Die österreichische Zeitung DER STANDARD befüchtet: "Man muss sich darauf einstellen, dass in Deutschland in den nächsten Monaten viel Hässliches zu hören sein wird. Zu besichtigen ist in Berlin eine Enthemmung, wie man sie noch nicht erlebt hat. Kanzler Olaf Scholz und FDP-Chef Christian Lindner versprühen nur noch puren Hass. Ganz zum Schluss lautete die Devise nur noch 'Jeder gegen jeden' – und das bei schwacher deutscher Konjunktur. Je schneller Deutschland eine neue Regierung bekommt, desto besser", merkt DER STANDARD aus Wien an.
Die chinesische Zeitung XINJING BAO sieht für eine Minderheitsregierung in Deutschland keine Zukunft: "Nach der Vorstellung des Bundeskanzlers Scholz soll die größte Volkswirtschaft Europas weiter von seiner SPD und den Grünen geführt werden. Wenn seine Regierung aus drei Parteien schon an den Herausforderungen gescheitert ist, woher soll das deutsche Volk noch das Vertrauen haben, dass der Rest der Ampel den Aufgaben gewachsen ist. Das größte Problem von Olaf Scholz besteht darin, dass er keine Unterstützung mehr von den Wählern bekommt. Scheinbar kann nur noch die unbeliebte große Koalition aus der Union und SPD Deutschland aus der Krise führen", erwartet XINJING BAO aus Peking.
Die dänische Zeitung POLITIKEN hebt hervor: "Die Lage in Deutschland stellt eine Niederlage für die Suche nach politischen Kompromissen dar, die in den Zeiten einer zunehmenden Polarisierung besonders dringend nötig wären. Das Pendel schlägt im Westen immer häufiger zwischen liberalen und illiberalen Kräften hin und her und das ist ein Krisenzeichen. Schließlich zeigt dies, dass die Wähler der traditionellen Mitte zunehmend das Vertrauen in ihre Vertreter verlieren und konkrete Lösungen für konkrete Probleme wünschen. Sie gehen notfalls sehr weit, um gehört zu werden - und deshalb lautet die Aufgabe, ihnen zuzuhören,“ fordert POLITIKEN aus Kopenhagen.
Die schwedische Zeitung EXPRESSEN notiert: "Deutschland, sonst die wirtschaftliche Lokomotive Europas und unser größter Handelspartner, steckt in der Krise. Hohe Energiepreise und eine vernachlässigte Infrastruktur treiben immer mehr Unternehmen ins Ausland. Zu den Gründen gehören politische Fehlentscheidungen in der Energiepolitik und unterlassene Investitionen in Verkehrswege. Auch das Stromnetz müsste tüchtig ausgebaut werden und der US-Wahlsieger Trump könnte mit neuen Zöllen die deutsche Wirtschaft weiter schwächen. Es ist daher kein Wunder, dass Unternehmen und Verbraucher pessimistisch in die Zukunft blicken. Wenn es in Deutschland schlecht läuft, greift das auf Schweden über“, warnt EXPRESSEN aus Stockholm.
Die japanische Zeitung NIHON KEIZAI SHIMBUN prognostiziert: "Bis zum politischen Neu-Start in Deutschland wird es sehr lange dauern. Ein Leerlauf der deutschen Politik bedeutet, dass die gesamteuropäischen Diskussionen stagnieren werden. Und das trotz der Gefahr für die Weltordnung durch die neue Trump-Regierung in den USA. Problematisch ist auch, dass Europa kein anderes starkes Land hat, das Deutschland in dieser Zeit vertreten könnte. In der ersten Amtszeit von Trump haben die Europäer ihr Durchhalte-Manöver konsequent durchgezogen. Das alles war aber auch deshalb möglich, weil viele Staaten damals politisch stabil waren. Jetzt sucht man in Europa vergeblich nach einer starken politischen Persönlichkeit, was die Frage aufwirft, ob sich Europa gegen Trump behaupten kann", folgert NIHON KEIZAI SHIMBUN aus Tokio.
Die französische Zeitung LIBÉRATION schreibt: "Ein zweites Jahr der Rezession, Schließungen von Volkswagen-Werken, eine explodierende Rechtsextreme und jetzt vorgezogene Wahlen in dem Moment, in dem wir uns an Donald Trumps Rückkehr ins Weiße Haus anpassen müssen. Die Aussicht auf den Sturz der Koalition von Olaf Scholz, gefolgt von vorgezogenen Wahlen, hätte nicht zu einem schlechteren Zeitpunkt kommen können. Jetzt, da Deutschlands EU-Partner versuchen, die möglichen Folgen von Trumps Wahl für Europa einzuschätzen", kommentiert LIBÉRATION aus Paris.
Zum Wahlsieg Donald Trumps heißt es in der russischen Zeitung KOMMERSANT: "Donald Trump ist bekannt für seine Äußerungen über die Gefahr eines dritten Weltkriegs und seine Bereitschaft, den Krieg in der Ukraine 'in 24 Stunden' zu beenden. Wenn es um die Beendigung der Militäroperationen entlang der bestehenden militärischen Kontaktlinie geht, ist es unwahrscheinlich, dass ein solcher Ansatz in Moskau ernst genommen wird. Wenn Trump Bereitschaft zeigt, wird der Dialog beginnen, aber selbst in diesem Fall ist eine Einigung noch lange nicht garantiert. Das Gute ist vorerst, dass Trump seinen Wunsch bekundet hat, die Militärhilfe für die Ukraine zu kürzen“, befindet der KOMMERSANT aus Moskau.
Auch die britische TIMES beschäftigt sich mit möglichen Folgen des Wahlsiegs von Donald Trump: "Seit seiner ersten Amtszeit im Weißen Haus wettert Trump gegen eine mangelnde Bereitschaft seiner europäischen Verbündeten, mehr für die Verteidigung auszugeben, während sie sich zugleich unter den militärischen Schutzschirm der USA stellen. Zwei Drittel der Nato-Mitglieder geben inzwischen die geforderten zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für ihre Streitkräfte aus, aber ein wiedererstarkter Trump wird wahrscheinlich mehr verlangen. Was auch immer geschieht, die Verteidigungsausgaben werden steigen müssen und die militärische Integration Europas muss vorangetrieben werden", prognostiziert die TIMES aus London.
"Ist Trump gut für die Türkei?", fragt die türkische Zeitung AKŞAM und bemerkt: "Zumindest gibt es Potenzial für eine neue Ära mit Trump. Fast alle europäischen Länder hatten auf Kamala Harris gesetzt. Die Türkei wartete lieber ab. Präsident Erdoğan besuchte während seiner Amtszeit weder Präsident Biden in Washington noch besuchte Biden die Türkei. Ankara hat früh erkannt, dass die Zeichen auf Trump stehen. Natürlich gibt es Erwartungen: Das Ende der israelischen Aggression und der Beginn einer Lösung der Palästina-Frage. Und auch ein Ende des Krieges in der Ukraine. Bei all diesen Prozessen sind Dialog und Kooperation mit der Türkei unverzichtbar. Erdoğan und Trump haben die Führungsqualität, bilaterale Gespräche führen zu können, auch wenn sie sich 'streiten'. Ankara freut sich daher auf die Zusammenarbeit mit Trump", betont die AKŞAM aus Istanbul.
Die mexikanische Zeitung LA RAZÓN denkt über die Gründe des Erfolgs von Donald Trump nach: "Das Versagen der populistischen Regierungen in Venezuela, Nicaragua und Kuba hat die fremdenfeindliche Rhetorik von Trump befeuert. Dass in den USA so viele Männer mit lateinamerikanischen Wurzeln oder Afroamerikaner für die Republikaner gestimmt haben, ist eine unmittelbare Reaktion auf die Situation auf dem Arbeitsmarkt in den USA. Jedes Jahr treffen Millionen illegale Migranten ein, was den Lohndruck erhöht. Auch die linken Regierungen in Kolumbien und in Mexiko haben dafür gesorgt, dass die Zahl der Migranten in den letzten Jahren auf eine Rekordhöhe gestiegen ist. Es ist die gescheiterte Politik in mehreren lateinamerikanischen Ländern, die zu einer Verarmung geführt und Millionen Menschen in die Flucht getrieben hat. Und genau die Ankunft dieser verzweifelten Menschen hat die Wähler in den USA dazu gebracht, Trump eine zweite Amtszeit zu gewähren", folgert LA RAZÓN aus Mexiko-Stadt.
Der Kommentator der Zeitung USA TODAY greift die Trump-Wähler an: "Wir haben gerade einen verurteilten Verbrecher gewählt, der Mobbing normalisiert hat, der Hass verbreitet hat wie eine Sprinkleranlage. Die Amerikaner haben sich für Massenabschiebungen, Chaos und Hass entschieden. Die Wähler haben den Mann gewählt, der unsere Verbündeten denunziert und sich bei unseren Feinden einschmeichelt. Die Wähler haben Trump gewählt. Er hat gewonnen. Die Grausamkeit hat gewonnen", merkt die USA TODAY aus Arlington an. Und damit endet die Internationale Presseschau.