21. August 2024
Die internationale Presseschau

Themen sind der Nahostkonflikt sowie der geplante Besuch des indischen Premiers Modi in der Ukraine. Zunächst aber zum Parteitag der US-Demokraten.

Barack Obama und seine Frau Michelle Obama umarmen sich auf der Bühne des Parteitags der Demokraten.
Michelle und Barack Obama unterstützen Kamala Harris. (picture alliance / Josh Morgan-USA TODAY / Josh Morgan)
Die russische Zeitung NESAWISSIMAJA GASETA schreibt: "Den ersten Reden nach zu urteilen, werden die Demokraten einen Wahlkampf führen, der nicht nur die Errungenschaften der aktuellen Regierung hervorhebt, sondern auch den republikanischen Kandidaten dämonisiert. Trump stellt Harris und ihr Team als Beinahe-Kommunisten dar. Harris und ihre Anhänger wiederum stellen den republikanischen Führer als einen Beinahe-Faschisten dar. Offenbar werden diese Vorwürfe das Leitmotiv sein", notiert die NESAWISSIMAJA GASETA aus Moskau.
Die WASHINGTON POST geht noch einmal auf die bejubelte Parteitagsrede von US-Präsident Biden ein: "Während seiner Präsidentschaft hat Biden weder von der Öffentlichkeit noch von den Medien begeisterte Kritiken geerntet. Doch er hat in einer gefährlichen Zeit internationales Fingerspitzengefühl bewiesen und mit innenpolitischen Erfolgen kombiniert. Und in Bidens Fall übertrafen seine innenpolitischen Errungenschaften wohl jene aller Präsidenten der letzten 100 Jahre - abgesehen von Johnson und Roosevelt. Die Demokratische Partei hat Biden dafür nun die Ehre erwiesen", fasst die WASHINGTON POST zusammen.
Der DAILY TELEGRAPH aus Großbritannien bewertet Bidens Bilanz anders: "Biden erbte von Donald Trump ein gespaltenes Land - und hinterlässt es gespaltener denn je. Es fällt schwer, Bidens Amtszeit als vollen Erfolg zu bezeichnen. Das liegt zum Teil daran, dass er sich vom zunehmend militanten progressiven Flügel seiner Partei hin und her zerren ließ. Biden zauderte und kapitulierte und verlor dabei sowohl seine Werte als auch seine Verbündeten in Übersee - und das alles nur, um am Ende von einem Parteiapparat verdrängt zu werden, der noch immer stark von den Obamas beeinflusst wird", meint der DAILY TELEGRAPH aus London.
Auf die Rede der früheren First Lady Michelle Obama geht die norwegische Zeitung VERDENS GANG ein: "'Die Hoffnung erlebt ein Comeback' - das sagte Michelle Obama, als sie die Bühne betrat. Sie war bislang die Einzige, die mehr Applaus bekam als Kamala Harris. In ihrer Rede griff Obama Trump wegen seines ererbten Reichtums und seiner Privilegien an, kritisierte seine angstbasierte Rhetorik und seine Verachtung für demokratische Spielregeln. Sie ist eine eindrücklichere Rednerin geworden als ihr Mann. Doch allem Engagement zum Trotz: Der Parteitag ist mehr Show, Rhetorik und Party als eine politische Werkstatt", befindet VERDENS GANG aus Oslo.
GULF NEWS aus den Vereinigten Arabischen Emiraten blickt auf den Wahlkampf: "Frauenfeindlichkeit ist ein zentrales Thema in der amerikanischen Politik. Ein kleines Beispiel dafür ist Trumps Versuch, sich über Harris' Lachen lustig zu machen. Er nannte sie 'verrückt', weil sie so lacht. Im Moment liefert sich Harris mit Trump ein Kopf-an-Kopf-Rennen und liegt in einigen umkämpften Staaten sogar in Führung. Sollten sich diese Zahlen halten oder die Abstände größer werden, wird Trump noch hysterischer werden. Diese Wahl wird der Welt zeigen, wo Amerika in Sachen Geschlecht, Ethnie und Sexismus wirklich steht", glaubt GULF NEWS aus Dubai.
Die japanische Zeitung ASAHI SHIMBUN merkt an: "Anders als damals bei der Vizepräsidentschaft will Harris in diesem Wahlkampf ihr Geschlecht offenbar nicht in den Vordergrund stellen. Denn sie hat eine Lehre gezogen: Die Strategie von Hillary Clinton, die 2016 die erste US-Präsidentin werden sollte und scheiterte, wurde schließlich als Fehler bilanziert. Harris kann durch ihre Politik für die Frauen überzeugen: In der Regierung hat sie sich leidenschaftlich für deren Rechte eingesetzt. Die Chancen für die erste US-Präsidentin stehen nicht schlecht", glaubt ASAHI SHIMBUN aus Tokio.
Themenwechsel. Die Terrororganisation Hamas hat den jüngsten Kompromissvorschlag für eine Waffenruhe mit Israel mit der Begründung abgelehnt, die USA hätten zu vielen Forderungen Israels zugestimmt. "Wie ist es möglich, dass die Weltmacht Amerika eine solche Vereinbarung nicht einfach durchdrücken kann?", fragt die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG aus der Schweiz. "Und warum gelingt es Netanjahu, amerikanischen Präsidenten auf der Nase herumzutanzen? Diese Frage drängt sich auf, da Israel weltweit nur einen wirklichen Verbündeten besitzt, die USA. Dass Biden seinen Streit mit Netanjahu nicht eskalieren lässt, dafür sorgen seine innenpolitischen Gegner. Die Republikaner schlachten jeden Anschein mangelnder Israel-Treue sofort aus. Dies hat den Präsidenten in eine Zwickmühle gebracht", befindet die NZZ.
Die dänische Zeitung POLITIKEN merkt an: "Käme eine Waffenruhe zustande, stünde sie im absoluten Widerspruch zu allem, was die ultrarechte israelische Regierung und die Hamas beabsichtigen. Beide sind nach wie vor nicht bereit, einander oder sich wenigstens gegenseitig das Recht auf Existenz anzuerkennen. Netanjahu will keinen Staat für die Palästinenser, die Hamas will keinen Staat für die Israelis, und ihr Chef Sinwar behält sich das Recht auf weitere Angriffe vor. Netanjahu steht unter dem wachsenden Druck der USA, aber er muss befürchten, dass seine rechtsradikalen Partner im Fall einer Waffenruhe seine Regierung verlassen. Kommt es zu Neuwahlen, wäre das aktuellen Umfragen zufolge das Aus für Netanjahu", stellt POLITIKEN aus Kopenhagen fest.
Die türkische Zeitung KARAR blickt auf die regionalen Auswirkungen des Konflikts: "Der Hamas-Anschlag vom 7. Oktober hat das fragile regionale Gleichgewicht schwer erschüttert. Die arabisch-israelische Annäherung, für die die Trump-Familie den Grundstein gelegt hat und auf der die Biden-Regierung aufgebaut hat, wurde - wenn auch widerwillig - ausgesetzt. Die Beziehungen zwischen Israel und der Türkei sind wieder angespannt. Mehrmals wurde die Schwelle zu einem regionalen Krieg überschritten. Vor allem aber ist die Zweistaatenlösung noch unmöglicher geworden", beklagt KARAR aus Istanbul.
Zum Schluss ein Blick auf die bevorstehende Ukraine-Reise des indischen Premiers Modi. Die chinesische Zeitung JIEFANG RIBAO schreibt: "Modi wird als erster indischer Regierungschef überhaupt in die Ukraine reisen. Dieser historische Besuch fällt gerade mit der Offensive der ukrainischen Streitkräfte zusammen, durch die der Konflikt noch komplizierter geworden ist. Modi, der unlängst dem russischen Präsidenten Putin einen Besuch abgestattet hat, will dadurch der Welt zeigen, wie flexibel und autonom seine Außenpolitik ist. Er hat mit der Reise dem Westen geschickt den Wind aus den Segeln genommen, der ihn für den Kreml-Besuch heftig kritisiert hatte. Gleichzeitig kann Modi sein Land für den Wiederaufbau der Ukraine ins Spiel bringen. Was die indischen Bemühungen um eine Beilegung des Konflikts betrifft, so decken sie sich in vielen Bereichen mit denen Chinas. Nach der Überzeugung beider Länder kann dies nur im Rahmen der Vereinten Nationen bewerkstelligt werden", vermerkt JIEFANG RIBAO aus Schanghai.
Die indische Zeitung DECCAN HERALD befürchtet: "Die Freundlichkeit des indischen Premierministers gegenüber dem Feind Russlands könnte in Moskau nicht gut ankommen. Lohnt sich Modis Reise nach Kiew, nur um den Unmut in Washington über seinen euphorischen Besuch in Moskau zu besänftigen? Es handelt sich ja um einen Stellvertreterkrieg. Sollte Modi daher nicht eher mit US-Präsident Biden Klartext reden, dass die USA einen Weltkrieg riskieren und den Planeten in einen nuklearen Winter treiben? Natürlich könnte ein solch offenes Gespräch Biden verärgern. Biden gilt als unverblümter Russlandhasser, den das Schreckgespenst der Niederlage in der Ukraine als mögliches Vermächtnis seiner Präsidentschaft verfolgt. Jedenfalls deutet alles darauf hin, dass Indiens Priorität nicht so sehr der Ukraine-Krieg ist, sondern der demonstrative Charakter eines Besuchs des Premierministers in Kiew", vermerkt der DECCAN HERALD aus Bengaluru.