Die lettische Zeitung DIENA widmet sich den USA: „Der Hurrikan Milton hat nicht nur Verwüstungen im US-Bundesstaat Florida angerichtet, sondern er ist zusammen mit seiner Vorgängerin Helene zu einem politischen Faktor geworden. Milton und Helene sind nun in den Wahlkampf vorgerückt. Der republikanische Präsidentschaftskandidat Trump beschuldigt Bundesbehörden, die Katastrophe zu ignorieren. Tatsächlich könnte Milton zu einer sogenannten Oktober-Überraschung werden, wie man in den USA unerwartete Faktoren nennt, die im letzten Augenblick den Ausgang der Präsidentschaftswahlen beeinflussen können. Ginge es allein um Florida, wäre das für das Weiße Haus nicht allzu schlimm, weil die Demokraten nicht allzu heftig um diesen Bundesstaat kämpfen. Aber die Wirbelstörme haben auch Nachbarstaaten getroffen, und unter ihnen sind die Swing States Georgia und North Carolina, die am Ende den Ausschlag geben könnten“, unterstreicht DIENA aus Riga.
Auch der österreichische STANDARD meint: "In wenigen Wochen steht die Präsidentenwahl ins Haus, und der republikanische Kandidat Trump instrumentalisiert die Naturkatastrophen für seinen Wahlkampf, indem er die Regierung Bidens mit Falschbehauptungen über das Krisenmanagement angreift. In den sozialen Medien schießen zudem abstruse Verschwörungstheorien und auch antisemitische Attacken gegen Behördenmitarbeiter und Amtsträger wie die Schwammerln aus dem Bodensatz", sorgt sich DER STANDARD aus Wien.
Die polnische Zeitung RZECZPOSPOLITA sieht diese Gefahr ebenfalls: "In dieser Situation hat Trump keine Skrupel, das Unglück der Menschen auszunutzen. Zusammen mit seinem Vize Vance bereist er die zerstörten Städte und argumentiert, dass die Bundesbehörden Menschen in Not ihrem Schicksal überlassen hätten und der Staat sich nicht darum gekümmert habe, eine Infrastruktur aufzubauen, die Stürmen und Regengüssen standhalten könne. Die Wahrheit ist genau das Gegenteil. Es war die Regierung von Joe Biden, die ein gigantisches Programm zum Ausbau und zur Modernisierung der jahrzehntelang vernachlässigten US-Infrastruktur, insbesondere der Straßen, auf den Weg brachte. Allerdings handelt es sich hierbei um Objekte, die nicht über Nacht geschaffen werden, sodass die Amerikaner die Auswirkungen dieser Politik vorerst nicht erkennen" schreibt RZECZPOSPOLITA aus Warschau.
Die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG aus der Schweiz beobachtet eine weitere Folge der Stürme in den USA: "In den amerikanischen Medien häufen sich derzeit Berichte über Hauseigentümer aus Florida, die mehrfach von Sturmfluten heimgesucht wurden und nun ihr Haus verkaufen. Manchen fällt das schwer, weil sie ihr Haus mit Gewinn abstossen wollten – und jetzt keinen Käufer finden. Für viele Einwohner von Floridas Golfküste eine neue Erfahrung. Sie hatten sich daran gewöhnt, dass der Wert ihrer Immobilie ständig steigt. Für die Bauindustrie und die Tagelöhner, die Floridas Küstenstädte nach jedem Hurrikan vom Schutt befreien und wieder neu aufbauen, versprechen 'Helene' und 'Milton' viel Arbeit und gute Geschäfte. Als Ganzes steht Florida aber vor dem Scheideweg. Jeder Hurrikan stellt die alte wirtschaftliche Erfolgsformel des Gliedstaates, günstige Häuser für ganz Amerika an die Küste zu stellen, infrage", erwartet die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG.
Zu den israelischen Angriffen auf die Hisbollah im Libanon gibt die panarabische Zeitung AL SHARQ AL-AWSAT zu bedenken: "Es gilt, den Krieg zwischen Israel und der Hisbollah als das zu verstehen, was er im Kern ist: ein Krieg zwischen Israel und dem Iran auf libanesischem Territorium. Umso mehr kommt es darauf an, dass der Libanon absehbar seine vollständige Souveränität wiederherstellt und die Rechte seiner Bürger auch durch Kooperation mit der internationalen Gemeinschaft garantiert. Den Krieg zu beenden, ist nur möglich über eine Stärkung der staatlichen Strukturen des Landes, einschließlich des libanesischen Militärs. In diese Bemühungen auch die Hisbollah einzubeziehen, hieße, die iranisch-israelischen Konfrontationen im Libanon langfristig fortzusetzen. Eine lebenswerte Zukunft ist allein möglich, wenn der Libanon wieder zu einer echten Republik wird", fordert AL SHARQ AL-AWSAT aus London.
Die chinesische Zeitung HUANQIU SHIBAO hält die Friedensbemühungen für unzureichend: "Wie viele Menschen in Libanon müssen noch sterben nach den Tragödien in Gaza? Die israelische Armee hat zum dritten Mal die Ziele im Zentrum von Beirut angegriffen. Seit Ende September sind Bürger in den betroffenen Regionen aufgefordert worden, ihr Zuhause zu verlassen. 600.000 Menschen befinden sich nun auf der Flucht, 30.000 Libanesen haben bereits ihr Land verlassen. Die Zahl der Toten steigt auf 2141, über 10.000 sind verletzt. Die internationale Gemeinschaft darf nicht länger zusehen, dass der Nahe Osten in den Abgrund gezogen wird. US-Präsident Biden ruft den israelischen Premierminister Netanjahu zwar zur Mäßigung auf, liefert gleichzeitig seit einem Jahr nahezu Waffen im Wert von 18 Milliarden Dollar an Israel. Lassen sich Kriege mit Waffen stoppen? Es ist Zeit, dass die UNO mehr Autorität in den Friedensbemühungen bekommt", urteilt HUANQIU SHIBAO aus Peking.
Themenwechsel: Der Nobelpreis für Literatur geht in diesem Jahr nach Sükorea. Dazu schreibt die dänische Zeitung POLITIKEN: „Mit der Südkoreanerin Han Kang hat man eine gute Wahl getroffen. Die Akademie würdigte Han Kang für ihre 'intensive poetische Prosa, die sich mit historischen Traumata auseinandersetzt und die Zerbrechlichkeit des menschlichen Lebens offenlegt‘. Aber Han Kang gibt auch wichtigen Erfahrungen eine Stimme, für die in ihrem Heimatland oft nur wenig Platz ist und die von Bedeutung für die ganze Welt sind: Ihr Werk ist geprägt von dem Recht auf Freiheit und von dem Kampf um das, woran man glaubt. Auch andere hätten den Literaturnobelpreis bekommen können, aber die Erfahrungen und die Art und Weise der Werke dieser experimentierfreudigen Südkoreanerin haben auf jeden Fall eine massive Verbreitung verdient“, betont POLITIKEN aus Kopenhagen.
Die französische Zeitung LIBÉRATION hebt hervor: "Korea wurde in Stockholm noch nie ausgezeichnet. Man hätte erwarten können, dass der Preis an den ehrwürdigen dichter Ko Un oder an den Schriftsteller Hwang Sok-yong, den Autor des Alten Gartens, geht, aber Han Kang, gut, das ist eine schöne Überraschung", so LIBÉRATION aus Paris.
Die britische Zeitung THE ECONOMIST sieht Südkorea auf dem kulturellen Vormarsch: "Der Nobelpreis für Frau Han ist ein weiteres Juwel in Südkoreas kultureller Krone. In den letzten Jahren hat das Land einen Oscar für den besten Film - für 'Parasite' - gewonnen, den größten Netflix-Hit geschaffen - mit 'Squid Game' - und die meistverkaufte Band der Welt hervorgebracht - BTS führte 2021 und 2022 die weltweiten Charts an. Die koreanische Welle – wie der Boom des Interesses an der Popkultur des Landes genannt wird – hat gerade noch mehr Fahrt aufgenommen", bemerkt THE ECONOMIST aus London.
Auch DIE PRESSE aus Österreich hält die Wahl von Han Kang für ausgezeichnet, vermerkt aber zur Wahl der Literaturnobelpreisträger: "Die Trefferquote bei diesem Preis ist mies. Die Liste der Preisträger seit 1901 ist eine Mischung aus großen Namen, Mittelmäßigem und schlichtweg Kuriosem. Besonders hoch ist das Risiko für eklatante Fehlentscheidungen immer dann, wenn die Schwedische Akademie versucht, politisch-gesellschaftlich besonders am 'Puls der Zeit' zu sein oder den Preis zu einem moralischen zu machen. Dann soll diese zahlenmäßig sehr kleine, skandinavische Jury sich auch noch für den globalen Literaturraum zuständig fühlen. Lange Zeit kamen die meisten Preisträger aus dem nord- und mitteleuropäischen Sprachraum, das hat sich geändert, gut so. Die Entscheidungskompetenz der Jury steigert das allerdings nicht", so DIE PRESSE aus Wien.Und damit endet die Internationale Presseschau.