
Der Schweizer TAGES-ANZEIGER bemerkt mit Blick auf den Libanon: "Mindestens viermal haben israelische Soldaten in der vergangenen Woche UNO-Blauhelme angegriffen, sie haben Soldaten aus Sri Lanka von einem Wachturm gebombt und sogar UNO-Soldaten beschossen, die in einem Bunker Schutz gesucht haben. Wieder ist eine rote Linie überschritten, wieder werden weltweit 'Bedenken' geäussert. So geht das nun seit einem Jahr: Europa und die USA fordern Israel auf, weniger Zivilisten zu töten, mehr humanitäre Hilfe zu leisten und sich an das Völkerrecht zu halten. Wenig ist passiert, Konsequenzen gibt es keine. Natürlich darf sich Israel verteidigen. Doch der Angriff gilt mittlerweile dem ganzen Libanon, die Fehler von Gaza scheinen sich zu wiederholen", hält der TAGES-ANZEIGER aus Zürich fest.
Die japanische Zeitung ASAHI SHIMBUN aus Tokio verweist auf Äußerungen von Israels Premierminister: "Netanjahu behauptet, dass die Hisbollah die Blauhelmsoldaten als Schutz missbrauche, und rechtfertigt die Angriffe des israelischen Militärs damit, dass der UNO-Generalsekretär seine Forderung nach Abzug der Soldaten verweigere. Die Aktivitäten von UNIFIL wurden allerdings nicht vom Generalsekretär, sondern 1978 durch eine Resolution des Sicherheitsrates beschlossen, was Israels Premierminister bekannt sein dürfte."
Die türkische Zeitung MILLIYET stellt fest: "UNO-Generalsekretär Guterres, der zu einer dringenden Deeskalation der Spannungen im Nahen Osten aufgerufen hatte, wurde zur "persona non grata" erklärt und mit einem Einreiseverbot belegt. Wer wird Israel jetzt stoppen? Nur die Vereinigten Staaten können diese Geißel durch eine UNO-Resolution stoppen. Die Haltung der USA ist offensichtlich. Sie geben vor, das Vorgehen Israels nicht zu billigen und verhindern zu wollen, aber in Wirklichkeit geben sie offen nach. Deshalb kann man der UNO, die angeblich für Frieden und Ruhe in der Welt da ist, eigentlich nur sagen: Wenn ihr könnt, erklärt Israel zum unerwünschten Land", vermerkt MILLIYET aus Istanbul.
Die niederländische Zeitung DE VOLKSKRANT aus Amsterdam gibt zu bedenken: "Hamas und Hisbollah mögen als Organisationen geschwächt sein, aber ihre Ideologie und Aggressivität bleiben bestehen. Dass die Amerikaner es nicht wagen, vor den Wahlen am 5. November Druck auf Israel auszuüben, ist keine Entschuldigung für die Europäische Union, sich zurückzuhalten. Sanktionen könnten ein wirksames Mittel sein, um Netanjahu zur Vernunft zu bringen."
Die dänische Zeitung POLITIKEN beleuchtet das Vorgehen der iranischen Revolutionsgarden. Diese nutzten "die Instabilität in Ländern wie dem Libanon, dem Irak, dem Jemen und Syrien, um totalitäre und gewaltbereite Kräfte zu stärken, und das Regime in Teheran betreibt hinter dem Rücken der UNO ein Atomprogramm. Das alles ist so destruktiv für die Region wie für die eigene Bevölkerung. Aber daran würde ein Krieg mit Israel nichts ändern. Wenn dem Iran und seiner gewaltfördernden Infiltrierung der Nachbarn eine Grenze gesetzt werden soll, muss sich vielmehr die arabische Welt endlich um den Libanon, Syrien, den Irak und den Jemen kümmern und die destruktive Expansion der Revolutionsgarden aufhalten", unterstreicht POLITIKEN aus Kopenhagen.
Die libanesische Zeitung AN NAHAR glaubt: "Entscheidend wird sein, ob der Iran weiterhin in der Lage ist, die Hisbollah effektiv zu unterstützen. Klar ist, dass das iranische Netzwerk, Agentennetzwerk, von der Hisbollah über die Hamas bis hin zu den jemenitischen Houthis, derzeit immer noch besteht und weiterhin eine Gefahr darstellt. Darum sind auch die westlichen Regierungen gefordert. Sie müssen sich darauf konzentrieren, Teherans Fähigkeit zu unterbinden, seine Milizen weiterhin zu bewaffnen und zu finanzieren", meint AN NAHAR aus Beirut.
Themenwechsel. Die KLEINE ZEITUNG aus Österreich beleuchtet das Verhältnis zwischen Polens Ministerpräsident Tusk und der Europäischen Union: "Vom früheren EU-Ratspräsidenten hatte man sich eine Entspannung der Beziehungen mit dem Land erhofft, im Migrationsbereich wurde diese jedoch bald enttäuscht. Polen stemmte sich gegen den EU-Migrationspakt und gab sich empört über zuletzt verstärkte Grenzkontrollen. Nun geht Tusk noch einen Schritt weiter und kündigt an, das Recht auf Asyl in Polen zumindest vorübergehend auszusetzen, um illegale Migration zu begrenzen. Von der EU werde er eine Anerkennung dieser Entscheidung einfordern. Im hochemotional diskutierten Migrationsbereich ist also auch ein ehemaliger EU-Chef nicht vor nationalen Alleingängen gefeit. Dabei müsste gerade er wissen, dass eben diese langfristig keine Lösung sein können", argumentiert die KLEINE ZEITUNG aus Kärnten.
Die polnische Zeitung RZECZPOSPOLITA vermutet, Tusk habe mit der Ankündigung zum Asylrecht gleichzeitig eine Kampagne gestartet: "Er hat erkannt, dass der Ausgang der polnischen Präsidentenwahl im Jahr 2025 nicht allein von den städtischen Eliten entschieden wird, die ihm bei der Parlamentswahl vor einem Jahr den Sieg geschenkt haben. Er weiß, dass die Entscheidung, wer Präsident wird, davon abhängt, ob es ihm gelingt, die Emotionen - und, seien wir ehrlich, die Ängste - von Millionen von Polen zu kontrollieren. Deshalb sagt Tusk heute Dinge, die er in seiner vorherigen Amtszeit und als EU-Ratspräsident nicht gesagt hätte. Aber er sagt sie als Chef einer Partei, die mehr als die Hälfte der polnischen Wählerstimmen gewinnen will", schätzt RZECZPOSPOLITA aus Warschau.
Die kolumbianische Zeitung EL TIEMPO geht ein auf den US-Präsidentschaftswahlkampf, der in die letzte Phase eintrete: "Die beiden Kandidaten konzentrieren sich deshalb auf die 'Swing States' und dort auf bestimmte Bevölkerungsgruppen, die am Ende über den Ausgang entscheiden könnten. Meinungsumfragen sehen Trump in Arizona vorne, in Pennsylvania hat Harris einen knappen Vorsprung. Zu den Stärken der Demokratin gehört, dass sie sich für das Recht auf Abtreibung einsetzt, und Biden hinterlässt ihr eine insgesamt gute wirtschaftliche Lage, auch wenn er dafür kritisiert wird, dass er mehr tun könnte. Trump setzt dagegen auf Protektionismus, und das würde einigen wichtigen Branchen nützen, und mit seiner Stimmungsmache spricht er Wähler an, deren Löhne nicht mehr steigen. Letztlich könnten aber sogenannte Oktober-Überraschungen die Wahl entscheiden, und dazu gehören auch die jüngsten Hurrikans. Der Countdown läuft – und die Spannung auf der Welt ist nur allzu verständlich", lesen wir in EL TIEMPO aus Bogotá.
Auch die norwegische Zeitung VERDENS GANG verweist auf die Bedeutung des Bundesstaates Pennsylvania, denn die "Wahrscheinlichkeit ist groß, dass dort bei den Präsidentschaftswahlen am 5. November die Entscheidung fällt. Die beiden Kandidaten liegen so nah beieinander, dass wenige tausend Stimmen den Ausschlag geben können. Bis2016 war Pennsylvania jahrzehntelang ein ‚blauer‘ Bundesstaat, aber dann kam Trump und überzeugte die weiße Arbeiterklasse, die Seite zu wechseln. Nun ist Pennsylvania ein 'Swing State', womöglich sogar der wichtigste. Die 19 Wahlmänner könnten das Zünglein an der Waage werden und die Tür zum Weißen Haus öffnen. Genau deshalb ist aber auch die Sorge so wohl begründet, was nach den Wahlen passiert", notiert VERDENS GANG aus Oslo.
Die chinesische Staatszeitung JIEFANG RIBAO aus Schanghai beobachtet: "Was die wirtschaftlichen Themen betrifft, vertrauen wohl mehr Menschen dem Republikaner Trump. Die demokratische Kandidatin Harris hat wiederum mehr Unterstützung in den östlichen Bundestaaten. Innenpolitisch muss man gerade die Folgen der zwei beiden Hurrikans bewältigen. Außenpolitisch bleibt der Nahe Osten ein heikles Thema für die amtierende demokratische Regierung unter Präsident Biden. Die Geschichte lehrt uns: Alles ist noch möglich in der letzten Wahlkampfsphase." Das war zum Ende der internationalen Presseschau JIEFANG RIBAO.