16. Februar 2024
Die internationale Presseschau

Die Münchner Sicherheitskonferenz, die Äußerungen von Donald Trump zur NATO und der Krieg im Gazastreifen - das sind die Themen der Kommentare. Außerdem geht es um die Wirtschaftslage in Deutschland und anderen Staaten.

Das Logo der Sicherheitskonferenz ist in der Nähe des Hotels Bayerischer Hof zu sehen.
Auf der Münchner Sicherheitskonferenz wird über die Ukraine und den Nahen Osten debattiert. (picture alliance / dpa / Sven Hoppe)
"Donald Trump hat signalisiert, dass er die Sicherheitsarchitektur, die nach dem Zweiten Weltkrieg unter Führung der USA aufgebaut wurde, zerstören wird", heißt es in der türkischen Zeitung HABERTÜRK: "Es zeichnet sich ab, dass das Thema auf der heute beginnenden Münchner Sicherheitskonferenz eine wichtige Rolle spielen wird. Die Staats- und Regierungschefs werden den Gästen aus Washington erklären, welche Probleme der zunehmende Neo-Isolationismus in den USA verursachen wird. Wir werden erleben, wie Europa die Ärmel hochkrempelt, um zumindest einen Teil der Weltpolizistenrolle zu übernehmen, die es vor 60 Jahren den USA überlassen hat", erwartet HABERTÜRK aus Istanbul.
"Trump bringt die NATO und Europa schon als Kandidat ins Trudeln", stellt die italienische LA STAMPA fest. "Aber das Problem, das die Europäer angehen müssen, und zwar dringend, ist nicht er, sondern Wladimir Putin. Die Lösung liegt nicht darin, Donald Trump bei Laune zu halten; sie liegt in einer Verteidigung Europas, die Wladimir Putin die Stirn bieten kann. Diese Verteidigung beginnt mit der Ukraine. Mit - hoffentlich - oder ohne die Amerikaner, denn der russisch-ukrainische Krieg ist ein Krieg in Europa, ein Angriff auf die europäische Sicherheit. Wenn Kiew standhält, hält Europa stand. Und umgekehrt." Das war LA STAMPA aus Turin.
Die norwegische Zeitung AFTENPOSTEN führt aus: "Immer wieder kommt das Thema einer eigenen EU-Verteidigung auf den Tisch. Jetzt bringt die Aussicht auf vier weitere Jahre Trump Bewegung in die Sache: Man will nicht von dem Golfspieler aus Mar-a-Lago abhängig sein. Sogar eigene EU-Kernwaffen sind mittlerweile im Gespräch. Die EU hat inzwischen eigene Verteidigungsstrukturen und Elemente einer gemeinsamen Verteidigungspolitik. Außerdem hat sie mehrfach gezeigt, dass sie sich durchaus einen Ruck geben kann, wenn die Zeit dazu reif ist. Eine Wiederwahl Trumps könnte zum Auslöser werden – aber trotzdem sollte Europa dann nicht den Fehler begehen, die Axt an die NATO anzulegen", warnt AFTENPOSTEN aus Oslo.
Deutschland wird in diesem Jahr das Zwei-Prozent-Ziel der NATO einhalten. Dazu schreibt die polnische RZECZPOSPOLITA: "Es scheint, dass die vor zwei Jahren angekündigte Zeitenwende nun an Fahrt gewinnt. Doch Deutschland werden viele Milliarden Euro fehlen, um die Verteidigungsausgaben auf höherem Niveau langfristig aufrechtzuerhalten. Das Problem ist, dass die Mittel aus dem Sondervermögen bis Ende 2027 ausgegeben sein werden. Das Dilemma der Verteidigungsausgaben ist also nicht gelöst. Deutschland muss sich fragen, ob es sich angesichts der gestiegenen Ausgaben für die Bundeswehr weiterhin einen so starken Sozialstaat leisten kann. Und ob es seine Sicherheit vom Ausgang der US-Wahlen abhängig machen will", notiert die RZECZPOSPOLITA aus Warschau.
Die tschechische Zeitug LIDOVÉ NOVINY blickt im Zusammenhang mit der Münchner Sicherheitskonferenz auf den Gazakrieg: "Diesmal wird in München vielleicht nicht alles nach dem Motto ablaufen: 'Nichts wird beschlossen'. Der Krieg im Gazastreifen wird im Fokus stehen. Wird ein Waffenstillstand für Gaza durchgesetzt? Kann die Hamas in Gaza durch eine palästinensische Autonomiebehörde aus dem Westjordanland ersetzt werden? Über diese Fragen wird in München hoffentlich nicht nur diskutiert, sondern es wird auch gehandelt. Immerhin treffen sich hier verantwortliche Vertreter aus Saudi-Arabien, dem Libanon, Irak, Katar, Israel, Jordanien und anderen Ländern, die zu keiner anderen Zeit und an keinem anderen Ort zusammenkommen würden", hebt LIDOVÉ NOVINY aus Prag hervor.
Der Gazakrieg ist auch in der LOS ANGELES TIMES ein Thema: "Die fünf Monate des Tötens und der Zerstörung legen nahe, dass das eigentliche Ziel der israelischen Regierung die Vergeltung ist. Die Kampagne in Gaza geht, wie Präsident Biden sagte, 'über das Ziel hinaus'. Bei der Verteidigung gegen den Terrorismus und der Unterstützung von Verbündeten muss es eine Grenze geben. Israel hat sie wiederholt überschritten. Es ist an der Zeit, dass die USA 'Nein' sagen zur Bewaffnung und Finanzierung der Zerstörung des Gazastreifens und ihre Macht nutzen, um Israel an den Verhandlungstisch zu bringen, die leidende Bevölkerung des Gazastreifens zu retten und das Gemetzel zu beenden", verlangt die LOS ANGELES TIMES.
Die palästinensische Zeitung AL QUDS geht auf die von der Hamas festgehaltenen Geiseln ein: "Netanjahus Entscheidung, die israelische Delegation nicht zu den Verhandlungen zur Freilassung der Geiseln nach Kairo zurückkehren zu lassen, ist ein weiteres Indiz dafür, dass Israel weiterhin auf militärischen Druck setzt. Auch ein nun veröffentlichtes Video, das den Hamas-Chef in Gaza, Sinwar, zeigen soll, soll Israels Stärke demonstrieren. Für Israel bleiben Erfolge in allen Bereichen weiterhin aus. Darum sieht sich das Land gezwungen, noch mehr Gewalt auszuüben. Angesichts des zu erwartenden Scheiterns eines Geisel-Abkommens, ist nun klar, dass das nächste Ziel Rafah sein wird", glaubt AL QUDS aus Jerusalem.
Die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG befasst sich mit der Politik der deutschen Regierung angesichts schlechter Wirtschaftsdaten: "Der grüne Wirtschaftsminister Habeck steht für eine Wirtschafts- und Industriepolitik, die mit Ordnungsrecht und Subventionen lenkend eingreift. Er will mit einem 'Sondervermögen' Steuervergünstigungen und bessere Abschreibungsmöglichkeiten für Unternehmen finanzieren. Finanzminister Lindner fordert eine 'Wirtschaftswende', als Stichworte nennt er Bürokratieabbau, mehr Flexibilität am Arbeitsmarkt, eine Unternehmenssteuerreform und 'ein Klimagesetz, das die planwirtschaftlichen Vorhaben überwindet'. Er nimmt damit Klagen der Wirtschaftsverbände auf und ist inhaltlich näher am Zehn-Punkte-Plan von Merz zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit als an Habecks Sondervermögen. Allerdings fehlen konkrete Finanzierungsvorschläge. Doch in der Tendenz liegen Lindner und Merz richtig", urteilt die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG.
Trotz wirtschaftlicher Probleme ist Deutschland wieder drittgrößte Volkswirtschaft der Welt und hat damit Japan überholt. Die Zeitung NIHON KEIZAI SHIMBUN aus Tokio erläutert: "Der Wechselkurs mit dem schwachen japanischen Yen beeinflusste die Zahlen, und es spielt eine große Rolle, dass in Japan die Produktivität im Vergleich zu Deutschland einfach zu niedrig ist. Auch die Haltung gegenüber dem Export ist entscheidend: Während die japanische Industrie ihre Produktion ins Ausland verlagerten, haben die Deutschen ihre Wirtschaft stark angetrieben. Die lange Abhängigkeit von Erdgas aus Russland belastete zwar die Wirtschaft, aber man sollte die Bemühungen der Deutschen nicht übersehen, die Energiewende langfristig zu ihrer Stärke zu machen. Gerade jetzt, wo sich die deutsche Wirtschaft in einer Stagnation befindet, sind die Bemühungen von Deutschland genau das, was Japan lernen sollte", findet NIHON KEIZAI SHIMBUN.
Auch in Großbritannien sind die Wirtschaftsdaten schlecht, wie der Londoner GUARDIAN hervorhebt: "Eine Wirtschaft, die in die Rezession abrutscht, ist kein rein britisches Problem. Japan geht es ähnlich. Das Land wurde von Deutschland als drittgrößte Volkswirtschaft der Welt abgelöst. Deutschland selbst steht an der Schwelle zur Rezession. Großbritannien hat jedoch mit höheren Zinssätzen und einer höheren Inflation zu kämpfen als Deutschland und die Eurozone, während das Land aufgrund seiner schlechten Langzeitbilanz bei Investitionen und Lohnwachstum besonders schlecht für eine schnelle Erholung gerüstet ist. Die Tragödie besteht darin, dass Premierminister Sunak keine Ahnung hat, wie er Großbritannien aus dieser Situation befreien kann. Kein Wunder, dass die Öffentlichkeit glaubt, das Land befinde sich im Niedergang. Wenigstens wissen die Leute jetzt, wen sie dafür verantwortlich machen können."