19. Juni 2024
Die internationale Presseschau

Heute mit Stimmen zum Besuch von Russlands Staatschef Putin in Nordkorea. Weiteres Thema ist der Konflikt zwischen Israel und der pro-iranischen Miliz Hisbollah. Doch zunächst geht es um den Sondergipfel zur Neubesetzung der EU-Spitzenpositionen, bei dem es keine Einigung gab.

Der russische Präsident Putin und Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un schütteln sich die Hände.
Einige ausländische Zeitungen kommentieren das Treffen von Russlands Präsident Putin mit Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un. (picture alliance/ASSOCIATED PRESS/Uncredited)
Die ungarische Zeitung NEPSZAVA bilanziert das Treffen wie folgt: "Ursula von der Leyen bleibt als Kandidatin der Europäischen Volkspartei (EVP), der mandatsstärksten Kraft im neu gewählten Europaparlament, weiterhin die Favoritin für den Vorsitz der Europäischen Kommission. Es steht außer Frage, dass man sich beim Gipfel nächste Woche auf die Vergabe der Spitzenämter einigen wird. Bis dahin wollen sich einzelne Parteienfamilien bessere Verhandlungspositionen schaffen. Die Parteien neben der EVP sind bestrebt, von der Leyen Zugeständnisse abzuringen. Die kleineren Länder wiederum verlangen mehr Mitsprache im Institutionengefüge der EU. Ausgenommen Ungarn. Es ist das erste Mal, dass die Fidesz-Partei nach ihrem Ausscheiden aus der EVP 2021 bei der Wahl der Kommissionsvorsitzenden nicht Mitglied der einflussreichsten Parteienfamilie ist", konstatiert NEPSZAVA aus Budapest.
Die dänische Zeitung POLITIKEN aus Kopenhagen analysiert den Auftritt der italienischen Ministerpräsidentin: "Giorgia Meloni war auffallend still, nachdem sie zuvor erklärt hatte, sie fühle sich übergangen. Unter anderem störte sie, dass die drei größten Parteiengruppen Tusk aus Polen und Mitsotakis aus Griechenland für die EVP, Scholz und Spaniens Sánchez für die Sozialdemokraten und Macron und den Niederländer Rutte für die Liberalen ausgesucht hatten. Für sie als Vertreterin der EU-skeptischen ECR-Gruppe war da kein Platz. Meloni ist nicht unbedingt gegen eine zweite Amtszeit für Ursula von der Leyen, und sie ist auch nicht zwangsläufig gegen einen Ratsvorsitzenden Antonio Costa und eine Außenbeauftragte Kaja Kallas. Aber sie ist offenkundig sauer, dass Scholz und andere sich hartnäckig weigern, die ECR an den Tisch der Macht zu bitten", schätzt POLITIKEN.
Auch die italienische Zeitung CORRIERE DELLA SERA aus Mailand meint, die Strategie beim Sondergipfel sei es gewesen, Italien "zu isolieren, dessen Regierung aus der Abstimmung gestärkt hervorgegangen ist. Italien hat das Recht, sich bei der Entwicklung der Union Gehör zu verschaffen - auch aufgrund seiner außenpolitischen Entscheidungen, indem es die Ukraine unterstützt, mit der Ende des Monats Beitrittsverhandlungen aufgenommen werden sollen. Der Dialog muss fortgesetzt werden. Das ist im Interesse aller, aber vor allem im Interesse Europas selbst."
Die litauische Zeitung VERSLO ŽINIOS vermutet: "Der frühere lettische Premierminister Valdis Dombrovskis dürfte sein Amt als Vizepräsident behalten, und die amtierende estnische Regierungschefin Kaja Kallas gilt als Favoritin für den Job der Außenbeauftragten. Offenbar hat es auch noch keine Gespräche mit Ursula von der Leyen gegeben, welchen Posten Litauen gerne bekäme. Dabei sollte gerade die Außen- und Sicherheitspolitik für uns besonders wichtig sein, denn das ist der Bereich, in dem die Position unseres Landes auf Gehör stoßen muss", betont VERSLO ŽINIOS aus Vilnius.
Die SALZBURGER NACHRICHTEN aus Österreich empfehlen: "Statt sich in Streitereien um Ämter zu verzetteln, sollte die 'proeuropäische Allianz' aus EVP, Sozialdemokraten und Liberalen nun Befindlichkeiten hintanstellen. Eine Einigung auf ein Personalpaket ohne Gezänk wäre ein Signal für Kontinuität auf EU-Ebene. Verlässlichkeit ist nach fünf Jahren im Dauerkrisenmodus mit Krieg, Pandemie und Inflation wichtiger denn je. Auch in der nächsten Funktionsperiode sind große Aufgaben zu bewältigen."
Themenwechsel. Die norwegische Zeitung AFTENPOSTEN geht ein auf das Treffen von Russlands Staatschef Putin mit Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un: "Putin braucht Waffen und Munition, Nordkorea braucht Lebensmittel, Kraftstoff, Geld und Technologie. Da beide Länder vom Handel mit dem demokratischen Teil der Welt ausgeschlossen sind, brauchen sie sich gegenseitig. Für Putin geht es um eine Strategie zur Schaffung einer neuen Weltordnung. Dieses Ziel verfolgt auch China. Sie alle wollen einen geschwächten Westen, eine geschwächte UNO und weniger wirtschaftliche Macht in westlichen Händen. Mit im Bund ist der Iran, der wie Nordkorea Waffen an Russland liefert", notiert AFTENPOSTEN aus Oslo.
Über das Ziel von Putins Besuch in Pjöngjang spekuliert ebenfalls die polnische Zeitung GAZETA WYBORCZA aus Warschau. Der Zweck bestehe auch darin, zu zeigen, dass "die beiden Regime nicht isoliert sind. Es gibt nur wenige Orte, an die sich der vom Internationalen Strafgerichtshof gesuchte Putin zu reisen traut. Im Mai stattete er Peking einen Staatsbesuch ab, wo er und der chinesische Staatschef Xi Jinping ihren gemeinsamen Widerstand gegen die amerikanische Hegemonie entschieden bekräftigten. Kim hat seit der Covid-19-Pandemie keinen Staats- oder Regierungschef dieser Welt mehr in Pjöngjang empfangen."
Die in Singapur erscheinende Zeitung LIANHE ZAOBAO erwartet, Nordkorea werde sich bemühen, Zugang "zu Russlands militärischer Spitzentechnologie zu erhalten. Die Tatsache, dass der Leiter des russischen Ministeriums für Luft- und Raumfahrt zu Putins Besuchertross gehört, könnte darauf hindeuten, dass Pjöngjang Aufklärungssatellitentechnologie vom großen Nachbarn bekommt. Zudem wollen sich beide Länder aus den Fesseln des auf dem US-Dollar beruhenden Finanzsystems des Westens befreien", spekuliert LIANHE ZAOBAO.
Die britische Zeitung THE TIMES hält fest: "Ungeachtet des Geredes von ewiger Freundschaft und Solidarität angesichts des bösartigen Westens beruht das sich vertiefende Bündnis zwischen diesen beiden Tyrannen auf einem gemeinsamen Überlebenswillen. Dieser Sommer könnte Putins letzte Chance sein, Territorium in der Ukraine zu erobern und sich für Verhandlungen günstig zu positionieren. Seine Artillerie muss gefüttert werden. Das gilt auch für das unterdrückte Volk von Nordkorea. Waffen für Butter. Das ist ein Geschäft, von dem beide Seiten profitieren können", argumentiert THE TIMES aus London.
"Für Nordkorea bedeutet eine engere Zusammenarbeit beider Staaten durch Putins Besuch einen Lichtblick", lesen wir in der japanischen Zeitung ASAHI SHIMBUN aus Tokio: "Denn das kommunistische Land befindet sich seit langem in einer schwierigen wirtschaftlichen Lage. Pjöngjang hofft auf Gegenleistungen für Waffenlieferungen - nicht nur technologische Unterstützung, sondern auch beispielsweise mehr Touristen oder Gastarbeiter aus Russland, die Geld mitbringen. Eine Vertiefung der Beziehungen der beiden international isolierten Staaten insbesondere im militärischen Bereich versetzt Tokio zunehmend in Alarmbereitschaft."
Abschließend noch Stimmen zum Konflikt zwischen Israel und der pro-iranischen Miliz Hisbollah, der sich zu verschärfen droht. Die palästinensische Zeitung AL QUDS aus Ost-Jerusalem bemerkt: "Trotz der strikten Aufforderung der USA, keine neue Front an seiner Nordgrenze zu eröffnen, will Israel dies offenbar tun, um auf diese Weise den Angriffen der Hisbollah entgegenzutreten. Es ist darum nicht überraschend, dass der amerikanische Präsident erklärte, er erwarte, dass sich der Krieg in der Region verlängere. Offenbar befürchten die USA den Ausbruch einer äußerst heftigen Konfrontation zwischen Israel und der Hisbollah, in die sich dann auch der Iran einschalten könnte", vermutet AL QUDS.
Die türkische Zeitung YENI ŞAFAK bemerkt zur Nahost-Politik der Vereinigten Staaten: "Es ist, als ob die US-Regierung immer versucht, hinter Israel aufzuräumen. Für diejenigen, die einen großen Krieg mit der Hisbollah für unvermeidlich halten, ist auch die Stabilität des Libanon bedroht. Während die Biden-Administration versucht, einen israelisch-libanesischen Krieg zu verhindern, belohnt sie Israel im Gegenzug mit dem Verkauf neuer F-15-Kampfflugzeuge. Washington scheint vergessen zu haben, dass es überhaupt die Möglichkeit hat, Druck auf Israel auszuüben", urteilt YENI ŞAFAK aus Istanbul.