13. August 2024
Die internationale Presseschau

Kommentiert wird US-Unternehmer Elon Musk, der als Wahlkampfunterstützer ein Interview mit dem Präsidentschaftskandidaten Donald Trump auf seiner Social Media-Plattform X geführt hat. Im Mittelpunkt vieler ausländischer Zeitungen steht jedoch die Offensive der ukrainische Armee im russischen Grenzgebiet.

Menschen aus der Region Kursk steigen in einen Bus, um in Sicherheit gefahren zu werden.
Viele Menschen wurden aus der russischen Region Kursk evakuiert - das ist ein Thema in den Kommentaren der ausländichen Zeitungen. (AP)
Die in Singapur erscheinende LIANHE ZAOBAO betont, mit der Evakuierung von Zehntausenden Russen habe der Krieg eine neue Wendung genommen: "Mit dem Überraschungsangriff will die Ukraine offenbar Friedensgespräche mit dem Kreml erzwingen und am Verhandlungstisch eine bessere Position für sich erringen. Dieses Ziel kann aber nur erreicht werden, wenn die jüngsten Erfolge an der Front konsolidiert und weiter ausgebaut werden können. Der bereits angekündigte russische Gegenangriff wird Auskunft darüber geben, wie es um die tatsächliche Schlagkraft der russischen Streitkräfte bestellt ist, zumal ihre Schwarzmeerflotte in dem Krieg inzwischen keine Rolle mehr spielt", bemerkt LIANHE ZAOBAO.
Nach Einschätzung der polnischen Zeitung RZECZPOSPOLITA könnte die Operation der ukrainischen Streitkräfte "einen Durchbruch im Zuge der seit zwei Jahren andauernden russischen Aggression bedeuten, insbesondere im Zusammenhang mit möglichen Friedensverhandlungen. Solche Gespräche werden immer wahrscheinlicher, und die aktuelle Offensive der Ukraine stärkt die Position Kiews. Einige Ziele der Operation wurden bereits erreicht. Den Russen, die in der betroffenen Region leben, wurde schnell klar, dass niemand sie verteidigen und retten würde. Viele von ihnen werden erkennen, dass Putin sich nicht um ihr Leben kümmert. Von Evakuierungen sind inzwischen weit über 100.000 Menschen betroffen. Jeder hat Familie und Freunde – kritische Stimmen gegenüber der russischen Führung werden sich allein deshalb schon vervielfachen", erwartet die RZECZPOSPOLITA aus Warschau.
Die dänische Zeitung POLITIKEN aus Kopenhagen stellt fest: "Die Ukraine hat die Karte 'Richtung ändern' gespielt, die wir aus dem Spiel UNO kennen. Für Putin ist das eine schlechte Nachricht, denn die Invasion im russischen Gebiet Kursk hat die bisherigen Muster des Kriegs durchbrochen. Der Jäger ist jetzt der Gejagte, der Aggressor, die einstige Kolonialmacht, muss sich auf einmal verteidigen und wird von einer früheren Kolonie gedemütigt. Vor diesem Hintergrund ist der ukrainische Vorstoß zu betrachten."
Die spanische Wirtschaftszeitung ABC aus Madrid gibt zu bedenken: "Es ist unklar, ob die Ukraine bereit und in der Lage ist, das eroberte Gebiet zu halten. Ein Einmarsch ist nicht dasselbe wie eine militärische Besetzung. Aber die Operation hat erneut die Unordnung in der russischen Nachhut offenbart, die im vorigen Sommer beim kurzen Aufstand des Chefs der Wagner-Gruppe, Jewgeni Prigoschin, zutage trat. Wie damals hat sich wieder gezeigt, dass die russische Armee nur langsam reagiert und vorübergehend außer Gefecht gesetzt werden kann."
Die britische Zeitung FINANCIAL TIMES aus London sieht auch Risiken für die ukrainischen Soldaten. Eins bestehe darin, dass sie "nicht nur gewaltsam aus der Region Kursk vertrieben werden könnten, sondern dabei auch Truppen und Ausrüstung in einem solchen Umfang verlieren, dass ihre Fähigkeit, die Russen anderswo aufzuhalten, beeinträchtigt wird. Der Vorstoß der Ukraine nach Russland kann sich als Wendepunkt, als strategischer Fehler oder als keines von beiden erweisen. Doch um einen militärischen Erfolg oder ausreichende militärische Gewinne zur Unterstützung einer wirksamen Diplomatie zu erzielen, müssen manchmal Wagnisse eingegangen werden. Der ukrainische Präsident tut dies nicht zum ersten Mal", hebt die FINANCIAL TIMES hervor.
Die belgische Zeitung DE TIJD aus Brüssel spekuliert über die Beweggründe des ukrainischen Präsidenten Selenskyj für den Grenzübertritt: "Möchte er die russischen Truppen von der Front im Donbass weglocken? Versucht er, seinen Truppen und der Bevölkerung einen moralischen Schub zu geben? Oder besteht die Absicht, einen Teil des russischen Territoriums zu besetzen und dies als Unterpfand für Friedensverhandlungen mit Moskau zu nutzen, wie einige vermuten?"
In einem Gastkommentar für die japanische Zeitung NIHON KEIZAI SHIMBUN aus Tokio ist die Rede von einem Wendepunkt - auch bezüglich der Haltung Chinas: "In Peking wird an diesem Wochenende ein ukrainisches Filmfestival veranstaltet. Was dies bedeutet, muss man wohl nicht explizit erwähnen: Die chinesische Führung vollzieht offenbar einen Kurswechsel. Peking ist möglicherweise nicht mehr bereit, Russland in seinem Krieg gegen die Ukraine zu unterstützen."
Themenwechsel. Die norwegische Zeitung VERDENS GANG widmet sich dem Interview von US-Unternehmer Elon Musk auf dessen Onlineplattform X mit dem republikanischen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump: "Ganz reibungsfrei lief das freilich nicht ab. Technische Probleme führten dazu, dass das Gespräch mit einer Stunde Verspätung begann, zum Verdruss vieler Zuschauer. Als es dann endlich lief, sprach Trump zuerst von dem Ereignis, von dem er angeblich nie wieder sprechen wollte: dem dramatischen Attentatsversuch. Dieser war auch der Anlass für Musk, sich offen für Trump einzusetzen. Wie es so oft der Fall ist, wenn zwei sich einig sind oder - aus welchen Gründen auch immer - einander nicht widersprechen: Dem Interview fehlte die Dynamik. Trump redete wie üblich darauf los und zu seinen üblichen Themen, während Musk nickte und 'Yeah', 'Right' oder 'Sure' sagte, als wolle er bestätigen, dass er noch dabei sei. Im Großen und Ganzen war die Veranstaltung vor allem eins: eine Geduldprobe", bilanziert VERDENS GANG aus Oslo.
Das Interview sei ein komplettes Desaster gewesen, urteilt die Zeitung USA TODAY: "Es war eine Amateurstunde, das Letzte, was eine Kampagne, die Kompetenz vermitteln will, braucht. Trump schwafelte, redete über die Einwanderung, Präsident Joe Biden und was ihm sonst noch so durch den Kopf ging. Außerdem lallte er undeutlich, was Fragen zu seinem Gesundheitszustand aufwirft. Musks Interviewfähigkeiten sind miserabel. Er tat kaum etwas anderes, als Trump zu bejubeln und jedem bizarren Spruch zuzustimmen, der aus seinem Mund kam."
Die spanische Zeitung LA VANGUARDIA aus Barcelona beobachtet: "Musk hat sich ideologisch radikalisiert, und das erklärt seine engen Verbindungen zum Trumpismus. X ist dadurch zu einer Plattform geworden, auf der Hass, rechtsextreme Propaganda und Falschnachrichten verbreitet werden. Als Anhänger der MAGA-Bewegung teilt Musk die Theorie von einem geplanten Bevölkerungsaustausch und einer Invasion krimineller Einwanderer, die man massenweise deportieren müsse. Es ist offensichtlich, dass es gefährlich ist, wenn mit Trump jemand ins Weiße Haus einzieht, der solche Ideen vertritt", notiert LA VANGUARDIA.
Die italienische Zeitung LA STAMPA hält Musk für gefährlich: "Der Eigentümer des meist genutzten sozialen Netzwerks für Debatten und Nachrichten hat es mit Fake News, Extremismus und Verschwörungen gefüllt, zum Teil von ihm selbst geschrieben, zum Teil von ihm weitergeleitet. Er unterstützt Trump und will die amerikanischen Wahlen beeinflussen. Und wenn er von Wahlen enttäuscht ist, ist Hetze seine Stärke. Er hat den ehemaligen Kurznachrichtendienst Twitter zu einer 'Online-Heimat' für Rechtsextremisten gemacht und dazu beigetragen, die Unruhen der letzten Tage in Großbritannien auszulösen", kritisiert LA STAMPA aus Turin.
Die französische Zeitung OUEST-FRANCE bemerkt zu einem Beitrag von Musk bei X im Kontext der rechtsextremen Ausschreitungen in Großbritannien, wonach ein "Bürgerkrieg unvermeidlich" sei: "Der gewählte Zeitpunkt scheint alles andere als politisch unbedeutend zu sein. Verantwortungsbewusstsein ist allerdings genau das, was den sozialen Netzwerken am meisten fehlt. Musk versteckt sich gerne hinter einer pseudo-heiligen 'Redefreiheit', um alles und jedes sagen zu können. Dies ist die moralische Achillesferse der Internetgiganten und auch der Grund für ihre gigantischen Gewinne. Verantwortungslosigkeit ist ihr Geschäftsmodell."