24. August 2024
Die internationale Presseschau

Mit Stimmen zum US-Wahlkampf und zur politischen Situation in Venezuela. Zunächst geht es aber um den Besuch des indischen Premierministers Modi in der Ukraine:

Indiens Premierminister Modi und der ukrainische Präsident Selenskyj drücken sich die Hände.
Indiens Premierminister Modi und der ukrainische Präsident Selenskyj bei einem Treffen in Kiew. Es war der erste Besuch eines indischen Regierungschefs in der Ukraine. (picture alliance / ASSOCIATED PRESS / Ukrainian Presidential Press Office)
Die indische Zeitung THE HINDU bemerkt: "Als einer von ganz wenigen Staats- und Regierungschefs seit Ausbruch des Ukraine-Krieges hat Modi nach Moskau nun auch Kiew besucht. Indien hat als Stimme des globalen Südens ein Interesse daran, dass der Krieg und die damit einhergehenden Sanktionen die Entwicklungsländer nicht weiter belasten. Bisher hat Modi jedoch nicht viel mehr getan, als bei Bedarf Botschaften zu übermitteln und Russland und die Ukraine zu ermutigen, direkt miteinander zu verhandeln. Modis Besuch in Kiew war deshalb vor allem ein symbolischer. Die globalen Friedensbemühungen hat er nicht grundlegend vorangebracht", befindet THE HINDU aus Chennai.
THE TRIBUNE - ebenfalls aus Indien - notiert: "Im Ukraine-Krieg geht es inzwischen weniger um Sieg oder Niederlage, sondern viel mehr um den anhaltenden Streit zwischen Russland und den USA über Russlands Platz in der Welt. Diejenigen im Westen, die Indien dafür verurteilen, dass es sich weigert, die russische Invasion in der Ukraine zu verurteilen, sollten auf sich selbst schauen. Tun diese Staaten zum Beispiel irgendetwas, um Israel daran zu hindern, Krankenhäuser, Schulen oder UNO-Einrichtungen in Gaza zu bombardieren? Auch als die USA 2003 beschlossen, den Irak zu bombardieren, gab es keine Einwände", hebt die indische THE TRIBUNE aus Chandigarh hervor.
Die russische Zeitung KOMMERSANT aus Moskau schreibt: "Die Ukraine versucht, neutrale Länder des globalen Südens wie Indien auf ihre Seite zu ziehen. Bei seinem Treffen mit Selenskyj forderte Modi Moskau und Kiew auf, sich zusammenzusetzen und Wege aus der Krise zu finden. Es ist indes unwahrscheinlich, dass aus dem Gespräch von Modi und Selenskyj mehr wird als nur ein Meinungsaustausch.“
In der chinesischen Zeitung HUANQIU SHIBAO aus Peking ist zu lesen: "Es ist nicht auszuschließen, dass der indische Premierminister mit dem Besuch in Kiew seinen bisherigen Russland-nahen Kurs justieren möchte. Denn für diesen wird er vom Westen kritisiert und unter Druck gesetzt. Aus geopolitischen Überlegungen kann es sich Neu-Delhi allerdings nicht leisten, Moskau komplett den Rücken zu kehren."
Die türkische Online-Zeitung T24 nimmt die Rolle Chinas in den Blick und stellt fest: "Die internationale Isolierung Russlands durch den anhaltenden Ukraine-Krieg ist für China wertvoll. Das Handelsvolumen zwischen den beiden Ländern ist im vergangenen Jahr um fast 50 Prozent gestiegen. China ist zum größten Abnehmer russischen Öls geworden. Je länger der Krieg in der Ukraine andauert, desto mehr wird China davon profitieren. Dennoch haben sich die Beziehungen zwischen Peking und Moskau zuletzt etwas abgekühlt. Denn auch in China wird nun laut ausgesprochen, was offensichtlich ist: Dass Russland aus dem Ukraine-Krieg nicht als Sieger hervorgehen kann. Der Rückschlag bei Kursk ist ein Beleg dafür", beobachtet T24 aus Istanbul.
Ein Gast-Kommentator des britischen GUARDIAN kommt zu einer anderen Bewertung: "Wladimir Putin ist zuversichtlich, dass er den Krieg fortsetzen kann, und hat es nicht eilig, Verhandlungen aufzunehmen. Zum Teil handelt es sich dabei einfach um Hybris, zum Teil ist es auch Kalkül. Auch wenn er nicht besonders gut im Führen von Kriegen ist, so ist es ihm doch hervorragend gelungen, eine Gehirnwäsche durchzuführen und einen Großteil der russischen Öffentlichkeit hinter seinem militanten Imperialismus zu versammeln. Und er profitiert von der Unsicherheit der Europäer, die immer noch abwarten, was die USA in Bezug auf die Ukraine tun oder nicht tun werden. Europa selbst ist hoffnungslos gespalten in diejenigen, die den Ehrgeiz haben, eine energischere Haltung zur Ukraine einzunehmen, aber vielleicht nicht die Mittel dazu haben (zum Beispiel die baltischen Staaten und Polen), und diejenigen, die die Mittel haben, aber eindeutig nicht den Ehrgeiz (zum Beispiel Deutschland)", meint ein Gast-Kommentator des GUARDIAN aus London.
Auch die schwedische Zeitung DAGENS NYHETER aus Stockholm übt Kritik an der Bundesregierung: "Kanzler Scholz hat offenbar seine Koalition gerettet, indem er große Einsparungen im Haushalt vornimmt und eine Halbierung der Hilfe für die Ukraine in Kauf nimmt. Der Ausgang des Ukraine-Kriegs ist die große Frage unserer Zeit. Es ist verheerend, dass Deutschland darauf mit einer solchen Gleichgültigkeit reagiert."
Nun zum Wahlkampf in den USA. Die norwegische Zeitung VERDENS GANG kommentiert den Rückzug des unabhängigen Präsidentschaftskandidaten Kennedy, der von jetzt an den Kandidaten der Republikaner, Trump, unterstützen will: „Robert Kennedy jr. bezeichnete Trump einst als Soziopathen und schlechtesten US-Präsidenten aller Zeiten. Trump ordnete Kennedy dafür der radikalen Linken zu und behauptete, er sei das dümmste Mitglied des Kennedy-Clans. Aber siehe da: Nun standen die beiden gemeinsam in Arizona auf dem Podium und sprachen gesittet übereinander, nachdem Kennedy seine eigene Kampagne eingestellt hat. Es ist unklar, welche Folgen diese 180-Grad-Wende für die Wahlen hat. Umfragen zeigen, dass Kennedys potenzielle Wähler ziemlich genau zur Hälfte zu Harris und Trump tendieren. Aber das Endergebnis dieser Wahl könnte wieder sehr knapp ausfallen, sodass sich ein Effekt nicht ausschließen lässt", argumentiert VERDENS GANG aus Oslo.
"Wäre er nicht von Geburt an mit einem verehrten Namen gesegnet, wäre Robert F. Kennedy Jr. vielleicht nie zu etwas anderem als einem Spinner am Rande der Gesellschaft geworden", urteilt die WASHINGTON POST: "Zum Entsetzen seiner Großfamilie hat RFK Jr. immer wieder den Namen Kennedy besudelt, indem er Fehlinformationen und Verschwörungstheorien verbreitete, vor allem solche, die das öffentliche Vertrauen in Impfstoffe untergraben. Seine bizarre Kampagne für das Präsidentenamt war eine Peinlichkeit. Aber seine Unterstützung für Donald Trump ist ein Verrat höheren Ranges. Indem er sich mit einem ehemaligen Präsidenten verbündet, der Intoleranz und Spaltung predigt, hat er die Prinzipien, für die Generationen von Kennedys gestanden haben, über Bord geworfen", betont die WASHINGTON POST.
Themenwechsel. In Venezuela hat der Oberste Gerichtshof den Wahlsieg von Präsident Maduro bestätigt. Die Zeitung LA TERCERA aus Chile hält fest: "Das ist nur das letzte Glied in einer langen Kette von Betrugsfällen, mit dem das Regime in Caracas auf groteske Weise den Willen der Bevölkerung verzerrt. Obwohl die Wahl jetzt schon fast einen Monat zurückliegt, konnten weder die Wahlbehörde noch der Gerichtshof - beide Institutionen sind dem Regime hörig - einen Sieg Maduros eindeutig nachweisen oder die Belege der Opposition wiederlegen. Aber Maduro triumphiert und bezeichnet die Wahl als Vorbild für die ganze Welt. Es kann gar kein Zweifel daran bestehen, dass wir es bei Venezuela mit einer Diktatur zu tun haben, die Wahlen fälscht und Andersdenke unterdrückt", schreibt LA TERCERA aus Santiago de Chile.
Die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG erläutert: "Maduro kann sich weiterhin auf die Armee, die Polizei und die Colectivos – vom Regime bewaffnete Zivilisten, die besonders in den Armenvierteln aktiv sind – verlassen. Die Spitzen der Sicherheitskräfte sind eng mit dem Regime verhängt. Sie profitieren nicht nur wirtschaftlich davon, sondern sind auch in kriminelle Machenschaften wie den Drogenhandel eingebunden. Nach einem Sturz Maduros müssten sie damit rechnen, zur Verantwortung gezogen zu werden. Außerdem überwacht ein mit kubanischer Hilfe aufgezogener Geheimdienst alle Angehörigen der Sicherheitskräfte, damit sie auf Linie bleiben. Erst klare Absetzbewegungen in deren Reihen wären ein Zeichen, dass sich das Maduro-Regime wirklich seinem Ende zuneigt."