Das israelische Militär hat in der Nacht eine Bodenoffensive im benachbarten Libanon begonnen. Die JERUSALEM POST liefert eine erste Einschätzung. "Ein Hauptaugenmerk der Invasion wird darauf liegen, die Infrastruktur der Hisbollah zu zerstören, die deren Kräfte hätten nutzen können, um nach Israel vorzudringen und die nördlichen Grenzstädte dort zu bedrohen." Weiter heißt es in der Zeitung: "Die Uhr in Richtung einer Bodenoffensive hatte sich zuletzt immer schneller gedreht. So zeigten sich hochrangige Quellen in den Reihen der israelischen Streitkräfte äußerst überrascht darüber, wie wenig wirksam die Hisbollah in den letzten zwei Wochen und insbesondere seit der Tötung ihres Anführers Nasrallah auf die israelischen Militärschläge reagiert hat." Sie hörten die JERUSALEM POST.
Auch das israelische Portal YNETNEWS, das zur Zeitung JEDIOT ACHARONOT gehört, befasst sich mit der Bodenoffensive. Das Militär habe die politischen Entscheidungsträger offenbar von dem Einsatz überzeugen können, heißt es. "Dennoch, so die Streitkräfte, wird das ein schwierigeres und komplexeres Manöver sein als das gegen die Hamas. Die Hisbollah hat einige ihrer Möglichkeiten noch gar nicht genutzt, darunter etwa die unterirdischen Bunker, die eigens für den Kampf gegen das israelische Militär gedacht sind. Die Armee dürfte mehrere Optionen für Bodenvorstöße haben. Die umfangreichste davon könnte bis ins Zentrum des Libanon führen. Dort verfügt die Hisbollah über Stützpunkte mit vielen Abschussrampen für Präzisionsraketen und wahrscheinlich auch über Einrichtungen für die Waffenproduktion", erläutert YNETNEWS aus Tel Aviv.
Die Zeitung HAARETZ ebenfalls aus Tel Aviv steuert kritische Gedanken bei. "Militäroperationen sind keinesfalls ein Ersatz für Diplomatie. Israel braucht jetzt eine entschlossene, eine moralische Opposition im Land - und zwar, um die sicherheitspolitische Hybris der isralischen Rechten herauszuforden, die jetzt glauben, alles tun zu können, was ihnen gefällt. Eine solche Opposition ist nicht nur notwendig, weil unsere Feinde - vom Iran über die Hisbollah bis zur Hamas - immer noch reagieren können. Sie ist es auch, damit an die Zeit nach dem Krieg gedacht wird. Tod und Zerstörung sind kein Selbstzweck." Sie hörten die israelische Zeitung HAARETZ.
Die japanische Zeitung CHUNICHI SHIMBUN ist der Ansicht, der israelische Ministerpräsident Netanjahu verlängere und erweitere den Krieg absichtlich - für sein eigenes politisches Überleben. "Israel verletzt mit seinen Angriffen die Souveränität des Libanons und verstößt durch eine wahllose Tötung der Zivilbevölkerung gegen das Völkerrecht. Sollten die Hisbollah oder der Iran ernsthaft mit einer Vergeltung beginnen, könnte das zu einem Flächenbrand in der gesamten Region führen. Um das zu verhindern, sollten die Staaten mit diplomatischen Verbindungen zum Iran - Japan eingeschlossen - von Teheran entschieden Zurückhaltung fordern." Das war CHUNICHI SHIMBUN aus Nagoya.
Die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG sieht die Haltung westlicher Länder kritisch. "Der Westen entblößt mit seiner gebetsmühlenhaften Forderung nach Deeskalation bloß seine eigene Distanziertheit und Machtlosigkeit. Natürlich ist das sinnlose tägliche Blutvergießen schockierend. Das rechtfertigt aber nicht, vor den Realitäten die Augen zu verschließen. Nicht immer ist Deeskalation der Weg zum Ziel. Manchmal braucht es auch einen mutigen militärischen Schlag, um einen mit terroristischem Furor vorgehenden Gegner entscheidend zu schwächen, bevor man über Frieden verhandeln kann." Das war die Meinung der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG.
Die FINANCIAL TIMES aus London hält dagegen: "Israels Wunsch, sein Abschreckungspotenzial wiederherzustellen, ist eine Sache. Aber sich kopfüber in immer neue Kriege zu stürzen - im Rausch des taktischen Erfolges und ohne klare Strategie - ist kein Rezept für langfristige Sicherheit und Stabilität. Weder für Israel noch für die Region."
Die panarabische Zeitung SHARQ AL-AWSAT schaut auf den Iran. "In Teheran ist man sich im Klaren darüber, dass die israelischen Angriffe bereits einen Großteil der Fähigkeiten der Hisbollah zunichte gemacht und den Einfluss Irans im Libanon auf Jahre geschwächt haben. Umso größer ist der Druck, unter dem die iranische Führung nun steht. Umgekehrt bietet sich für die arabischen Staaten die Möglichkeit, das politische Vakuum zu füllen, das durch die Ereignisse im Libanon entstanden ist", überlegt SHARQ AL-AWSAT mit Sitz in London.
LIANHE ZAOBAO aus Singapur greift den Gedanken auf. "Dieses Vakuum könnte einen Wandel im Nahen Osten herbeiführen, denn zusammen mit Hisbollah-Chef Nasrallah wurde ein großer Teil der Führungsriege der schiitischen Miliz ausgelöscht. Nur wenn es der muslimischen Welt gelingt, dass extremistische Strömungen ihre Anziehungskraft verlieren, kann der Kreislauf der Gewalt in der Region wirksam beendet werden."
Nun nach Österreich und zur Frage, wie es dort nach dem Erfolg der rechtspopulistischen FPÖ bei der Parlamentswahl weitergeht. "Die FPÖ schrieb Geschichte, indem sie die stärkste Partei wurde", kommentiert die dänische Zeitung JYLLANDS-POSTEN. "Die Frage ist die gleiche wie bereits in den Niederlanden und in Italien. In Dänemark war es fast schon einmal so weit, und auch in Deutschland, Frankreich und weiteren europäischen Ländern könnte sie bald aktuell werden: Was fängt man mit dem Zuspruch der Wähler für Parteien an, die in wesentlichen Punkten der Kernbotschaft der älteren etablierten Parteien widersprechen?"
"Es gibt mehrere Gründe für das Scheitern der etablierten politischen Parteien", findet die russische NESAWISSIMAJA GASETA aus Moskau. "Die Rechtspopulisten kritisierten während des Wahlkampfs die ihrer Meinung nach zu weiche Migrationspolitik der Regierung. Sie traten gegen die weitere Unterstützung der Ukraine an, für eine Aufhebung der Russland-Sanktionen und für Frieden in Europa durch Diplomatie. All diese Positionen sind, wie die Wahl zeigte, in Österreich beliebt."
"Ein zentrales Thema im Wahlkampf war die Wirtschaft", schreibt die estnische POSTIMEES aus Tallinn. "Und dabei ertönte aus den Reihen der FPÖ, dass man die Beziehungen zu Moskau trotz des Kriegs in der Ukraine normalisieren solle. Das ist zweifelsohne verstörend für all die Osteuropäer, die Repressionen durch Moskau aus eigener Erfahrung kennen. Offenbar haben viele Österreicher hier einen blinden Fleck und haben vergessen, dass auch über ihnen 1945 sowjetische Granaten niedergingen."
Die Zeitung DIE PRESSE aus Wien geht näher auf FPÖ-Chef Kickl ein. "Wenn ihm der Bundespräsident den Regierungsbildungsauftrag erteilt – und das sollte Alexander Van der Bellen tatsächlich tun, den bisherigen Gepflogenheiten entsprechend –, dann kann sich Herbert Kickl überlegen, ob er es gleich auf ein Scheitern anlegt oder einen neuen Weg einschlägt. Wie könnte dieser aussehen? Kickl müsste unter anderem vom Widerstand gegen die europäische Raketenabwehr Sky Shield abrücken, seine Haltung zur Ukraine überdenken und sich ganz generell vom verschwörungstheoretischen Milieu fernhalten. Die Frage ist nur, ob der FPÖ-Chef dazu fähig ist. In anderen Bereichen würde man mit der ÖVP schon irgendwie zusammenfinden", glaubt die Zeitung DIE PRESSE aus Österreich.
"Selbst wenn die FPÖ und die ÖVP ein Bündnis unter einem anderen Kompromisskanzler eingingen, zöge FPÖ-Chef Kickl weiterhin die Fäden", gibt der britische ECONOMIST zu bedenken. "In Europa haben sich einige rechtsgerichtete Spitzenpolitiker wie Giorgia Meloni als pragmatisch erwiesen, sobald sie an der Macht waren. Der FPÖ-Chef aber scheint eher nicht zu ihnen zu gehören. Sein selbsternanntes Vorbild ist der ungarische Regierungschef Orban, der sein Land seit seiner Machtübernahme 2010 in eine Quasi-Autokratie verwandelt hat", merkt THE ECONOMIST aus London an.