HUANQIU SHIBAO aus Peking.
US-Verteidigungsminister Lloyd Austin hat die kommunistische Führung in Peking vor einem militärischen Vorgehen gegen Taiwan gewarnt. Ein Konflikt wäre verheerend, sagte Austin heute früh beim Shangri-La-Dialog - einer asiatischen Sicherheitskonferenz in Singapur. Noch einmal die chinesische Sichtweise. Die Staatszeitung CHINA DAILY wirft den USA hegemoniales Streben vor und warnt: "Die USA sollten sich darüber im Klaren sein, dass die Stärkung von Allianzen eine Sache ist - und die Einmischung in die Taiwan-Frage eine andere. Diese ist von zentralem Interesse für China. Peking wird niemals Kompromisse bei seiner Souveränität und territorialen Integrität eingehen. Je eher die USA dies begreifen, desto besser", unterstreicht CHINA DAILY aus Peking.
China hat den Wunsch der USA nach einem Treffen der Verteidigungsminister beider Länder abgelehnt. Ein Gastkommentator der japanischen Zeitung NIHON KEIZAI SHIMBUN bemerkt: "Auch in China wächst die Sorge vor einem militärischen Konflikt wegen Taiwan. Eine Umfrage in China zeigt, dass die Chinesen vor allem die USA und Japan als Bedrohung wahrnehmen. Und die Menschen in China fragen sich, warum ausgerechnet die USA den Dialog suchen, wenn sie die Spannung in der Taiwan-Straße erhöhen. Vielleicht lehnt die chinesische Regierung ein Treffen zwischen den beiden Verteidigungsministern ab, um die Taiwan-Frage lieber auf höchster Ebene zu erörtern - also zwischen US-Präsident Joe Biden und Staatschef Xi Jinping. Vielleicht hat die Führung in Peking auch Rücksicht auf die Volksbefreiungsarmee genommen. Denn innerhalb der Armee ist die Anti-Amerika-Stimmung besonders stark verbreitet", analysiert NIHON KEIZAI SHIMBUN aus Tokio.
Nach Ansicht der TAIPEI TIMES dient die besagte Umfrage aus China allein der Propagada. "Eine Umfrage, die in China durchgeführt wird, wo Redefreiheit eingeschränkt ist, kann die öffentliche Meinung nicht genau wiedergeben. Die Menschen werden zögern, ihre wahre Haltung öffentlich zu äußern, insbesondere wenn sie der Darstellung der Kommunistischen Partei widerspricht. Dies würde ihnen wahrscheinlich als subversives Verhalten ausgelegt werden. Selbst wenn sich die Chinesen wahrheitsgemäß äußerten, wären die Informationen für die politischen Entscheidungsträger in Peking von geringem Nutzen. Direktwahlen finden in China nur auf lokaler Ebene statt, wo die Kandidaten von der kommunistischen Partei kontrolliert und überprüft werden. Die politischen Entscheidungsträger in China sind der Öffentlichkeit gegenüber nicht rechenschaftspflichtig", betont die taiwanesische TAIPEI TIMES.
Zum letzten Thema. Am Rande des Gipfels der Europäischen Politischen Gemeinschaft haben der aserbaidschanische Präsident Alijew und Armeniens Regierungschef Paschinjan miteinander gesprochen - unter Vermittlung von Bundeskanzler Scholz und dem französischen Präsidenten Macron. Die aserbaidschanische Zeitung MÜSAVAT bewertet die Initiave zurückhaltend: "Wenn es einem Vermittler aufrichtig um Gerechtigkeit und Frieden geht, werden wir uns darüber freuen. Doch wenn jemand denkt, dass die Verhandlungen zwischen beiden Ländern zum Spielfeld eigener Interessen werden könnten, der irrt sich. Solch ein toxischer Ansatz hat keine Aussichten auf Verwirklichung. Alle, die Armenien für eigene Interessen benutzen wollen, sollten wissen, dass Aserbaidschan das mit wachen Augen verfolgt. Und wenn es sein muss, werden auch Maßnahmen ergriffen", merkt MÜSAVAT aus Baku an.