Die lettische Zeitung DIENA findet, das Treffen sei keineswegs nebensächlich für die internationale Poltik: "Manches mag auf dem Gipfel abstrakt geblieben sein, aber das ändert nichts an der Tatsache, dass seine Folgen mittel- bis langfristig spürbar sein werden. In den Ländern des globalen Südens herrscht die Überzeugung vor, dass ihr Einfluss in globalen Organisationen wie der UNO, der IWF oder der WTO längst nicht mehr der Realität entspricht und daran dringend etwas geändert werden muss. Dafür gibt es zwei Möglichkeiten: Man kann neue Strukturen aufbauen oder auch gezielt und in Absprache den Einfluss der nichtwestlichen Länder in diesen Organisationen ausbauen. Die Abschlusserklärung des Gipfels zeigt, dass die zweite Variante die Oberhand gewonnen hat", notiert DIENA aus Riga.
Die spanische Zeitung EL PAÍS beobachtet: "Die BRICS-Mitglieder haben sich die Kritik an einer internationalen Ordnung auf die Fahnen geschrieben, die tatsächlich in vielerlei Hinsicht nicht mehr der heutigen Welt entspricht. Der Westen täte gut daran, seine traditionellen Positionen zu überdenken. Sowohl im ersten Fall - mit einer Reform der globalen Ordnung, um sie inklusiver zu machen, beginnend mit dem UNO-Sicherheitsrat - als auch im zweiten Fall, indem er seine moralisch unhaltbare Unterstützung für den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu korrigiert. Auch wenn BRICS weder ein geopolitisches Bündnis noch ein kohärentes Wirtschaftsprojekt ist, wäre es überheblich von den westlichen Demokratien, die Signale aus Kasan zu ignorieren", meint EL PAÍS aus Madrid.
Die japanische Zeitung NIHON KEIZAI SHIMBUN bewertet das Treffen vor allem als Erfolg für den russischen Präsidenten. In einem Gastkommentar heißt es: "Wladimir Putin hat der diesjährige BRICS-Gipfel den größten außenpolitischen Erfolg seit Jahren beschert. Dies zeigt sich vor allem an der Teilnahme von UNO-Generalsekretär Guterres und dem Präsidenten des NATO-Mitglieds Türkei, Erdogan. Auch Vertreter der südostasiatischen Staatengemeinschaft ASEAN, die sich weltpolitisch eigentlich neutral positionieren, kamen nach Kasan. So konnte der Gastgeber zeigen, dass BRICS viele potenzielle Partnerländer hat und er selbst von der Welt nicht isoliert ist", schreibt NIHON KEIZAI SHIMBUN aus Tokio.
Auch die regierungsnahe russische Zeitung NESAWISSIMAJA GASETA sieht den BRICS-Gipfel als Beweis dafür, dass der Kreml... "...auf der internationalen Bühne nicht isoliert und die Zahl der Länder, die die Konfrontation zwischen Russland und der Ukraine als einen von vielen lokalen Konflikten betrachten, recht groß ist. Es besteht auch ein großes Interesse an einer Zusammenarbeit mit Russland und an der BRICS-Plattform als Ort für Verhandlungen. Aber dieser internationale Club ist auch in seinem neuen, erweiterten Format nicht zu einer Vereinigung gleichgesinnter Länder geworden, die gemeinsame Werte und eine gemeinsame Vision für den Aufbau von Beziehungen zum Westen haben", resümiert die NESAWISSIMAJA GASETA aus Moskau.
Die niederländische Zeitung DE VOLKSKRANT aus Amsterdam beleuchtet einen wirtschaftlichen Aspekt der BRICS-Staaten und vermutet: "Russland möchte unter anderem, dass die Staats- und Regierungschefs nach einer Alternative zum Dollar als internationalem Zahlungsmittel suchen. Die US-Währung ist bislang die bei weitem wichtigste im weltweiten Zahlungsverkehr. Durch die Einführung einer anderen, nicht westlichen Währung hofft Russland, weniger von den Sanktionen betroffen zu sein, die der Westen wegen des Krieges in der Ukraine verhängt hat."
Die Zeitung GULF TODAY aus den Vereinigten Arabischen Emiraten analysiert: "Zunächst schienen die BRICS eine kleine Gruppe mit begrenztem wirtschaftlichem und diplomatischem Einfluss zu sein. Aber die Einbeziehung wichtiger Vertreter der arabischen Golfstaaten wie den Vereinigten Arabischen Emiraten und Saudi-Arabien sowie afrikanischer Volkswirtschaften wie Ägypten und Äthiopien macht die BRICS zu einer repräsentativeren Gruppe. Es ist gut möglich, dass das Bündnis in Zukunft auch an politischem Gewicht gewinnen könnte", vermutet GULF TODAY aus Sharjah.
Themenwechsel. Zum US-Präsidentschaftswahlkampf bemerkt die schwedische Zeitung EXPRESSEN: "Weniger als zwei Wochen vor den US-Wahlen liegen Kamala Harris und Donald Trump in Umfragen dich beieinander, und in fünf von sieben wichtigen Swingstates beträgt der Abstand weniger als einen Prozentpunkt. Abgesehen davon wurden die Aussichten von Trump schon früher unterschätzt. Es ist kein Traumszenario, dass die freie Welt von einer Person geführt wird, die zu Putin aufblickt, während Krieg in Europa herrscht. Aber die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass es dazu kommt, und deshalb täten wir gut daran, uns auf Trump 2.0 im Weißen Haus vorzubereiten. Er hat versprochen, den Krieg in der Ukraine binnen 24 Stunden zu beenden, aber er hat nicht gesagt, wie ein Frieden aussehen soll. Sein Vize-Kandidat Vance hat dagegen schon ein Szenario entworfen, das sehr nach Putin aussieht und die imperialistischen Ambitionen des Aggressors weiter befeuert. Das wäre katastrophal für uns", gibt EXPRESSEN aus Stockholm zu bedenken.
Die türkische Zeitung YENI ŞAFAK geht ein auf die Strategie der demokratischen Präsidentschaftskandidatin: "Harris versucht nun, sich als Politikerin der Mitte zu präsentieren, auch weil die Trump-Kampagne versucht, sie als linksradikale Kandidatin darzustellen. Sie scheint all ihre progressiven Positionen revidiert zu haben, da sie auf die Stimmen von Unabhängigen und gemäßigten Republikanern angewiesen ist. Dass Harris Schwierigkeiten hat, eine klare Position in der Palästina-Frage und bei Themen wie Wirtschaft und Einwanderung zu beziehen, zeigt, dass sie sich sowohl von Biden abgrenzen als auch ihre eigenen Werte vertreten muss. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass ein solcher Zwiespalt zu mehr Unentschlossenheit und Verwirrung bei den Wählern führen und Harris teuer zu stehen kommen wird", spekuliert YENI ŞAFAK aus Istanbul.
Die österreichische Zeitung DIE PRESSE aus Wien geht ein auf die Äußerung von Harris, wonach sie ihren Konkurrenten Trump für einen Faschisten halte: "Die 'Nazikeule' trifft ihn schon deshalb nicht, weil er historisch schlicht zu ungebildet ist. Trotz mancher Allüren hat Trump bisher auch nicht am parlamentarischen System gerüttelt. Um es auf den Punkt zu bringen: Er ist vieles – ein Sexist, tief drinnen auch ein Rassist. Aber er ist kein Nazi, allenfalls ein extremer Narziss mit faschistoiden Zügen und einem Faible für starke Männer."
Die finnische Zeitung HELSINGIN SANOMAT findet, das Wort "Faschismus" sei - Zitat: "...so abgenutzt, dass es nicht mehr für Analysen taugt, und im Mittelpunkt von Trumps Ideologie steht in erster Linie er selbst. Wenn er das Ethos und die Spielregeln der Demokratie missachtet und die Wähler einen solchen Kandidaten unterstützen, ist das eine Gefahr für die Demokratie und das nicht nur in den USA. Die mit der Wahl von Trump verbundenen Risiken werden oft bemäntelnd unter dem Begriff Unberechenbarkeit zusammengefasst. Aber genau die kann die Welt jetzt nicht brauchen", vermerkt HELSINGIN SANOMAT aus Helsinki.
Die taiwanesische Zeitung JINGJI RIBAO sieht die Rolle des US-Unternehmers Elon Musk im US-Wahlkampf kritisch: "Seine Aktion für Trump, täglich eine Million Dollar an registrierte Wähler in umkämpften Bundesstaaten zu verlosen, kann zu weit gehen. Das US-Wahlrecht verbietet nämlich, Bürgern Geld dafür zu zahlen, dass sie abstimmen oder sich dafür registrieren. Warum tut der reichste Mann der Welt das? Von einem Wahlsieg Trumps verspricht er sich wohl 'rationellere Regeln' und 'weniger Kontrollmechanismen' für seine Unternehmen. Elon Musk sollte aber nicht vergessen, dass Amerika ein Rechtsstaat ist. Kein Mann, ist er noch so erfolgreich und reich, steht über dem Gesetz", mahnt JINGJI RIBAO aus Taipeh zum Ende der internationalen Presseschau.