22. August 2024
Die internationale Presseschau

Einige ausländische Zeitungen beschäftigen sich mit dem Handelskonflikt zwischen der Europäischen Union und China. Im Mittelpunkt steht jedoch weiterhin der US-Präsidentschaftswahlkampf.

Der Vizepräsidentschaftskandidat der Demokraten Tim Walz winkt auf dem Parteitag in die Menge, im Hintergrund eine US-Flagge.
Die Rede des Vizepräsidentschaftskandidaten der Demokraten, Tim Walz, ist ein Thema in den ausländischen Zeitungskommentaren. (Erin Hooley / AP / dpa / Erin Hooley)
Die norwegische Zeitung VERDENS GANG bemerkt zum Gouverneur von Minnesota, Tim Walz, der auf dem Parteitag der Demokraten in Chicago seine Nominierung als Vize-Präsidentschaftskandidat offiziell angenommen hat: "Falls es jemand noch nicht gemerkt haben sollte: Walz ist auch ein ehemaliger Football-Trainer, und er kommt aus einer kleinen Stadt, wie der Song 'Small Town' von John Mellencamp unterstrich. Der Running Mate von Kamala Harris ist erst vor drei Wochen mehr oder weniger aus dem Nichts aufgetaucht, aber in dieser Zeit hat er bereits gezeigt, dass er ihr politisches Projekt präsentieren kann wie ein Motivationsgespräch vor einer Football-Mannschaft. Auf diese Weise redete er über Waffenkontrolle, Lebensmittelpreise und nicht zuletzt auch darüber, wie Harris, die Demokraten und er im November Trump besiegen wollen. Seine Rede war nur kurz, aber ganz besonders wichtig", findet VERDENS GANG aus Oslo.
Auch die US-amerikanische Zeitung NEW YORK TIMES analysiert in ihrer Online-Ausgabe den Auftritt des Vize-Präsidentschaftskandidaten: "Von der Bühne aus vollzog Walz eine atemberaubende Verwandlung vom wenig bekannten Gouverneur zur führenden Parteifigur. Vor einem Monat noch war er vielen Amerikanern außerhalb Minnesotas unbekannt. In gewisser Weise ist Walz, der oft von 'Freude' spricht - und das Auftreten eines Mannes hat, der sein Glück immer noch nicht fassen kann - die menschliche Verkörperung der Energiewende der Demokratischen Partei in diesem Sommer."
Die russische Zeitung KOMMERSANT, die einem kremlnahen Oligarchen gehört, verweist auf einen Stimmungswechsel in den USA: "Laut jüngsten Wählerbefragungen genießt Kamala Harris mittlerweile die Unterstützung von 46,6 Prozent der Bevölkerung, während Donald Trump nur noch auf 43,8 Prozent kommt. Doch überzogener Optimismus kann gefährlich sein. Der Parteitag der Demokraten ist eine lebhafte Feier der Einheit und Energie einer Partei, die in den Umfragen aktuell führend ist und über das Wertvollste verfügt, was ein Wahlkampf haben kann: Schwung. Aber man erinnere sich daran: Vor etwas mehr als einem Monat verließ auch Donald Trump triumphierend die Bühne des Republikanischen Nationalkonvents, scheinbar auf dem klaren Weg zum Sieg", gibt der KOMMERSANT aus Moskau zu bedenken.
Trump scheint durch sinkende Umfragewerte derzeit tatsächlich in einer schlechteren Poistion zu sein, vermutet die französische Zeitung LIBÉRATION: "Er ist vor allem nicht in der Lage, dem von Harris geschaffenen positiven Elan etwas entgegenzusetzen, dessen Schlüsselwörter – Hoffnung, Freude, Zukunft – für ihn unbegreifbar zu sein scheinen. In den letzten Tagen scheint sich der republikanische Kandidat in eine alternative Realität verkrochen zu haben, in der Statistiken über Kriminalität, Einwanderung und Wirtschaft mal übertrieben und mal völlig erfunden sind. Kamala Harris muss nun mit ihrer Ansprache auf dem Parteitag der Demokraten beweisen, dass sie auf der Welle der Hoffnung reiten kann, die ihre Kandidatur bis zum Weißen Haus trägt – und Rassisten und Verschwörungstheoretiker draußen lässt", empfiehlt LIBÉRATION aus Paris.
Die schwedische Tageszeitung DAGENS NYHETER aus Stockholm fragt: "Haben die Demokraten den Trump-Code geknackt - oder wird das hier so enden wie für Hillary Clinton 2016? Die Demokraten sind geeint. Sie sind froh. Und nach Barack Obamas Rede am Dienstagabend sind sie 'fired up and ready to go'. Es gibt tatsächlich gute Gründe, zu glauben, dass Kamala Harris auf dem Weg zum Sieg ist. Es gibt auch Grund zu der Annahme, dass etwas Großes passieren wird - dass Trump dieses Mal tatsächlich so deutlich verlieren wird, dass seine Partei ihm ein für alle Mal den Rücken zukehrt. Aber es gibt mindestens genauso viele Gründe zu der Annahme, dass das hier wie im Jahr 2016 enden wird", hebt DAGENS NYHETER hervor.
Die mexikanische Zeitung LA RAZON stellt fest, Kamala Harris habe innerhalb weniger Wochen "nicht nur die Partei geeint, sondern ist auch zu einem landesweiten Phänomen geworden. Viele lassen sich von ihrer Energie mitreißen, die an Obamas ersten Wahlkampf 2008 erinnert. Dabei war Kamala Harris bis zu ihrer Übernahme der Kandidatur in den USA nicht besonders beliebt. Dass sie jetzt einen solchen Aufstieg hingelegt hat, ist nicht etwa irgendein Zufall oder den Umständen geschuldet. Vielmehr zeigt dieser Nominierungsparteitag, dass Harris jahrelang hervorragende politische Arbeit geleistet hat. Dazu gehört ihre Zeit in Kalifornien, wo sie von der Generalstaatsanwältin zur beliebten und charismatischen Senatorin aufstieg", notiert LA RAZON aus Mexiko-Stadt.
Die belgische Zeitung DE TIJD aus Brüssel bewertet die wirtschaftspolitischen Pläne, die Harris im Fall eines Wahlsiegs angekündigt hat. Sie wolle zum Beispiel Preiskontrollen für Lebensmittel einzuführen, um "der Profitgier von Konzernen einen Riegel vorzuschieben. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass dies nicht funktioniert, denn es sendet die falschen Signale an Verbraucher und Erzeuger, führt zu einer Verknappung des Angebots und letztlich zu zusätzlichem Preisauftrieb. Ein ähnliches Problem gibt es mit dem Vorhaben von Harris, Erstkäufern eines Hauses einen Zuschuss von 25.000 Dollar zu gewähren. Das erklärte Ziel ist es, jungen Familien den Erwerb von Wohneigentum zu erleichtern. Aber jeder Ökonom weiß, wie sich eine solche Subvention auswirkt: Sie wird die Hauspreise in die Höhe treiben", erläutert DE TIJD.
Nach Einschätzung der tschechischen Wirtschaftszeitung HOSPODARSKE NOVINY überzeugen beide Kandidaten mit ihren Strategien nicht: "Zwar werden die aktuellen Äußerungen der demokratischen Kandidatin Kamala Harris über Preisregulierung, höhere Steuern und 'habgierige Konzerne' in der Geschäftswelt mit Missfallen aufgenommen. Doch die Wirtschaft wünscht sich in erster Linie Stabilität - und diese bietet auch der Kandidat der Republikaner nicht. Donald Trumps Rufe nach Rache für seine Niederlage vor vier Jahren sorgen für Nervosität. Dass er das Ergebnis der Wahl von 2020 bis heute nicht anerkennt, hat seinem Ruf in Wirtschaftskreisen erheblich geschadet", vermutet HOSPODARSKE NOVINY.
Themenwechsel. Die spanische Zeitung LA VANGUARDIA aus Barcelona geht auf den Handelskonflikt zwischen China und der Europäischen Union ein: "Gerade laufen in Peking die Vorbereitungen für Repressionen als Reaktion auf den Vorstoß der EU-Kommission, die Zölle für chinesische Elektroautos zu erhöhen. Der Grund dafür sind die hohen staatlichen Subventionen, die die Hersteller in China erhalten, was als unfair im Vergleich zu Europa gesehen wird. Dasselbe lässt sich für die chinesischen Molkereiunternehmen vermuten. Die chinesischen Behörden selbst erklären, man ermittle wegen Dumpingvorwürfen seitens der Europäer und ihrer Molkereibranche. In einem Handelskrieg achtet jede Seite darauf, dass sie möglichst viel Druck ausübt - und Opfer sind nun die europäische Agrarwirtschaft und die Lebensmittelindustrie", urteilt LA VANGUARDIA.
Die chinesische Zeitung HUANQIU SHIBAO aus Peking, ein Presseorgan der Kommunistischen Partei, erwartet mit Blick auf die Strafzölle: "Die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Autohersteller wird durch diese protektionistischen Maßnahmen kein bisschen gestärkt. Vor allem werden die Interessen der Verbraucher verletzt. Ohne die zusätzlichen Zölle hätte ein Europäer für 30.000 Euro ein elektrisches Fahrzeug erwerben können, demnächst muss er 10.000 Euro mehr bezahlen. Wie der Kontinent die Entwicklung weg von den Verbrennungsmotoren vorantreiben will, ist rätselhaft. Europas Wahnvorstellung von der Bedrohung aus China ist das eigentliche Problem. Es ist nur folgerichtig, dass China mit Gegenmaßnahmen die eigenen Unternehmen schützt." Das war zum Ende der Presseschau die Meinung von HUANQIU SHIBAO.