06. August 2024
Die internationale Presseschau

In den Kommentaren geht es um den Sturz der Regierung in Bangladesh, um die rechtsextremen Krawalle in Großbritannien und um die Kursverluste an den internationalen Börsen.

Junge Demonstranten in Bangladesch. Eine junge Frau mit Brille und einem roten Band um die Stirn sitzt offenbar auf den Schultern eines anderen. Sie lacht und schwenkt die Flagge von Bangladesch.
Demonstranten in Bangladesch feiern den Rücktritt der Regierungschefin Sheikh Hasina. (picture alliance / Anadolu / Niamul Rifat)
"Eine neue Morgendämmerung bricht an", schreibt die Zeitung THE DAILY STAR aus Bangladesh zum Rücktritt von Ministerpräsidentin Sheikh Hasina. "Dies ist ein Tag, an den sich noch Generationen erinnern werden. Ein Tag, an dem eine 15 Jahre währende autoritäre Herrschaft endlich zu Ende gegangen ist. Ein Tag, an dem die Menschen wirklich an die Macht kamen, ihre Differenzen beiseite legten und sich in ihrem Wunsch nach Freiheit und einer besseren Zukunft vereinten. Trotz der anhaltenden Trauer über den Verlust von mehr als 300 Menschenleben während der brutalen Niederschlagung der Proteste war die Atmosphäre gestern in Dhaka elektrisierend und von Hoffnung und Möglichkeiten erfüllt. Wenn wir die Opfer ehren wollen, müssen wir uns um eine Zukunft bemühen, in der Werte von Demokratie und Gleichheit über engstirnige politische Interessen gestellt werden", betont THE DAILY STAR aus Dhaka.
Ebenfalls in der Hauptstadt von Bangladesh erscheint die Zeitung NEW AGE. Darin heißt es: "Wenn jemand fragt, was zum Sturz des Hasina-Regimes geführt hat, lautet die Antwort: seine autoritäre Arroganz, sein Machtmissbrauch und sein Widerwillen, auf die berechtigten Sorgen der Bevölkerung einzugehen. Während die Menschen seit langem über den autoritären Charakter des Hasina-Regimes verärgert sind, verwandelte sich die aufgestaute Wut während der Studentenproteste in einen Vulkan. Gespräche über eine Reform der Verfassung sind bereits im Gange. Diese müssen sicherstellen, dass der Premierminister oder eine andere Person nicht die absolute Macht haben und die Institutionen der Rechenschaftspflicht unabhängig arbeiten können. Auch die Justiz muss völlig frei sein. Demokratie ist das, was wir wollen, und Demokratie ist das, was wir verdienen", unterstreicht die Zeitung NEW AGE.
Die pakistanische Zeitung THE DAWN sieht es so: "Aus dem Sturz von Sheikh Hasina lassen sich Lehren für alle Entwicklungsländer ziehen, insbesondere für diejenigen in Südasien, die viele soziopolitische Merkmale mit Bangladesch teilen. Politische Unterdrückung, gepaart mit wirtschaftlicher Schwäche, führt zu öffentlichen Unruhen. Parallel zum harten Vorgehen gegen die Opposition hatte sich Bangladeschs wirtschaftlicher Fortschritt verlangsamt. Wenn alle Kanäle für abweichende Meinungen verschlossen sind und autoritäre Taktiken angewandt werden, um gegen politische Gegner vorzugehen, ist die Bühne entweder für einen gewaltsamen Umsturz oder für das Eingreifen nicht gewählter militärischer Akteure bereitet", analysiert THE DAWN aus Karachi.
Die chinesische Zeitung JIEFANG RIBAO befasst sich mit den fremdenfeindlichen Ausschreitungen in Großbritannien: "Die durch den Mord an drei kleinen Mädchen ausgelösten Krawalle halten das Land in Atem. Gerüchte im Internet, es handele sich bei dem Täter um einen radikalen muslimischen Einwanderer, befeuerten die Wut von Teilen der Bevölkerung. Die Ursachen für den Flächenbrand liegen aber tiefer, denn mit dem Zustrom einer großen Zahl von Einwanderern sind auch viele Probleme entstanden, und die religiösen und kulturellen Konflikte haben sich verschärft. Das harte Vorgehen der inzwischen abgewählten konservativen Regierung gegen Schleuser und die Vereinbarung mit Ruanda zur Aufnahme von Flüchtlingen konnten keine Abhilfe schaffen. Dies alles ist natürlich Wasser auf die Mühlen von Rechtspopulisten", stellt JIEFANG RIBAO aus Schanghai fest.
Die britische TIMES meint: "Dieses Rowdytum hat in einer zivilisierten Demokratie keinen Platz, und Premierminister Starmer hat recht, wenn er sagt, dass die gewalttätige Minderheit, die sich daran beteiligt, hinter Gitter gehört. Seine nächste Herausforderung ist allerdings komplexer. Schon bevor legitime Sorgen über die Migration von Krawallmachern gekapert wurden, fand die britische Einwanderungspolitik nicht die Zustimmung der Öffentlichkeit. Starmers Regierung muss nun zeigen, dass Politiker der Mitte in der Lage sind, die Zuwanderung auf faire und gerechte Weise zu reduzieren", verlangt die Londoner TIMES.
Nach Einschätzung der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG steht hinter den Krawallen nicht nur ein Protest gegen die Einwanderungspolitik: "Die Hintergründe dieses Gewaltausbruchs sind breiter und haben viel mit Großbritanniens Gesellschaft und Politik zu tun. Zu den Problemen gehört das Entstehen von wirtschaftlich und sozial vernachlässigten Regionen und Vierteln, in denen Trostlosigkeit, Armut und das Gefühl herrschen, von der Politik im fernen Westminster ignoriert zu werden und keine Perspektiven des sozialen Aufstiegs zu haben. Vor diesem Hintergrund brechen immer wieder Unruhen aus, in denen sich Personen selbst ermächtigen, in einem Rausch der Rechtlosigkeit die Dinge in die eigene Hand nehmen – in vielen Fällen auch ganz profan dadurch, dass sie im Schutz der Krawalle Geschäfte aufbrechen und Konsumgüter plündern", erläutert die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG.
Die schwedische Zeitung AFTONBLADET verweist auf die Rolle der sozialen Medien: "Auf der Plattform X wurde die Nachricht verbreitet, der Täter sei ein Asylbewerber. Die Nachricht stammte aus Russland, wurde aber sofort von Rechtsextremisten aufgegriffen. Geschrieben werden solche Meldungen oft von Personen, die früher von Twitter verbannt wurden, dann aber wieder zu X zugelassen wurden. Dazu gehört beispielsweise Tommy Robinson, einer der Gründer der rechtsextremen English Defence League mit 880.000 Followern und maßgeblich für das aktuelle Chaos verantwortlich. Das Motiv des Täters von Southport ist noch gar nicht bekannt. Aber die Familien der ermordeten und verletzten Kinder müssen jetzt erleben, wie ihr Trauerprozess von gewaltbereiten Rechtsextremisten gekapert wird - und angeheizt wird das Ganze auch noch von Twitter-Chef Elon Musk", hebt AFTONBLADET aus Stockholm hervor.
Die polnische Zeitung RZECZPOSPOLITA geht auf den Kurssturz an den internationalen Börsen ein: "Der Absturz an den asiatischen Märkten und die tiefroten Zahlen in Europa erinnern daran, dass der Boom am Aktienmarkt nicht ewig anhält. Der jüngste Hype um die Künstliche Intelligenz erinnert an die Internetblase vor einem Vierteljahrhundert. Blasen platzen, wenn sie zu groß werden. Handelt es sich hier um ein solches Zerplatzen einer Blase? Einige Analysten sind davon nicht überzeugt. Es ist jedoch sicher, dass die Finanzmärkte unter dem Einfluss der zunehmenden weltpolitischen Unsicherheit dazu neigen, auf negative Signale panisch zu reagieren. Und an diesen Signalen mangelt es nicht. Die globalen Konflikte lösen bei Anlegern Angst aus", lautet die Einschätzung der RZECZPOSPOLITA aus Warschau.
"Es ist wichtig, dass die Unternehmen und die anderen Marktakteure nun besonnen reagieren", mahnt die japanische Zeitung NIHON KEIZAI SHIMBUN. "Die Unternehmen sollten ihre Investitionen sowohl in Wirtschaftsgüter als auch in Personal nicht stoppen. In Japan gibt es zudem traditionell viele private Aktionäre. Sie sollten eine unnötig beunruhigte Reaktion auf die Kursverluste vermeiden. Eine Investition wird stets von Schwankungen begleitet und braucht eine Aufteilung in verschiedene Bereiche. Wichtig ist ein langfristiger Vermögensaufbau, bei dem jeder bewusst mit dem Risiko umgeht", empfiehlt NIHON KEIZAI SHIMBUN aus Tokio.
Die schwedische Zeitung DAGENS NYHETER führt aus: "Die Kursrückgänge in Europa waren nicht etwa eine Reaktion auf die Entwicklung in Asien, sondern auf die in den USA. Der Technologie-Sektor sortiert sich neu. Aber letztlich geht es um die Frage, wie robust die US-Wirtschaft generell ist. Eine Rezession mit einem Anstieg der Arbeitslosigkeit wäre natürlich bedauerlich. Das Timing wäre verheerend, denn die wirtschaftliche Lage im Herbst dürfte maßgeblich den Ausgang der Präsidentschaftswahlen beeinflussen. Als Herausforderer der Regierung profitiert zunächst einmal Donald Trump von einer Rezession."