Dazu schreibt die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG in ihrer Online-Ausgabe: "Söder musste sich zwischen zwei Übeln entscheiden, und er wählte das kleinere, besser zu kalkulierende. Indem er Aiwanger sein Vertrauen aussprach, hat der CSU-Vorsitzende, dem das Image eines Opportunisten anhängt, Rückgrat bewiesen. Söder hat souverän entschieden, aus innerer Einsicht vermutlich ebenso wie aus Kalkül. In der Summe war das seltene Schauspiel eines Machtpolitikers zu besichtigen, der eine vernünftige Entscheidung trifft, obwohl sie ihm jede Menge wütende Kritik eintragen wird", findet die Schweizer NZZ.
Die Wiener Zeitung DIE PRESSE weist auf die Landtagswahl hin: "Söder weiß wohl, dass die Flugblatt-Affäre damit nicht vorbei ist. Heute beginnt der Gillamoos im niederbayerischen Abensberg, ein mehrtägiger Jahrmarkt, auf dem deutsche Spitzenpolitiker markige Bierzeltreden halten. Am 8. Oktober wird in Bayern gewählt. Schon früh legte sich der 56-Jährige auf die Freien Wähler als Regierungspartner fest. Mit seiner Entscheidung nahm er Aiwanger die Möglichkeit, sich noch stärker als Opfer einer Kampagne zu inszenieren", meint die österreichische Zeitung DIE PRESSE.
DER STANDARD - ebenfalls aus Wien - ist der Ansicht: "Söder hätte nach der Wahl 2018 auch mit den Grünen zusammengehen können, er fand Aiwanger und dessen Freie Wähler einfacher zu handhaben und lag wenig später mit Impfskeptiker Aiwanger oft wegen der Corona-Politik im Clinch. Jetzt rät ihm Söder zu mehr Demut. Ob das klappt, ist allerdings fraglich."
Zur Stunde soll der russische Präsident Putin mit dem türkischen Präsidenten Erdoğan im russischen Schwarzmeerort Sotschi zusammenkommen. Dazu schreibt die türkische Zeitung HÜRRIYET: "Alle schauen jetzt gespannt, was bei dem Treffen herauskommen wird. Der türkische Präsident ist der Einzige, der sowohl mit Putin als auch mit Selenskyj zusammenkommen und das Thema Getreidekorridor lösen kann. Ankara ist realistisch, was Ergebnisse angeht, hat zugleich aber Hoffnungen. Bereits im Vorfeld hatte der türkische Außenminister Fidan Gespräche in Russland und der Ukraine geführt. Für eine Wiederöffnung des Getreidekorridors hat Russland einige Forderungen gestellt. Die wichtigste ist wahrscheinlich, die Rückkehr Russlands zum Swift-System und dass russische Schiffe wieder europäische Häfen anlaufen dürfen. Moskau verlangt auch die Freigabe des Vermögens russischer Unternehmen in europäischen Banken. Sollte keine Einigung erzielt werden, könnte der Getreidekorridor für immer geschlossen bleiben", warnt HÜRRIYET aus Istanbul.
Die Erwartungen an das Treffen seien groß, hält die Moskauer Zeitung KOMMERSANT fest: "Die Gespräche der Türkei mit Vertretern der UNO, der Ukraine, Russlands und westlicher Länder waren so intensiv, dass jeder den Eindruck haben musste, Ankara arbeite nicht nur an einer Lösung des Problems, sondern werde diese Lösung auch selbst herbeiführen. Vertreter der Russischen Föderation haben wiederholt erklärt, dass sie bereit seien, sofort zum Getreideabkommen zurückzukehren, sobald alle Wünsche Moskaus erfüllt würden. In dieser Hinsicht wird Präsident Erdogan, der sich erneut als wirksamster Vermittler zwischen den Parteien des russisch-ukrainischen Konflikts behaupten will, nach Sotschi mit etwas Konkreterem reisen als nur mit einem Aufruf zur Rückkehr zum Getreideabkommen. Offenbar haben die Vereinten Nationen in Zusammenarbeit mit Ankara ein neues Paket von Vorschlägen für Moskau ausgearbeitet", glaubt der KOMMERSANT.
In der französischen Zeitung LE FIGARO ist zu lesen: "Die türkische Vermittlung ist nicht uneigennützig: Mit ihrem 'Balanceakt' will die Türkei ihre eigenen Interessen wahren. Einerseits wendet die Türkei die EU-Sanktionen gegen Moskau nicht an und pflegt eine strategische Partnerschaft mit Moskau, die es ihr unter anderem ermöglicht mit Zahlungsverzögerungen russisches Gas zu beziehen und eine militärische Zusammenarbeit aufzubauen. Andererseits hat Ankara nicht nur russischen Schiffen die Durchfahrt durch die Straße am Bosporus verwehrt, sondern auch immer wieder seine Solidarität mit der Ukraine bekundet und liefert Kampfdrohen in das Land", erklärt LE FIGARO aus Paris.
Seit dem Tod von Wagner-Chef Prigoschin scheine Putin stärker denn je zu sein, findet die litauische Zeitung LIETUVOS RYTAS: "Putin tritt im Fernsehen auf, trifft sich mit jungen Leuten wie mit Veteranen, verteilt Orden und äußert sich zu allen möglichen Themen. Gleichzeitig unterstreicht er, dass er Details über den Kriegsverlauf weiß, weist dann aber auch gleich darauf hin, dass er sich nicht in die militärische Planung und Organisation einmischt. Ein Gegner ist derzeit auch nicht in Sicht, zumal die Opposition schwach ist und liberalere Kräfte nicht über die nötige Autorität in der Gesellschaft verfügen", konstatiert LIETUVOS RYTAS aus Vilnius.
In der Ukraine ist ein ehemaliger Förderer von Präsident Selenskyj wegen Korruptionsverdacht festgenommen worden. Der Unternehmer Kolomoisky soll zwischen 2013 und 2020 umgerechnet 12,5 Millionen Euro Schwarzgeld in Umlauf gebracht haben. Dazu heißt es in der portugiesischen Zeitung CORREIO DA MANHÃ: "Kolomoisky ist kein x-beliebiger Oligarch. Vor Selenskys Machtübernahme besaß er einen Fernsehsender, in dem das heutige Staatsoberhaupt in einer humoristischen Satiresendung einen Präsidenten spielte. Als Selensky dann das Amt anstrebte, über das er sich selbst lustig gemacht hatte, wurde er dabei von Kolomoisky finanziell unterstützt. Dies wird für die Ukraine nun zum Problem. Die internationale Hilfe für Kiew ist nämlich auch an die Bedingung geknüpft, dass die ukrainischen Behörden gegen die Korruption im Lande vorgehen. So musste nun auch Verteidigungsminister Resnikow wegen eines Beschaffungsskandals seinen Hut nehmen. Während die Ukraine gerade Fortschritte auf dem Schlachtfeld erzielt, hat Selensky keine schlimmeren Feinde als ausgerechnet die vermeintlichen Freunde in seinem eigenen Umfeld", betont CORREIO DA MANHÃ aus Lissabon.
In einem Gastkommentar der japanischen Zeitung NIHON KEIZAI SHIMBUN ist zu lesen: "Laut Korruptions-Index der Organisation Transparency International ist die Ukraine meist lediglich ein kleines bisschen besser als Russland gewesen. Die beiden Länder haben sich international immer im unteren Niveau bewegt, sie verfügen also über zu wenig Transparenz. Damit die demokratischen Staaten die Ukraine auch weiter unterstützen, muss es sichtbar werden, dass ihre Hilfe auch Früchte trägt. In diesem Sinne muss man sagen: Der Kampf der Ukraine gegen die Korruption ihres Landes sollte nicht als Appell an die Welt enden, sondern er ist unabdingbar und muss konsequent durchgeführt werden", notiert NIHON KEIZAI SHIMBUN aus Tokio.
Die Ukraine müsse um die Hilfe aus den USA fürchten, meint die spanische Zeitung LA VANGUARDIA. "Wenn der Kongress in Washington keine neuen Mittel bewilligt - die Republikaner kontrollieren das Repräsentantenhaus -, werden die USA die militärische Zusammenarbeit mit der Ukraine drastisch einschränken müssen. Die regierenden Demokraten wissen, dass die Unterstützung der Bevölkerung für die Ukraine nachgelassen hat. Die Ermüdung der USA ist auch auf die begrenzten Fortschritte der ukrainischen Gegenoffensive zurückzuführen, die im nahenden Winter noch geringer ausfallen werden. Mit Blick auf das kommende Wahljahr will US-Präsident Biden keine Eskalation des Krieges. Die Ermüdung eines großen Teils der Gesellschaft, insbesondere der Konservativen, die der Meinung sind, man habe der Ukraine bereits zu viel Geld gegeben, könnte im Wahljahr eine sehr wichtige Rolle spielen. Trotz seiner Beteuerungen, man werde der Ukraine 'so lange wie nötig' helfen, kann Biden diesen Faktor nicht außer Acht lassen", unterstreicht LA VANGUARDIA aus Barcelona.