14. September 2024
Die internationale Presseschau

Die Reise von Papst Franziskus in Südostasien und der US-Wahlkampf sind Thema. Zunächst aber geht es um die Debatte über den ukrainischen Einsatz von westlichen Langstreckenwaffen gegen Russland.

Eine Porträtaufnahme Vladimir Putins.
Eine Porträtaufnahme Vladimir Putins. (picture alliance / ZUMAPRESS.com / Vyacheslav Prokofyev / Kremlin Poo)
Der russische Präsident Putin drohte, dass durch eine Erlaubnis zum Einsatz von Waffen in Russland die NATO in den Krieg eintrete. Die britische Zeitung THE INDEPENDENT erinnert: "Im Verlauf des Kriegs hat Putin immer wieder düstere Drohungen als Reaktion auf die NATO ausgestoßen. Er tat dies jedes Mal, wenn Sanktionen verhängt wurden. Er drohte, als mehr tödliche und offensive Waffen an Kiew geliefert wurden. Er drohte auch, als sich Finnland und Schweden Schutz suchend um den Beitritt zur NATO bemühten. Und jetzt tut er es erneut. Die Geschichte lehrt uns, dass die einzige Möglichkeit, einen Diktator zu stoppen, der auf territoriale Expansion aus ist, darin besteht, ihm die Stirn zu bieten. Es sollte einfach keine Option sein, Putins Erpressungsversuchen jetzt nachzugeben", unterstreicht THE INDEPENDENT aus London.
"Putin setzt auf Heuchelei der Extraklasse", findet die schwedische Zeitung DAGENS NYHETER: "Schon lange bezieht Russland Drohnen und andere Waffen aus Nordkorea und dem Iran und schreckt nicht davor zurück, sie gegen ukrainische Städte einzusetzen. Seit dem russischen Überfall im Februar 2022 galt immer die gleiche Wahrheit: Wenn der Westen geeint auftritt und an seiner Unterstützung für die Ukraine festhält, kann Putin seinen Krieg nicht gewinnen. Leider gilt aber auch eine andere Wahrheit: Die Hilfe war zu gering und kam oft zu spät. Insofern war Putin mit seinen Drohgebärden erfolgreich. Nicht nur an der Front ist die Lage ernst: Die westliche Hilfe wird auch von diversen politischen Kräften in vielen westlichen Ländern in Frage gestellt. Putins nützliche Idioten sprechen von 'Kriegsmüdigkeit', obwohl praktisch nur die Ukrainer vom Krieg direkt betroffen sind. Oder sie sprechen von 'Friedensverhandlungen', obwohl damit immer nur gemeint ist, dass die Ukraine nachgeben soll. Es gibt nur eine geeignete Antwort an Selenskyj: 'Setzen Sie Ihre Waffen so gut wie möglich ein, sodass Sie den Krieg gewinnen und Putin stoppen'", ist DAGENS NYHETER aus Stockholm überzeugt.
Die türkische Zeitung YENI ŞAFAK warnt dagegen: "Putins Drohung kann man nicht als 'Bluff' abtun. Washington hält sich zwar bei der Genehmigung von Langstreckenwaffen bedeckt. London dagegen verhält sich, als wolle Großbritannien direkt in den Krieg eingreifen. Selenskyj kann es kaum erwarten, russische Ziele anzugreifen. Welche Rolle spielt dabei der Iran? Die Information, dass der Iran Raketen an Russland liefert, hat die Haltung der Amerikaner verändert. Denn Teheran und Moskau stehen kurz vor der Unterzeichnung eines strategischen Abkommens. Das stört auch den Westen. Hier kommt der Plan ins Spiel, Kiew einen Freibrief auszustellen, Russland mit Raketen zu beschießen. Kann dieser Plan sorgfältig kalibriert werden, ohne globale Komplikationen zu verursachen? Das ist zu bezweifeln", kommentiert YENI ŞAFAK aus Istanbul.
Die spanische Zeitung LA VANGUARDIA analysiert: US-Präsident "Biden ist sehr zurückhaltend, was den Einsatz westlicher Langstreckenwaffen gegen Ziele in Russland betrifft. Offenbar befürchtet er eine militärische Eskalation nur knapp zwei Monate vor den Präsidentschaftswahlen in den USA, und der große Profiteur wäre dann Trump. Der Kandidat der Republikaner fordert eine Kürzung der Hilfen für die Ukraine, um Kiew zu zwingen, die Bedingungen des Kreml für einen Waffenstillstand anzunehmen. Frankreich und Großbritannien sind der Ansicht, dass die Ukraine frei handeln darf, während man im Weißen Haus die Drohungen aus Moskau überaus ernst nimmt. Das Zögern Bidens ist riskant und wird sich nicht dauerhaft durchhalten lassen. Aber wenn er jetzt nachgibt, könnte eine Kettenreaktion mit unabsehbaren Folgen ausgelöst werden", erwartet LA VANGUARDIA aus Barcelona.
LA REPUBBLICA aus Italien notiert mit Blick auf die USA und inbesondere den Wahlkampf dort: "In der Debatte mit Kamala Harris antwortete Donald Trump nicht direkt auf die Frage eines Moderators zur Ukraine. Aber er sagte mit einer unbegründeten Zuversicht, dass er noch vor Amtsantritt einen Waffenstillstand herbeiführen werde, indem er die US-Hilfen für die Ukraine als Druckmittel gegen Kiew einsetze. Weniger klar ist, welchen Druck er auf Putin ausüben könnte. Die Kandidatin der Demokraten wiederum setzt in der Ukraine-Frage auf Kontinuität, was allmählich nicht mehr ausreicht. Allgemein zeichnet sich folgendes Szenario ab: Egal ob Trump gewinnt oder Harris: Amerika wird weiterhin mit sich selbst beschäftigt sein. Und Europa wird zunehmend allein dastehen", befürchtet LA REPUBBLICA aus Rom.
In einem Gastkommentar der GULF TIMES aus Katar geht es ebenfalls um den US-Wahlkampf, allerdings mit dem Fokus auf internationale Wirtschaftsbeziehungen. "Wer auch immer im November das Weiße Haus gewinnt, muss eine stärkere Verbindung zwischen nationaler und wirtschaftlicher Sicherheit herstellen. Niemand muss davon überzeugt werden, dass die Welt gefährlicher geworden ist. Jeden Abend kann man in den Nachrichten sehen, wie Raketen im Libanon, auf der Krim oder in Nordkorea gestartet werden. Aber es ist noch gefährlicher, wenn die US-Wirtschaftspolitik nicht zwischen feindlichem Feuer und freundlichem Wettbewerb unterscheidet. Die Amerikaner sollten mit denjenigen Handel treiben, die mit uns auf den Schlachtfeldern - und bei der Verteidigung der Demokratie - im Gleichschritt marschieren." So weit ein Gastkommentar aus der GULF TIMES, die in Doha erscheint.
Die SOUTH CHINA MORNING POST aus Hongkong befasst sich mit Pekings US-Politik: "China ist der Ansicht, dass die Zusammenarbeit mit den USA wichtig ist, insbesondere in Wahlkampfzeiten. Die beiden Armeen müssen miteinander kommunizieren, um das Risiko gefährlicher Fehleinschätzungen oder von Unfällen zu verringern. Peking ist sich aber auch bewusst, dass sich die US-Strategie zur Eindämmung des Aufstiegs Chinas und der Druck in Bezug auf das Südchinesische Meer und Taiwan nicht ändern werden, egal wer im Weißen Haus sitzt."
Papst Franziskus hat seine Asienreise beendet. Ein Stopp seiner Reise war Indonesien. Die dort erscheinende JAKARTA POST bilanziert: "Der Pontifex beglückwünschte Indonesien dazu, dass es 'einen Raum für den Dialog und die Schaffung eines Gefühls des gegenseitigen Respekts zwischen den verschiedenen Religionen' biete. Er bezog sich dabei auf die sechs offiziell anerkannten Religionen Buddhismus, Katholizismus, Konfuzianismus, Hinduismus, Islam und Protestantismus. Dies wirft jedoch die Frage auf: Wird der gegenseitige Respekt im heutigen Indonesien wirklich praktiziert? So sehr wir auch hoffen, dass die interreligiöse Harmonie in allen Teilen unseres Landes wirklich gelebt wird, dürfen wir doch nicht die Augen vor dem religiösen Extremismus, der Intoleranz und der Diskriminierung der Vergangenheit verschließen. Das Problem ist, dass sie oft durch drakonische staatliche Vorschriften ausgelöst oder gerechtfertigt werden, sei es auf nationaler oder regionaler Ebene", kritisiert die JAKARTA POST.
Die US-Zeitung SANTA FE NEW MEXICAN fasst die Reise so zusammen: "Dies war ein klarer Aufruf in einer Welt, in der die Religion zum Schüren von Konflikten benutzt wird, sowohl in Kriegen, die mit dem Verlust von Menschenleben einhergehen, als auch in giftigen Kulturkämpfen. Auf globaler Ebene bedeutet dies, den Frieden zu suchen, das Wohlstandsgefälle zwischen Menschen und Nationen zu verringern und die Umwelt für die Zukunft der Menschheit zu bewahren. Diese Botschaft muss in den Vereinigten Staaten in diesem zunehmend unangenehmen Wahlkampf Gehör finden."