20. Juli 2024
Die internationale Presseschau

Viele ausländische Zeitungen beschäftigen sich mit der weltweiten IT-Panne. Daneben geht es um das Rechtsgutachten des Internationalen Gerichtshofs zum israelischen Siedlungsbau. Im Mittelpunkt steht jedoch die Rede von Donald Trump nach seiner Nominierung zum Präsidentschaftskandidaten auf dem Parteitag der Republikaner in den USA.

20.07.2024
Eine große Videoleinwand zeigt Donald Trump beim Parteitag der US-Republikaner . Sein Ohr hat er mit einem großen weißen Pflaster bandagiert.
Ein Thema in den ausländischen Zeitungskommentaren ist der Parteitag der Republikaner in den USA. Trump ist als Präsidentschaftskandidat nominiert worden. (picture alliance / ASSOCIATED PRESS / Carolyn Kaster)
Die polnische Zeitung RZECZPOSPOLITA bewertet die Ansprache wie folgt: "Donald Trumps langweilige, eintönige und ausdruckslose Stimme wirkte wie die beste Schlaftablette. Die republikanischen Delegationen waren offensichtlich verloren und wussten nicht, wann sie ihre patriotischen Rufe ausstoßen sollten. Die in der ersten Reihe des Podiums stehenden Kongressabgeordneten hatten Mühe, ihr Gähnen zu verbergen, als Trump argumentierte, dass er den Angriff vom Samstag nur dank des wundersamen Schutzes der Vorsehung überlebt habe. Sogar Melania Trump wirkte während der Rede ihres Mannes geistesabwesend, reagierte nur, wenn sie Applaus hörte, und lächelte nicht immer, wenn es einen Grund dafür gab. Kurzum: Der Parteitag ähnelte einer Mischung aus einer Sektenkundgebung, einer Amway-Konferenz und dem 13. Kongress der Rumänischen Kommunistischen Partei im Jahr 1984", urteilt die RZECZPOSPOLITA aus Warschau.
Das LUXEMBURGER WORT beobachtet: "Anhänger des Ex-Präsidenten klebten sich Pflaster aufs Ohr, um ihre Solidarität mit ihrem Parteiführer zu zeigen. Beim GOP-Parteitag wurde zwar die Einheit der Nation beschworen, doch niemand sollte darüber im Unklaren sein, dass dieser Zusammenhalt nur zu den Bedingungen der GOP zu haben sein wird. Völlig ungehemmt stellen die Republikaner ihre radikale Agenda zur Schau, jenes ominöse 'Project 2025', mit dem extrem konservative Kreise den Regierungsapparat und die Justiz unter ihre Kontrolle bringen wollen, um die USA nach ihren exklusiven Vorstellungen umzubauen. Die republikanischen Pläne sind alarmierend und sollten Grund genug für die Demokraten sein, in die Offensive zu gehen", meint das LUXEMBURGER WORT.
Die dänische Zeitung JYLLANDS-POSTEN aus Århus beschäftigt sich mit der Nominierung von J. D. Vance zum Vizepräsidentschaftskandidaten. Dieser stehe "für einen wachsenden Trend im amerikanischen Konservatismus, den Nationalkonservatismus, der die entscheidende Bedeutung von Kultur, Familie und Land betont. Mit Vance an seiner Seite steht Trump nun an der Spitze einer Bewegung, die verspricht, die Republikanische Partei und vielleicht sogar die gesamte amerikanische politische Szene neu zu definieren. Trumps Wahl von Vance ebnet auch den Weg für eine stabilere und durchdachtere Regierungsführung im Gegensatz zu der chaotischen und oft inkompetenten Führung, die Trumps erste Präsidentschaft kennzeichnete", unterstreicht JYLLANDS-POSTEN.
Die japanische Zeitung ASAHI SHIMBUN aus Tokio bedauert: "Der Parteitag in Milwaukee hat den starken Eindruck hinterlassen, dass die Partei der Republikaner in Trumps ‚Privatpartei‘ umgewandelt wurde. Was die Partei einst auszeichnete, etwa die Haushaltsdisziplin oder auch ihre internationale Politik, ist vom Trumpismus überrollt worden. Alles, was relativ moderat war, ist verschwunden."
Die britische Zeitung THE TELEGRAPH beleuchtet die Lage bei den Demokraten: "Die Rufe nach Joe Bidens Rücktritt werden immer lauter, und seine Position scheint immer schwieriger zu werden. Nachdem die Demokratische Partei und ihre Verbündeten in den US-Medien jahrelang Zweifel an der Fähigkeit Bidens, seinen Job zu machen, als Verleumdungen der Republikaner abgetan haben, scheinen sie nun überrumpelt worden zu sein. Sie können die Wahrheit nicht länger vor dem amerikanischen Volk verbergen. Dadurch, dass sich diese Scharade fast bis zu den Wahlen hingezogen hat, ist die Frage, wie und durch wen Biden ersetzt werden soll, noch komplizierter geworden", ist sich THE TELEGRAPH aus London sicher.
Themenwechsel. Die türkische Zeitung SABAH aus Istanbul geht auf die weltweiten IT-Störungen bei Windows-Rechnern ein, die durch ein fehlerhaftes Update des Sicherheitsunternehmens Crowdstrike ausgelöst wurden: "In gewisser Weise erinnert diese technische Apokalypse die Menschen daran, dass sie Sklaven auf Google-Farmen waren. Denn dieses durch das digitale Chaos entstandene Bild hat uns auf globaler Ebene deutlich gezeigt, dass die starken Akteure in der Technologie überleben, während die schwachen unter dem kollabierenden System zurückbleiben. Es ist daher dringend erforderlich, kritische Infrastrukturen und Institutionen mit einer strategischen Denkweise zu überarbeiten", mahnt SABAH.
"Wie abhängig wir von der Technik sind, merken wir erst, wenn sie ausfällt", hebt die spanische Zeitung LA VANGUARDIA aus Barcelona hervor: "Fast alle unsere Daten befinden sich in der Cloud. Und was passiert, wenn die Cloud verschwindet? Nun, wenn sie ausfällt, können Millionen von Menschen nicht in Flugzeuge oder Züge einsteigen, es können keine Nachrichten verschickt werden, die Gesundheitsversorgung kommt zum Erliegen und die telefonischen Hilfsdienste brechen zusammen. Unternehmen und Regierungen müssen immer größere Summen aufwenden, um Anti-Hacking-Systeme zu installieren, die das kriminelle Eindringen in ihre Netze verhindern", konstatiert LA VANGUARDIA.
Die chinesische Zeitung HUANQIU SHIBAO, ein Presseorgan der Kommunistischen Partei, stellt fest: "Die Informationstechnik ist längst ein wichtiger Teil der kritischen Infrastruktur der modernen Gesellschaften geworden. Was mit Firmen wie Microsoft als Marktführer passiert, kann direkt und sofort Auswirkungen auf Staatsorgane und alltägliche Lebensbereiche und die Arbeitswelt haben. Die Internetsicherheit stellt bereits eine globale Herausforderung dar. Daher soll man die Verantwortung nicht betroffenen Unternehmen allein überlassen. Noch weniger darf solche Technik in Händen einer politischen Macht landen, die sie als Sanktionsmittel politisch missbrauchen könnte", findet HUANQIU SHIBAO aus Peking.
Abschließend noch Stimmen zum Internationalen Gerichtshof, der entschieden hat, dass die israelischen Siedlungen in den palästinensischen Gebieten und die Nutzung der natürlichen Ressourcen durch Israel gegen das Völkerrecht verstoßen. Die israelische Zeitung JERUSALEM POST fragt die Richter: "Unterstützen Sie mit dieser Entscheidung tatsächlich eine Terrororganisation? Der IGH vergisst geflissentlich das historische und rechtliche Chaos, das der israelisch-palästinensische Konflikt darstellt. Das Westjordanland und Ostjerusalem, die Israel im Sechstagekrieg von 1967 eroberte – wohlgemerkt ein Verteidigungskonflikt – waren nie souveräne palästinensische Gebiete. Israelische Siedlungen fungieren als wichtige Puffer gegen die Art von Aggressionen, die häufig vorkommen, wenn Ihre Nachbarn Ihnen nicht gerade Obstkörbe schicken. Israel vorzuschlagen, diese Siedlungen ohne Sicherheitsgarantien aufzulösen, ist, als würde man jemandem sagen, er solle seine kugelsichere Weste mitten in einer Schießerei ausziehen", argumentiert die JERUSALEM POST.
In der italienischen Zeitung CORRIERE DE LA SERA aus Mailand wird die israelische Reaktion eher spöttisch kommentiert: "Offensichtlich wurden die Worte des Gerichts in Israel nicht gut aufgenommen, wo Premierminister Benjamin Netanjahu von einer 'falschen' Entscheidung sprach. Der Vorsitzende der Nationalen Einheit, Benny Gantz, kritisierte das Gutachten ebenfalls als 'einen weiteren Beweis für die Einmischung von außen'. Ein Sieg der Gerechtigkeit und eine ‚Bekräftigung des Rechts des palästinensischen Volkes auf Selbstbestimmung, eigenes Land und einen eigenen Staat‘, nannte die palästinensische Präsidentschaft die Entscheidung hingegen. Und während Nichtregierungsorganisationen in aller Welt die in Den Haag getroffene Entscheidung begrüßten, setzten israelische Siedler nach Angaben der Menschenrechtsgruppe Yesh Din im Dorf Burin im nördlichen Westjordanland Felder in Brand, die sich in palästinensischem Besitz befanden, als die 15 Richter des Internationalen Gerichtshofs den Gerichtssaal betraten", bemerkt CORRIERE DE LA SERA zum Ende der internationalen Presseschau.