04. Juni 2024
Die internationale Presseschau

Mit Stimmen zur Präsidentschaftswahl in Mexiko, zur Lage nach der Parlamentswahl in Südafrika und zum tödlichen Messerangriff in Mannheim.

04.06.2024
Claudia Sheinbaum mit lilageblümtem Oberteil vor schwarzem Hintergrund.
Mexikos neue Präsidentin Claudia Sheinbaum. (picture alliance / ASSOCIATED PRESS / Eduardo Verdugo)
Zum Wahlsieg der Politikerin Sheinbaum in Mexiko schreibt die mexikanische Zeitung LA CRONICA DE HOY: "Unsere künftige Präsidentin hat eine deutliche Mehrheit der Bevölkerung hinter sich. Die Nähe zu ihrem Vorgänger López Obrador hat ihr nicht geschadet, sondern vielmehr lieferte sie Sheinbaum die benötigte politische Plattform. Misogyne Kräfte versuchten, die Talente und Erfolge von Sheinbaum zu ignorieren, aber das trug nur weiter zum positiven Bild einer Frau bei, die sehr wohl die Fähigkeit zum Regieren besitzt. Das alles hat zu dem katastrophalen Ergebnis der Opposition beigetragen, die über keine Strategie verfügte und über mehrere Korruptionsskandale stolperte", erläutert LA CRONICA DE HOY aus Mexiko-Stadt.
"Als frühere Bürgermeisterin von Mexiko-Stadt hat Sheinbaum den Vorteil, dass sie die politischen Abläufe und Funktionsweisen des Landes kennt", hebt die guatemaltekische Zeitung PRENSA LIBRE hervor. "Aber die Flitterwochen dürften nicht lange dauern, denn schon bald wird von Sheinbaum erwartet werden, dass sie greifbare Ergebnisse liefert. Mexiko befindet sich in einer stark angespannten Lage, denn die Sicherheitspolitik von López Obrador ist gescheitert. Die Polizei muss dringend reformiert werden, hinzu kommen die Themen Migration, Gesundheit und Bildung - und der Drogenhandel, der seine Krallen immer weiter nach Süden ausstreckt und damit zunehmend auch zur Gefahr für Guatemala wird", listet PRENSA LIBRE aus Guatemala-Stadt auf.
„Mexiko stimmt für Stabilität“, titelt die russische Zeitung NESAWISSIMAJA GASETA und führt aus: "Zunächst wird sich die neue Präsidentin Mexikos mit schwierigen Problemen auseinandersetzen müssen: illegale Migration, die höchste Zahl an Morden in der westlichen Hemisphäre – allein im Zuge der jüngsten Wahlen wurden mehr als 60 Abgeordnetenkandidaten erschossen –, und eine wachsende Zahl von Entführungen. Mit der künftigen Präsidentin besteht die Aussicht, dass Mexiko stärker in internationale Angelegenheiten eingebunden wird. Während López Obrador kaum irgendwohin gereist ist, wird das neue Staatsoberhaupt des Landes beginnen, den Faktor der persönlichen Präsenz auf verschiedenen Weltforen aktiver zu nutzen", erwartet die NESAWISSIMAJA GASETA aus Moskau.
Die chinesische Zeitung JIEFANG RIBAO meint zur künftigen Präsidentin: "Nicht wenige Mexikaner setzen große Hoffnungen in Sheinbaum und nennen sie 'Mexikos Angela Merkel'. Sie gilt als Technokratin mit Führungsqualitäten und ist ein politisches Ziehkind ihres Amtsvorgängers, was bedeutet, dass sich die Mehrheit der Wähler eine Fortsetzung der bisherigen Politik gewünscht hat. Zu dieser gehörte unter anderem eine Anhebung des Mindestlohns, was zu einer Verringerung der Armut im Land geführt hat. Bei der Bekämpfung des organisierten Verbrechens muss aber noch viel getan werden. Auch die illegale Migration in Richtung USA wird weiterhin ein Reibungspunkt mit Washington bleiben, der sich im Falle eines Wahlsiegs von Donald Trump merklich zuspitzen dürfte", prophezeit JIEFANG RIBAO aus Shanghai.
Auch die japanische NIHON KEIZAI SHIMBUN geht auf das Verhältnis Mexikos zu seinem Nachbarn USA ein: "Sheinbaum steht vor großen Herausforderungen. Erstens die Wirtschaft: Die USA importierten 2023 am meisten aus Mexiko und nicht aus China. Aber dahinter stecken viele chinesischen Produkte, die über Mexiko an die USA gehen. Donald Trump hat einen 100-Prozent-Zoll auf chinesische Autos angekündigt, die aus mexikanischen Werken kommen. Zweitens die Maßnahmen gegen Flüchtlinge, die über Mexiko in die USA wollen: Sheinbaum bekräftigte im Wahlkampf, Mexiko würde mit den USA zusammenarbeiten, aber sich nicht unterordnen. Es müssten nicht Mauern, sondern Brücken gebaut werden. Ihr Appell ist damit weit entfernt von der Haltung der US-Regierung", hebt NIHON KEIZAI SHIMBUN aus Tokio hervor.
Bei den Wahlen in Südafrika hat die Partei ANC das erste Mal seit dem Ende der Apartheid ihre absolute Mehrheit verloren. Dazu schreibt die nigerianische Zeitung THE VANGUARD: "Das Missmanagement in der Wirtschaft und das hohe Maß an Kriminalität und Korruption im System haben einige bisherige ANC-Wähler gezwungen, zu anderen kleineren Parteien zu wechseln. Die Wähler fordern zunehmend Veränderung. Der ANC ist zwar immer noch an der Macht, aber seine Dominanz ist erodiert, und seine Autorität wird in Frage gestellt. Je mehr die Generation, die die Apartheid miterlebt hat und dem ANC als Freiheitspartei sentimental verbunden ist, schwindet, desto mehr muss sich der ANC auf junge Wähler verlassen, die ihre Wahlentscheidung von der Wirtschaft abhängig machen", unterstreicht THE VANGUARD aus Lagos.
Zur Suche des südafrikanischen Staatschefs und ANC-Präsidenten Ramaphosa nach einem Koalitionspartner bemerkt die WASHINGTON POST: "Ramaphosa, der unter anderem deshalb die Unterstützung verlor, weil er als unentschlossen galt, stand noch nie vor einer wichtigeren Entscheidung. Er muss sich dabei bewusst sein, dass viel mehr auf dem Spiel steht als eine weitere Amtszeit für ihn selbst. Die Südafrikaner hatten eindeutig die weit verbreitete Korruption des ANC, die inkompetente Bereitstellung grundlegender öffentlicher Dienstleistungen, die grassierende Arbeitslosigkeit unter der schwarzen Bevölkerungsmehrheit und die sich verschärfende Ungleichheit satt. Die Zukunft des Landes und des gesamten Kontinents hängt von der Stabilisierung der südafrikanischen Demokratie und ihrer Wiederherstellung als starker Motor des Wirtschaftswachstums ab", kommentiert die WASHINGTON POST.
"Die Wahlen in Südafrika waren historisch", stellt die türkische Online-Zeitung T24 fest. "Es wird sich zeigen, ob die südafrikanische Innenpolitik den Demokratietest bestehen kann, wenn sie erstmals mit einer Koalitionsregierung konfrontiert wird. Oder steuert sie auf eine Krise zu, die aus Maximalforderungen, ideologischen Dogmen und zähen politischen Verhandlungen resultiert? Südafrika ist nach außen hin erfolgreich, nach innen aber ein Knäuel von Problemen. Die Korruption ist tief verwurzelt. Auch unter Präsident Cyril Ramaphosa, der mit dem Versprechen an die Macht kam, mit dieser schlimmen Tradition aufzuräumen, hat sich daran nichts geändert", betont die Zeitung T24 mit Sitz in Istanbul.
Thema in der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG ist der tödliche Messerangriff in Mannheim: "Wer Probleme lösen will, muss sie benennen – präzise und trennscharf. An der Bereitschaft zur ungeschönten Diagnose mangelt es in Deutschland, und darum türmen sich die Probleme. Besonders das islamistische Gewaltpotenzial wird von Politikern und Medien zu oft eingebettet in eine allgemeine Klage über Demokratiefeinde, Extremisten oder patriarchale Männer. Der Mord in Mannheim, wo ein Afghane einen Polizisten tödlich und einen islamkritischen Aktivisten schwer verletzt hat, ist ein weiterer Weckruf. Sollte er unerhört bleiben, stehen der Bundesrepublik gefährliche Zeiten bevor", warnt die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG.
Der österreichische STANDARD mahnt zu Besonnenheit: "Rufe nach hartem Durchgreifen werden laut. Man kann einiges nachvollziehen und weiß dennoch: Der Staat kann nicht in die Köpfe aller Menschen schauen, die noch nie polizeilich in Erscheinung getreten sind. Gleichzeitig ist klar, dass Bürgerinnen und Bürger ebenso wie Polizisten und Polizistinnen vor solchen Angriffen geschützt werden müssen. In dieser aufgeheizten Stimmung steht nun die Politik unter Druck – und das wenige Tage vor der EU-Wahl. Bekundungen, wie bestürzt man sei, reichen vielen Menschen nicht mehr. Sie fordern Lösungen. Es wäre schön, könnte man diese sofort auf den Tisch legen. Aber leider sind sie nicht vom einen auf den anderen Tag zu finden und umzusetzen."