05. September 2024
Die internationale Presseschau

Heute mit Stimmen zur Kabinettsumbildung in der Ukraine und der Krise beim Autobauer Volkswagen. Das erste Thema ist aber das China-Afrika-Forum, das derzeit in Peking stattfindet.

Peking: António Guterres (3.v.r), Generalsekretär der UN, steht in der Großen Halle des Volkes hinter einer Rednerbank. Neben und hinter ihm andere Teilnehmer.
In Peking findet das China-Afrika-Forum statt - ein Thema der internationalen Presseschau. (Johannes Neudecker / dpa / Johannes Neudecker)
Die chinesische Zeitung HUANQIU SHIBAO führt aus: "Über 50 Staatschefs des afrikanischen Kontinents und der UNO-Generalsekretär Guterres nehmen am Forum der China-Afrika-Kooperation teil. Westliche Medien, die stets kritisch über die beiderseitige Zusammenarbeit berichten und gebetsmühlenartig die afrikanische Schuldenproblematik zum Anlass nehmen, um China anzuprangern, afrikanische Länder bewusst in Abhängigkeit zu bringen, müssen mit Erstaunen feststellen, dass der Kontinent sehr wohl von den Kooperationen profitiert. Die Zusammenarbeit soll in den Bereichen Gesundheit, Finanzen, Digitalisierung und E-Mobilität ausgeweitet werden. Die chinesisch-afrikanische Schicksalsgemeinschaft von 2,8 Milliarden Menschen ist ein mustergültiges Beispiel der internationalen Zusammenarbeit und kann neue Vitalität der Weltwirtschaft verleihen", ist sich HUANQIU SHIBAO aus Peking sicher.
"Die Partnerschaft zwischen China und Tansania sollte auf gegenseitigem Respekt, gemeinsamen Zielen und einer Verpflichtung zu Transparenz und Rechenschaftspflicht beruhen", fordert die Tageszeitung DAILY NEWS aus Dar es Salaam: "Wenn wir in die Zukunft blicken, ist es wichtig, sich an die Worte des früheren Präsidenten Tansanias, Julius Nyerere, zu erinnern: 'Unabhängigkeit bedeutet Eigenständigkeit, bedeutet nationale Stärke, bedeutet Würde, bedeutet, dass wir unsere eigene Lebensweise wählen und unser eigenes Fortschrittsmodell entwickeln können.' Wenn Tansania sich diese Vision zu eigen macht und mit China zusammenarbeitet, kann es seine Entwicklungsziele erreichen und eine bessere Zukunft für sein Volk schaffen", folgert die DAILY NEWS.
Die türkische Zeitung CUMHURIYET beobachtet: "Die USA sind das Land, das sich am meisten über die Zusammenarbeit zwischen China und Afrika aufregt. Die Amerikaner werfen China vor, Afrika auszubeuten und in die Schuldenfalle zu treiben. Diese Vorwürfe sind haltlos. Die afrikanischen Länder profitieren von den günstigen Krediten und Investitionen Chinas. Und China ist für Afrika ein sehr wichtiger Markt. Und wenn es eine Schuldenfalle und ein neues Ausbeutungsverhältnis gäbe, dann würden die afrikanischen Länder nicht so viel Wert auf die Zusammenarbeit mit China legen", betont CUMHURIYET aus Istanbul.
In einem Gastkommentar in der venezolanischen Zeitung ULTIMAS NOTICIAS aus Caracas heißt es: "Es waren einst die Europäer, die Afrika kolonialisierten, und heute taucht Afrika fast immer nur in Verbindung mit Begriffen wie 'Krieg', 'Armut' und 'Chaos' auf. Die Praxis hat gezeigt, dass Europa und die USA nicht in der Lage sind, Afrika Frieden, Entwicklung und Stabilität zu bringen. Die Kooperation zwischen China und Afrika bedeutet dagegen, dass sich beide Seiten gegenseitig helfen und gemeinsame Interessen verfolgen. Auch bezeichnen mehrere afrikanische Präsidenten China als Freund und Partner. Es ist daher zu erwarten, dass vom diesjährigen Treffen neue Impulse für eine Modernisierung ausgehen - und zwar weltweit", schreibt der Gastkommentator in ULTIMAS NOTICIAS aus Caracas.
Themenwechsel: In der Ukraine werden mehrere Minister ausgetauscht. Die Tageszeitung JIEFANG RIBAO aus Shanghai unterstreicht: "Seit über zwei Jahren hat es in der Ukraine eine Regierungsumbildung in diesem Umfang nicht gegeben. Selbst das Präsidentenamt und das Außenministerium, die für die Kontaktpflege mit den westlichen Staaten und somit die Sicherung der Waffenlieferung verantwortlich sind, sind betroffen. Was bezweckt Präsident Selenskyj damit? Scheinbar schätzt er die Lage in diesem Herbst so ernst ein, dass er die Einsätze neuer Kräfte in vielen Bereichen für notwendig hält. Kiew ist mit zwei Herausforderungen konfrontiert. Das Land muss sich im Osten gegen immer härtere Angriffe aus Russland verteidigen. Außerdem gibt es noch das 1.000 Quadratmeter große Gebiet im russischen Kursk zu kontrollieren. Es ist noch zu früh zu beurteilen, ob das Neuordnen des Kabinetts sinnvoll ist. Ganz ohne Risiko ist es nicht", soweit JIEFANG RIBAO aus Shanghai.
Nun zur NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG. Darin ist zu lesen: "Selenskyj steht unter enormem Druck. Die Anspannung ist ihm anzusehen, die Frustration über Rückschläge im Kampf gegen Russland ebenfalls. In dieser Situation will er seine Regierungsmannschaft zu äußerstem Einsatz antreiben. Niemand soll es sich auf einem Posten gemütlich machen, allen soll die Furcht vor einer Absetzung bei mangelnden Resultaten im Nacken sitzen. Auf diese Weise stärkt Selenskyj auch seine eigene Macht; das ist klar. Aber er signalisiert zugleich, dass er seinem prowestlichen Kurs treu bleibt und dabei neue Kräfte aus der Reserve holt", befindet die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG.
Die tschechische Zeitung HOSPODARSKE NOVINY spielt den politischen Einfluss der Minister herunter: "Man muss sich bewusst machen, dass das ukrainische Regierungssystem auf einem starken Präsidenten beruht. Das hat sich während des Krieges noch verstärkt. Die Regierung ist eigentlich nicht mehr als eine Serviceorganisation für Präsident Selenskyj und den Leiter des Präsidialamts, Jermak. Aber je länger der Krieg andauert, desto stärker werden die Verbündeten die ukrainische Politik kritisch unter die Lupe nehmen", prognostiziert HOSPODARSKE NOVINY aus Prag.
Die französische Tageszeitung LE FIGARO befasst sich mit dem zurückgetretenen Außenminister Kuleba: "Nach Selenskyj war er seit Kriegsbeginn das Gesicht und die Stimme der Ukraine im Ausland. Mit seinem klaren Denken, dem Humor in seinen Worten, die er immer richtig wählte, seiner lässigen Art, seiner Offenheit, hatte der zugänglichste ukrainische Minister die meisten westlichen Hauptstädte erobert. Viereinhalb Jahre an der Spitze des Außenministeriums, davon dreißig Monate während des Krieges, um die Verbündeten der Ukraine Tag für Tag, oft vergeblich, um eine Verstärkung der politischen und militärischen Hilfe zu bitten: das war genug. Seit einem Jahr wirkte der junge Chef der ukrainischen Diplomatie besorgt. Und in Interviews lächelte er immer weniger", erinnert LE FIGARO aus Paris.
Zum Abschluss zur Krise bei VW. Die österreichische Zeitung DIE PRESSE aus Wien macht der deutschen Politik schwere Vorwürfe: "Was derzeit mit der Autoindustrie vor allem in Deutschland passiert, ist ein Lehrbeispiel für die verheerenden Folgen von politischer Einmischung und politischer Beliebigkeit. Es begann mit dem Verbot von Verbrennungsmotoren. Die Autoindustrie nahm dieses zähneknirschend zur Kenntnis und stellte sich entsprechend um: allen voran der Volkswagen-Konzern. Milliarden Euro wurden in eine neue Elektro-Modellpalette und in neue Fabriken investiert. Und was passiert dann? Die Politik beginnt, ihren Plan wieder infrage zu stellen. Die Folge sind verunsicherte Kunden, die am Ende beim teuren Autokauf doch keine Zugeständnisse machen wollen. Dazu kommen gestrichene Förderungen in Deutschland. Plötzlich sind alle Pläne der Hersteller Makulatur, weil E-Autos kaum gekauft werden. Die Konsequenzen sieht man aktuell bei VW, das in eine veritable Krise gestürzt ist", unterstreicht DIE PRESSE aus Wien.
Die polnische Zeitung DZIENNIK GAZETA PRAWNA analysiert: "Seit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine im Jahr 2022, der zu einer Energiekrise führte, ist die deutsche Industrie, der eine billige Energiequelle entzogen wurde, in eine Krise geraten, von der sie sich bis heute nicht erholt hat. Deutsche Produkte haben an Wettbewerbsfähigkeit auf den Weltmärkten verloren. Dies gilt auch für die Automobilindustrie, die der Stolz der deutschen Wirtschaft ist. Gleichzeitig ist VW eines der Unternehmen, die Marktanteile verlieren. In den vergangenen zehn Jahren verkaufte VW mehr als zehn Millionen Autos pro Jahr und war der Weltmarktführer. Jetzt musste der Konzern den Platz an Toyota abgeben", bemerkt DZIENNIK GAZETA PRAWNA aus Warschau.