21. Oktober 2024
Die internationale Presseschau

Mehrere Zeitungen kommentieren den Wahlkampf-Endspurt in den USA. Zunächst geht es aber um den Ukraine-Krieg und die Berichte über eine Entsendung nordkoreanischer Soldaten nach Russland.

Ukraines Präsident Wolodymyr Selenskyj beim NATO-Gipfel in Washington
Thema in den internationalen Zeitungen: Der "Siegesplan" des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. (dpa / picture alliance / Jakub Porzycki)
Die japanische Zeitung ASAHI SHIMBUN äußert sich besorgt: "Etwa 1.500 dieser Soldaten gehören zu einer nordkoreanischen Spezialeinheit. Sollten sie an die Front in der Ukraine geschickt werden, könnte das zum 'Game-Changer' des Kriegs werden. Die Soldaten sind so hervorragend ausgebildet und trainiert, dass sie 60 Tage lang, täglich 100 Kilometer laufen und sich vor Ort selbst mit Essen und Wasser versorgen können. Die restlichen nordkoreanischen Soldaten werden wohl zur Unterstützung im russischen Hinterland und eher nicht an der Front eingesetzt. Als Gegenleistung für die Entsendung der Soldaten dürfte Nordkorea von Russland modernere Waffen einfordern", erwartet die Zeitung ASAHI SHIMBUN aus Tokio.
"Das schlimmste Szenario ist eingetreten", schreibt die südkoreanische Zeitung KOREA TIMES: "Kim Jong Un hat entschieden, dass sein Land sich dem Krieg Russlands in der Ukraine anschließt. Es ist ein Pokerspiel mit hohem Einsatz. Durch die Entsendung von Truppen nach Russland riskiert Nordkorea nämlich, zum gemeinsamen Feind der NATO zu werden. Die Folgen für Südkorea sind indes schwerwiegend. Im Falle eines Konflikts auf der koreanischen Halbinsel könnte Russland seinerseits Soldaten und Waffen schicken, um Nordkorea zu unterstützen", befürchtet die Zeitung KOREA TIMES aus Seoul.
THE GUARDIAN aus London erläutert: "Pjöngjang hat bereits Arbeiter und Waffen nach Russland geschickt. Die Entsendung von Spezialeinheiten ist nun ein weiterer bedeutender Schritt in den Beziehungen beider Länder. Dennoch: So alarmierend diese Allianz auch sein mag, zeigt sie die grundlegenden Probleme Russlands. Es wird angenommen, dass etwa 1 Million Soldaten im Krieg in der Ukraine getötet oder verwundet wurden. Russland hat viermal so viele Männer wie die Ukraine zur Verfügung, aber ein Krieg, der von seinen eigenen Kämpfern als 'Fleischwolf' bezeichnet wird, lässt die Reihen schnell schrumpfen", meint der britische GUARDIAN.
"Diese Allianz ist kein Akt der Verzweiflung", warnt die Zeitung KYIV POST: "Russland und Nordkorea haben ein Bündnis geschmiedet, um die Ukraine zu besiegen und um bald möglicherweise auch die koreanische Halbinsel zu erobern. Das darf nicht ignoriert werden. Die USA und die NATO müssen darauf reagieren, indem sie der Ukraine endlich erlauben, Ziele tief im russischen Inland mit Waffen anzugreifen. Eine Verlegung der nordkoreanischen Soldaten an die Front muss gestoppt werden - ebenso wie die ballistischen Raketen und Artilleriegeschosse in russischen Lagerdepots zerstört werden müssen, bevor sie gegen zivile Ziele eingesetzt werden können", fordert die Zeitung KYIV POST aus der Ukraine.
Die niederländische Zeitung TROUW befasst sich mit dem sogenannten "Siegesplan" des ukrainischen Präsidenten Selenskyj und hält fest: "Im Wesentlichen fordert der Plan weitere Waffenlieferungen, die Erlaubnis, westliche Raketen gegen Ziele in Russland einzusetzen, und - am wichtigsten - den Beitritt der Ukraine zur NATO. Letzteres soll den russischen Präsidenten Wladimir Putin demoralisieren, denn die Verhinderung der NATO-Mitgliedschaft der Ukraine war ein Hauptgrund für seine Invasion. Doch in den westlichen Hauptstädten, wo Selenskyj bis vor Kurzem noch wie ein Superstar gefeiert wurde, bleibt es dazu still. Selenskyj hat die Skepsis und Kritik, die ihm entgegenschlägt, nicht verdient. Es ist einfach, einen Plan schlecht zu machen, ohne selbst eine Alternative anzubieten. Ernsthafte Vorschläge, wie die Ukraine den Krieg doch noch gewinnen kann, sind bislang nicht gemacht worden", kritisiert die Zeitung TROUW aus Amsterdam.
Die aserbaidschanische Zeitung MÜSAVAT aus Baku befürchtet: "Folgt der Westen Selenskyjs 'Friedensplan' ist der Eintritt der NATO in einen direkten Krieg mit Russland unvermeidlich. In der Folge könnten nicht nur Russland, sondern auch die Ukraine und viele westliche Staaten in ihrer Existenz bedroht sein."
In der türkischen Zeitung EKONOMI aus Istanbul ist zu lesen: "Sogar Mitglieder der EU sagen inzwischen, dass der 'Sieg' der Ukraine, von dem Selenskyj ständig spricht, eine große Lüge ist. Wie skeptisch selbst die Hauptunterstützer der Ukraine diesen Sieg sehen, zeigt die Tatsache, dass beim Gipfeltreffen der USA, Großbritanniens, Deutschlands und Frankreichs in Berlin nichts Konkretes herausgekommen ist."
Aus Sicht der spanischen Zeitung EL PAIS muss der Westen seine Militärhilfe rasch verstärken: "Die Ukraine ist auf dem Schlachtfeld schwer angeschlagen. Wenn sie nicht mehr Unterstützung erhält, wird sie nicht mehr in der Lage sein, die russische Invasion weiter abzuwehren. In diesem Fall wird das Land auch nicht zur Aufnahme von Friedensverhandlungen fähig sein. Zumindest wird sie keine Gespräche beginnen können, die nicht gleichbedeutend mit einer Kapitulation sind", sagt EL PAIS aus Madrid voraus.
Die Zeitung CHINA DAILY aus Peking sieht es so: "Das Versprechen der NATO, der Ukraine zu helfen, hat die Sicherheitslage in Europa verschlechtert, nicht verbessert. Seit Ausbruch des Krieges hat sich zudem die Beziehung des Westens zu China eingetrübt. Die NATO sollte endlich über die Auflösung einer Blockkonfrontation nachdenken und anfangen, China als das Land zu sehen, was es ist: eine friedliebende, entwicklungsorientierte Nation." Wir zitierten die Zeitung CHINA DAILY.
Die WASHINGTON POST blickt auf die Präsidentschafts-Wahl in den USA und die möglichen Folgen für die Ukraine: "Für das Land steht bei der Wahl im November wahrscheinlich mehr auf dem Spiel als für jedes andere Land auf der Welt. Donald Trump verachtet die Anliegen der Ukraine und behauptet, er würde mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin einen Friedensvertrag abschließen, sobald er gewählt sei. Trumps Worte mögen Wahlkampf-Rhetorik sein, aber die Ukraine weiß, dass sich das Fenster für die Unterstützung durch die USA in einigen Monaten schließen könnte."
Mit dem Wahlkampf in den USA befasst sich auch die italienische Zeitung LA STAMPA: "Die Wahl ist nur noch zwei Wochen entfernt und Donald Trump hat es geschafft, sie zu einem Referendum über sich selbst zu machen. Gründe gegen Trump und die Bedrohung, die er für die amerikanische Demokratie bedeutet, gibt es zuhauf. Aber sie stoßen auf eine träge Welle von instrumentalisierten Gefühlen und Ressentiments, die keine noch so logische Argumentation aufhalten kann. Am Vorabend der Wahl ist Amerika wie ein großes Zimmer, das in der Mitte geteilt ist", schreibt LA STAMPA aus Turin.
"Egal wer diese Wahl gewinnt, sie wird in die Geschichte der Vereinigten Staaten eingehen", stellt die Zeitung TAKUNGPAO aus Hongkong heraus: "Entweder kommt mit Donald Trump der erste verurteilte US-Präsident ins Amt oder mit Kamala Harris die erste Frau. Darüber entscheiden dürften am Ende die vielen arabisch-stämmigen Menschen in den Bundesstaaten Michigan und Wisconsin. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass sie ihre Stimme dem als islamfeindlich geltenden Republikaner geben. Aber Trump wird vor dem Hintergrund des israelischen Krieges im Nahen Osten darauf hoffen, dass sie sich enthalten und am 5. November nicht zur Wahl gehen."
Die französische Zeitung LIBERATION nimmt eine andere Wählergruppe in den Blick: "Die Frauen der Generation Z, die zwischen Ende der 90er Jahre und 2010 geboren wurden, können die Wahl zugunsten von Kamala Harris entscheiden. Nicht nur, weil sie sich mit einer Frau identifizieren, sondern auch, weil die demokratische Kandidatin Rechte verteidigt, die ihnen lieb und teuer sind, mit denen sie aufgewachsen sind und die daher zu Selbstverständlichkeiten geworden sind, angefangen beim Recht auf Abtreibung. Die Frage ist nun, ob die jungen Amerikanerinnen auch in Massen zur Wahl gehen werden", überlegt die Pariser Tageszeitung LIBERATION.