28. Februar 2024
Die internationale Presseschau

Kommentiert wird der Krieg im Nahen Osten. Zahlreiche Zeitungen äußern sich aber vor allem zu Frankreichs Präsident Macron, der eine Entsendung westlicher Soldaten in die Ukraine nicht grundsätzlich ausschließt.

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Frankreichs Präsident Macron schließt die Entsendung von Bodentruppen in die Ukraine nicht aus. (IMAGO / Metodi Popow / IMAGO / M. Popow)
Die österreichische Zeitung DER STANDARD schreibt: "Keine Bodentruppen! Dieses Prinzip wurde stets betont. Wörter wie 'Kriegspartei' und 'boots on the ground' - eigene Soldaten auf ukrainischem Gebiet – waren tabu. Bis Montagabend. Da brach Frankreichs Oberbefehlshaber Macron dieses Tabu. Im Anschluss an das Treffen von zwei Dutzend Staatsvertretern in Paris erklärte der Präsident als Gastgeber, dass der Einsatz von Bodentruppen 'nicht ausgeschlossen' sei. Nun sind Macrons Worte nicht mehr aus der Welt zu schaffen. Was wollte er damit erreichen? Er will in Europa neben der Militärmacht Großbritannien Stärke zeigen. Und seine Aussagen zu Bodentruppen waren weniger an die Partner als an Putin direkt gerichtet: 'Du kannst und wirst diesen Krieg nicht gewinnen. Wir sollten vielleicht über Kriegsabbruch und Frieden reden'." So weit DER STANDARD aus Wien.
Die tschechische Zeitung LIDOVÉ NOVINY führt aus: "Macron hofft offenbar, dass seine Äußerung Russland abschrecken und davon abhalten werde, schnell weitere Teile des riesigen ukrainischen Territoriums zu besetzen. Man nennt dies strategische Ambiguität. Sie wird von den USA beispielsweise in Bezug auf Taiwan und China angewandt. Peking weiß nicht, ob die USA im Falle eines Angriffs helfen würden. China zieht es daher vor, nicht anzugreifen. Im Fall von Moskau und Europa funktioniert das aber nicht. Der russische Präsident Putin sieht die Europäer als diejenigen, die immer einen Rückzieher machen. Macrons Aussage stützt nur die Behauptung des Kremlchefs, der Westen befinde sich im Krieg gegen Russland. Der Ukraine wird dies nicht helfen", hält LIDOVÉ NOVINY aus Prag fest.
Die belgische Zeitung DE STANDAARD beobachtet: "Wagt es Europa, ein Szenario in Betracht zu ziehen, in dem Kiew nur durch die Entsendung westlicher Truppen gerettet werden kann? Bevor es so weit kommt, kann noch viel mehr als bisher für die Ukraine getan werden, vor allem durch Frankreich. Das Land, das sich rühmt, Europa unter seinem Nuklearschirm schützen zu können, wenn sich die USA zurückziehen sollten, steht bei effektiven Waffenlieferungen an die Ukraine hinten an. Frankreich hat noch keinen einzigen Panzer an die Ukraine geliefert. Noch dramatischer ist, dass Macrons Alleingang erneut gnadenlos die europäischen Differenzen bloßlegt. Fast alle europäischen Regierungschefs lehnten Macrons Idee ab. Moskau hat das zur Kenntnis genommen. Man muss in einem Krieg mit einer autoritären nuklearen Großmacht umsichtig vorgehen", meint DE STANDAARD aus Brüssel.
Die polnische Zeitung RZECZPOSPOLITA analysiert: "Die radikale Wende in Frankreichs Herangehensweise an den Krieg im Osten ist auf mehrere Faktoren zurückzuführen. Ausgangspunkt ist die immer schwieriger werdende Lage in der Ukraine nach dem Fall von Awdijiwka. In Kiew herrscht ein dramatischer Munitionsmangel, und der US-Kongress blockiert seit Oktober die militärische Unterstützung der Ukrainer. Europa verfügt noch nicht über ausreichende Produktionskapazitäten, um diese Lücke zu schließen. Dafür braucht man Zeit. Macron befürchtet daher, dass Russland entscheiden könnte, dass jetzt der richtige Zeitpunkt gekommen ist, der Ukraine einen entscheidenden Schlag zu versetzen. Darüber hinaus schließen die Franzosen nicht mehr aus, dass Präsident Putin, wenn er den aktuellen Krieg gewinnt, diesem Beispiel folgen und die NATO angreifen wird", vermutet RZECZPOSPOLITA aus Warschau.
Die aserbaidschanische Zeitung MÜSAVAT aus Baku ist folgender Meinung: "Der französische Präsident Macron hat das Recht, Erklärungen abzugeben und seine Positionen darzulegen. Aber es ist klar, dass er nicht die Autorität hat, über die Entsendung von Truppen in die Ukraine zu sprechen. Auch wenn er Russland für eine echte Bedrohung für Europa hält."
Die japanische Zeitung NIHON KEIZAI SHIMBUN aus Tokio notiert: "Während die Besorgnis um eine mögliche Wiederwahl des früheren US-Präsidenten Trump immer größer wird, sah sich der französische Präsident Macron gezwungen, eine Haltung zu zeigen, dass Europa auch ohne die USA die Ukraine unterstützen werde. Macron befindet sich zudem bereits in seiner letzten Amtszeit und kann sich daher relativ frei äußern."
Die norwegische Zeitung AFTENPOSTEN bemerkt: "Die Ukraine bittet gar nicht um Soldaten. Vielmehr bittet Präsident Selenskyj um Munition, um Hilfen für die Flugabwehr und den Aufbau einer eigenen Rüstungsindustrie. Hier hat Macron inzwischen seine Blockade von EU-Mitteln für den Kauf von Munition und anderen Rüstungsgütern aus Drittländern aufgegeben und damit einen tatsächlichen Beitrag geleistet. Westliche Soldaten in der Ukraine stehen also nicht auf der Tagesordnung und es bleibt dabei, dass die NATO-Länder weiterhin jedes Interesse daran haben, einen direkten Konflikt mit Russland zu vermeiden", unterstreicht AFTENPOSTEN aus Oslo.
Die in Hongkong erscheinende chinesische Zeitung TAKUNGPAO wirft ein: "Macrons Schachzug ist voll nach hinten losgegangen und hat im In- und Ausland große Empörung ausgelöst. Auch Moskau hat bereits auf die schockierende Äußerung des französischen Präsidenten reagiert und erklärt, dass die Entsendung von NATO-Truppen in die Ukraine als Kriegserklärung an Russland angesehen werden könnte."
Nun in den Nahen Osten. Die britische Zeitung THE INDEPENDENT aus London erläutert: "US-Präsident Biden hat angedeutet, dass ein Ende der Kämpfe im Gazastreifen bereits in den nächsten Tagen organisiert werden könnte. Wenn es zu einer Vereinbarung kommt, würde sie 40 Tage lang andauern. Es ist möglich, dass eine solche Pause in dem Konflikt nahtlos in ein dauerhaftes Ende des Krieges übergehen könnte. Eine solche Situation, die noch vor wenigen Wochen unerreichbar schien, schafft zumindest einige der Voraussetzungen für so etwas wie politische Fortschritte. Dazu könnte, wie die US-Regierung angedeutet hat, auch die Anerkennung Palästinas als unabhängiger Nationalstaat durch die westlichen Länder gehören", gibt sich THE INDEPENDENT optimistisch.
Die arabischsprachige, in der britischen Hauptstadt London erscheinende Zeitung SHARQ AL-AWSAT sieht das anders: "US-Präsident Biden hat erklärt, in Gaza sei ein Waffenstillstand bereits in wenigen Tagen möglich. Das scheint zweifelhaft. Denn nichts spricht dafür, dass die Hamas bereit wäre, die Herrschaft über Gaza so einfach aufzugeben. Vielmehr dürfte sie den Unmut in Gaza für ihre Zwecke nutzen und sich auf seiner Grundlage gegen einen Waffenstillstand positionieren. Auch die iranische Regierung in Teheran dürfte kaum Interesse daran haben, dass der Krieg in Gaza und dessen mobilisierende Wirkung ein Ende findet. Umgekehrt erklärte der israelische Präsident Netanjahu, er sei von der Ankündigung Bidens überrascht. Netanjahu ist derzeit damit beschäftigt, seine politische Karriere zu verlängern und eine Inhaftierung zu vermeiden. Dafür nutzt er die Front. An Vereinbarungen und Lösungen dürfte er wenig Interesse haben", ist sich SHARQ AL-AWSAT sicher.
In der dänischen Zeitung POLITIKEN ist zu lesen: "Palästinenser und Israelis betonen, dass nichts abgemacht sei, obwohl Biden für die nächsten Tage bereits den Abschluss einer Vereinbarung angekündigt hat. Gleichzeitig hat sich der russische Präsident Putin als Vermittler eingeschaltet und Vertreter palästinensischer Organisationen nach Moskau eingeladen. Nach dem Rücktritt des palästinensischen Premierministers Schtaje werden die Karten nun neu gemischt. Seine Regierung war schwach. Er räumte ein, dass die Autonomiebehörde nicht in der Lage sei, nach einem israelischen Abzug die Kontrolle über Gaza zu übernehmen. In Moskau wird man nun versuchen, eine neue Regierung zu finden, die sowohl Gaza als auch das Westjordanland kontrollieren kann und mit der alle Seiten verhandeln können." Das war zum Ende der internationalen Presseschau POLITIKEN aus Kopenhagen.