30. Oktober 2024
Die internationale Presseschau

Themen sind die Sparmaßnahmen bei Volkswagen sowie der Wahlkampf in den USA. Zunächst aber zur Entscheidung des israelischen Parlaments, dem UNO-Palästinenserhilfswerk UNRWA die Arbeit in Israel zu untersagen.

Das Logo des UN-Palästinenser-Hilfswerks UNRWA ist auf einem Handy zu sehen.
Das UNO-Palästinenser-Hilfswerk UNRWA (picture alliance / NurPhoto / Jonathan Raa)
Die norwegische Zeitung DAGSAVISEN schreibt: "Norwegens Premier Støre und seine Regierung haben Recht, wenn sie Israels Krieg in Gaza als reine Barbarei bezeichnen, denn Israel ist moralisch kollabiert und unmenschlich geworden. Nun hat auch noch die Knesset beschlossen, die Aktivitäten der UNRWA in Israel zu verbieten. In der Praxis führt das dazu, dass Israel die internationale Gemeinschaft daran hindert, den Millionen verzweifelten Palästinensern in Gaza und im Westjordanland zu helfen. Es ist höchste Zeit, Klartext zu sprechen und die wachsende Apathie zu überwinden", fordert DAGSAVISEN aus Oslo.
In Israel schreibt die JERUSALEM POST: "Die Abstimmung in der Knesset war zwar aus israelischer Sicht notwendig, doch die eigentliche Frage ist nun: Welche Alternative zu UNRWA kann Israel akzeptieren? UNRWA leistet seit mehr als sieben Jahrzehnten Hilfe, bietet Schulbildung und Gesundheitsversorgung in den palästinensischen Gebieten an. Derzeit sind schätzungsweise zwei Millionen Palästinenser auf der Flucht, und im Gazastreifen herrscht ein extremer Mangel an Lebensmitteln, Wasser und Medikamenten. Netanjahu sagte, man sei bereit, mit internationalen Partnern zusammenzuarbeiten, um sicherzustellen, dass Israel weiterhin humanitäre Hilfe für die Zivilbevölkerung im Gazastreifen auf eine Weise leistet, die Israels Sicherheit nicht gefährdet. Nach der Abstimmung in der Knesset muss sich der Premierminister nun dringend mit Israels Verbündeten beraten, um genau dies zu tun", fordert die JERUSALEM POST.
"Es gibt überhaupt keine Alternative zu UNRWA", unterstreicht hingegen die japanische Zeitung ASAHI SHIMBUN: "Das Verbot ist ein endgültiges Todesurteil für die noch im Gaza-Streifen verbleibenden Menschen. Dass Hunger strategisch missbraucht wird, ist ein schwerwiegender Verstoß gegen das Völkerrecht. Gegen das Verbot der UNRWA äußerten Europa, die USA und Japan zwar Bedenken, aber sehr zurückhaltend. Sie stehen in der Verantwortung, die Menschen vor Hunger und Krankheiten zu schützen und gegen Israel hart vorzugehen. Andernfalls beteiligen sich die westlichen Staaten an einem Genozid", meint ASAHI SHIMBUN aus Tokio.
Auch in der chinesischen Zeitung WENHUIBAO aus Schanghai heißt es: "Das Leid der Palästinenser wird durch das Verbot noch weiter verschlimmert. Seit dem Wiederaufflammen des Nahostkonflikts spielt die UNRWA eine Schlüsselrolle bei der Bereitstellung von dringend benötigter humanitärer Hilfe im Gazastreifen. Ein weiteres Mal verstößt Israels Regierung gegen das Völkerrecht und hat mit dem Verbot zudem einen brandgefährlichen Präzedenzfall geschaffen."
Die polnische RZECZPOSPOLITA schreibt: "Der Schritt Israels wurde in dieser oder ähnlicher Form seit einiger Zeit erwartet. Nach israelischen Angaben hatten mindestens zehn Prozent der in Gaza tätigen Mitarbeiter der Agentur direkte Verbindungen zur Hamas, und zwölf Personen sollen an dem Angriff am 7. Oktober 2023 beteiligt gewesen sein. Es besteht kein Zweifel daran, dass die Palästinenser in Gaza Hilfe brauchen – dies sollte jedoch von einer Hilfsorganisation übernommen werden, die sich ausschließlich mit humanitären Aktivitäten befasst“, meint die RZECZPOSPOLITA aus Warschau.
Die schwedische Zeitung EXPRESSEN aus Stockholm sieht es so: "Die UNRWA ist nicht perfekt, ja nicht einmal gut, aber sie ist das Beste, was zurzeit zur Verfügung steht. Wenn Israel diesen Beschluss nicht vor seinem Inkrafttreten in 90 Tagen aufhebt, droht es zu einem internationalen Pariastaat zu werden - und deshalb müssen Schweden und die EU unterstreichen, dass die Unterstützung des Westens erodiert, wenn die humanitäre Hilfe für Zivilisten behindert wird."
Nun zum VW-Konzern, der weitreichende Sparmaßnahmen angekündigt hat. Die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG aus der Schweiz sieht es so: "In Wolfsburg müssen Manager, Betriebsräte und Mitarbeiter gemeinsam tiefgreifende Reformen angehen, um die dringend nötige Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit zu erreichen. Das macht die dann noch verbleibenden Arbeitsplätze sicherer. Weil sich die Protagonisten zu lange an bestehende 'Rechte' klammerten, sind die Einschnitte nun leider sehr schmerzlich. Gelänge jedoch der Befreiungsschlag, wäre das auch ein Signal an das Land. Deutschland muss nämlich ebenfalls dringend die Wettbewerbsfähigkeit erhöhen, die in den letzten 15 Jahren stark gesunken ist", beobachtet die N.Z.Z.
Das US-amerikanische WALL STREET JOURNAL sieht es ähnlich: "Wenn bei VW etwas schiefläuft, dann läuft in Deutschland und in Europa etwas gehörig schief. Die Politiker geben erwartungsgemäß dem Management die Schuld, und das aus gutem Grund. Das Unternehmen hat sich noch nicht ganz von dem Reputations- und Finanzschaden des Diesel-Skandals erholt. Hohe Lohnkosten, die eine aggressive Gewerkschaft zusammen mit der niedersächsischen Landesregierung durchgesetzt hat, sind auch nicht hilfreich. Ein größerer Teil der Schuld liegt jedoch bei den Politikern, insbesondere wegen deren Klimapolitik. Die deutsche Autoindustrie ist gefangen zwischen hohen Energiepreisen, die die Produktionskosten in die Höhe treiben, und Vorschriften für Elektroautos, die den Absatz bremsen. VW bricht unter diesem Druck zusammen", prognostiziert das WALL STREET JOURNAL.
Themenwechsel. Etwa 10.000 nordkoreanische Soldaten sollen sich in Russland aufhalten und für den Einsatz gegen die Ukraine ausgebildet werden. Heute ist Nordkoreas Außenministerin zu Besuch in Moskau. Die britische TIMES kommentiert: "Aus der Sicht des Putin-Regimes ist es dringend notwendig, die verheerenden Verluste Russlands auszugleichen. Der Einsatz von Truppen aus dem mit Russland verbündeten totalitären Albtraumstaat macht daher einen gewissen perversen Sinn, stellt aber zugleich eine gefährliche Eskalation einer kriminellen Kriegspolitik dar. Putin rechnet zweifellos damit, dass es möglich sein wird, die Ukraine zu unterwerfen und ihre westlichen Verbündeten abzuschrecken. Der Einsatz nordkoreanischer Streitkräfte bedeutet, dass der Bedarf der Ukrainer an militärischer Ausrüstung noch größer werden wird. Und er muss im strategischen Eigeninteresse des Westens gedeckt werden", argumentiert THE TIMES aus London.
Die spanische Zeitung LA VANGUARDIA merkt an: "Die Präsenz dieser Truppen hat alle Alarmglocken schrillen lassen. Südkoreas Präsident Yoon bestätigte, dass man nun über Waffenlieferungen an die Ukraine nachdenke. Es bleibt abzuwarten, wie effektiv die kampfunerfahrenen nordkoreanischen Truppen in einer fremden Umgebung und ohne Russischkenntnisse sein werden. Aber die Sorge vor einer weiteren Eskalation des Krieges wächst, erst recht so knapp vor den Präsidentschaftswahlen in den USA. Ein Wahlsieg Donald Trumps könnte zu einer radikalen Kehrtwende in der Außenpolitik Washingtons führen, was die Beziehungen zu Russland und die Unterstützung für die Ukraine betrifft", warnt LA VANGUARDIA aus Barcelona.
Auch in der Türkei blickt man auf den US-Wahlkampf. Dort haben muslimische Geistliche dem republikanischen Präsidentschaftskandidaten Trump bei einer Wahlkampfveranstaltung ihre Unterstützung ausgesprochen. Die Zeitung KARAR ist empört: "Über manche Dinge kann man nur staunen. Trump habe Frieden und Gerechtigkeit für alle versprochen. Wenn Allah ihn zweimal vor einem Attentat bewahrt habe, dann sei er derjenige, der das Blutvergießen beenden und Leben im Nahen Osten retten werde. So begründete einer der Imame seine Unterstützung für Trump. Die Imame machen sich damit mitschuldig. War es nicht Trump, der versucht hat, Wahlen zu gewinnen, indem er Muslime als Feinde darstellte? Wenn er könnte, würde er diese Imame keine zwei Minuten in den USA behalten, er würde sie entweder einsperren oder ausweisen. Wie blind muss man sein, um den Feind als Freund zu sehen?" Und mit diesem Auszug aus der Istanbuler Zeitung KARAR endet die internationale Presseschau.