12. November 2024
Die internationale Presseschau

Kommentiert wird die Weltklimakonferenz im aserbaidschanischen Baku. Zunächst geht es aber erneut um den Ausgang der Präsidentschaftswahl in den USA und ihre Folgen für die Welt.

Der erneute US-Präsident Donald Trump ist zufrieden mit dem Wahlergebnis. Hier in der Wahlnacht im Palm Beach Convention Center in Florida.
Was bedeutet ein erneuter US-Päsident Trump für die Weltgemeinschaft? (picture alliance / ASSOCIATED PRESS / Evan Vucci)
Dazu schreibt die spanische Zeitung EL PAÍS: "Der gewählte Präsident der Vereinigten Staaten, Donald Trump, wird erst am 20. Januar vereidigt. Er hat jedoch bereits damit begonnen, diejenigen auszuwählen, die in seinem Team für seine zweite Amtszeit mitwirken werden. Dabei priorisiert er Loyalität und Radikalität. Diese ersten Schritte sind besorgniserregend, weil sie darauf hindeuten, dass er bereit ist, die von den Republikanern erhaltenen Befugnisse zu nutzen, um die Grenzen der Institutionen auszutesten. Gleichzeitig zeigen sie die harte Linie, mit der Trump seine Amtszeit beginnen will. Die bereits von Trump genannten Namen werfen zudem Zweifel auf, ob sich wie 2016 erneut Personen finden werden, die der Verfassung treuer bleiben als Trump und versuchen werden, seine Exzesse zu bremsen", gibt EL PAÍS aus Madrid zu bedenken.
Die japanische Zeitung NIHON KEIZAI SHIMBUN notiert: "Die Wahrscheinlichkeit, dass Elon Musk irgendeinen Posten im Kabinett von Donald Trump bekommt, ist groß. Aber eine Berufung in die Regierung mit zu vielen Vorteilen für den Unternehmer bringt Interessenskonflikte mit sich und wirkt sich auch auf die Staatssicherheit negativ aus: Musks E-Auto-Geschäft hat ihren Schwerpunkt in China. Dem 53-Jährigen werden zudem auch gute Beziehungen zu Moskau nachgesagt. China und Russland könnten Musk politisch für sich ausnutzen und so Einfluss auf Trump ausüben", vermutet NIHON KEIZAI SHIMBUN aus Tokio.
"Musk mischt in Ukraine mit", titelt die österreichische Zeitung DER STANDARD und führt aus: "Elon Musk sitzt politisch offenbar auf Donald Trumps Schoß, bildlich gesprochen. Anders ist es nicht zu erklären, dass der Besitzer von X, Tesla, Space X und Starlink rein zufällig im Raum war, als der 'President-elect' mit dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj telefonierte. Logisch, dass die beiden über Krieg und Frieden sprachen. Weniger selbstverständlich ist, dass Trump seinen spendablen Wahlhelfer daran unmittelbar teilhaben ließ. Er übergab ihm kurzerhand das Telefon, damit Musk direkt mit Selenskyj reden konnte. Es lässt sich also schon jetzt sagen: Mit Geheimhaltung, Vertraulichkeit, Trennung von Staatsamt und privaten Interessen dürfte es der künftige Herr im Weißen Haus auch in der zweiten Amtszeit nicht so genau nehmen. Dieser Plausch zu dritt in Mar-a-Lago ist bemerkenswert. Der Krieg in Europa ist für Trump erste Priorität. Er wird einen Waffenstillstand mit der Brechstange erzwingen wollen, egal mit welchen Lösungen", ist sich DER STANDARD aus Wien sicher.
Die polnische Zeitung RZECZPOSPOLITA erläutert: "Jeder hat diesen Krieg satt. Sowohl in der Ukraine und in Europa als auch in den Vereinigten Staaten. Amerikas neuer Präsident hat wiederholt öffentlich versprochen, den Krieg schnell zu beenden. Wahrscheinlich nicht in einem oder mehreren Tagen, doch für ihn und viele seiner Wähler wird die Frage der Lösung des heißen Konflikts in der Ukraine ein Test für seine Leistungsfähigkeit sein. Und Trump wird hier vor nichts zurückschrecken, denn er weiß genau, dass er in dieser Angelegenheit die Unterstützung der Mehrheit der Wähler in den USA und die stille Unterstützung vieler europäischer Hauptstädte hat – und die wichtige Stimme vieler Ukrainer, die des nicht enden wollenden Albtraums überdrüssig sind", merkt die Warschauer RZECZPOSPOLITA an.
In der taiwanesischen Zeitung ZIYOU RIBAO ist zu lesen: "Trumps Triumph und die deutlichen Wahlerfolge der Republikanischen Partei bei den Kongress- und Gouverneurswahlen sind ein unverkennbares Zeichen dafür, dass liberale Einstellungen und Verhaltensweisen immer mehr an Popularität verlieren, wohingegen der Wunsch der Wähler nach einer Regierung der starken Hand immer größer wird. Das wird auch Auswirkungen auf Taiwan haben, denn Trump hatte im Wahlkampf von unserem Land 'mehr Schutzgeld' gefordert.Taiwan gibt für die Landesverteidigung gemessen am Bruttoinlandsprodukt um einiges weniger aus als die USA und ist zudem dabei, seine Kernkraftwerke abzuschalten, die im Falle eines Embargos lebensnotwendig wären. Wenn wir aber weiterhin nicht bereit sein sollten, mehr in unsere Sicherheit zu investieren, können wir auch kaum erwarten, dass US-Soldaten im Ernstfall für uns ihren Kopf riskieren werden", unterstreicht ZIYOU RIBAO aus Taipeh.
Die italienische Zeitung CORRIERE DELLA SERA aus Mailand wirft ein: "Die USA sind nach dem Wahlsieg Trumps tief gespalten. Was ist aus dem Land geworden, das aus Menschen besteht, die aus aller Welt gekommen sind und nun gegen Neuankömmlinge wüten? Niemand kann erklären, warum so viele Wählerinnen und Wähler, die von Trump beleidigt wurden - Latinos, Afroamerikaner und auch Frauen -, für ihn gestimmt haben."
Nun nach Baku. Die schwedische Zeitung DAGENS NYHETER analysiert: "Auch wenn 2024 wahrscheinlich das heißeste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen sein wird, ist die Stimmung bei der Weltklimakonferenz kühl. Dabei geht es nicht nur darum, dass Führungspersönlichkeiten wie Joe Biden, Olaf Scholz, Emmanuel Macron und Ursula von der Leyen der Veranstaltung fernbleiben, sondern auch darum, dass die Veranstaltung als ein 'Zwischentreffen' vor der Konferenz in Brasilien im nächsten Jahr beschrieben wird. Hinzu kommt, dass Donald Trumps Wahlsieg den Verhandlungen viel Energie genommen hat und es deutlich schwieriger machen wird, eine Vereinbarung zu erzielen", bemerkt DAGENS NYHETER aus Stockholm.
"Die Stimmung in Baku ist gedrückt, aber das ist nicht zum ersten Mal der Fall", heißt es in der norwegischen Zeitung AFTENPOSTEN: "2016 nach dem ersten Wahlsieg von Trump war der Schock noch größer. Da fand der UNO-Klimagipfel in Marokko statt, ein Jahr nach der Verabschiedung des Pariser Klimaabkommens. Es war ein Triumph, denn darin wurden ehrgeizigere Ziele formuliert, als die meisten im Voraus für möglich gehalten hätten. Für 2016 erhoffte man sich eine Fortsetzung der guten Stimmung, aber dann platzte das Ergebnis der US-Präsidentschaftswahlen dazwischen. Trump gewann und setzte sein Wahlversprechen um, sich aus dem Abkommen zurückzuziehen. Adieu Paris, heißt es jetzt wohl schon zum zweiten Mal. Die Folgen des Klimawandels sind immer deutlicher zu spüren, wie die Flutkatastrophe in Spanien zeigt. Paris war nur deshalb ein Erfolg, weil die USA und China damals noch kooperierten", unterstreicht AFTENPOSTEN aus Oslo.
"Die diesjährige Klimakonferenz in Baku ist von Pessimismus geprägt", beobachtet auch die spanische Zeitung LA VANGUARDIA aus Barcelona: "Die Emissionen klimaschädlicher Gase steigen nach wie vor. Zudem wird die Erderhitzung immer deutlicher spürbar. Alles deutet darauf hin, dass 2024 den traurigen Rekord als heißestes Jahr der Geschichte brechen wird. Zum ersten Mal liegen die Temperaturen um 1,5 Grad höher als im vorindustriellen Zeitalter. Wenn sich dieser Anstieg fortsetzt, droht eine globale Katastrophe."
Die belgische Zeitung DE STANDAARD hält fest: "Die Tagesordnung in Baku dreht sich diesmal mehr um Geld als um die Reduzierung von Treibhausgasen. Wie kann ein Fonds finanziert werden, der die Entwicklungsländer bei der Reduzierung der Emissionen sowie bei der Anpassung an den Klimawandel und der Beseitigung von Schäden nach klimabedingten Katastrophen unterstützt? Europäische Regierungen sind nicht in der Stimmung, ihre Brieftaschen zu öffnen. Deshalb wird privates Geld benötigt. Damit stellt sich die Frage, wie ein Rahmen geschaffen werden kann, der entsprechende Investitionen attraktiv macht. Das reicht von großen Unternehmen bis hin zu Bürgern mit Ersparnissen auf der Suche nach einer ansehnlichen Rendite." Das war zum Ende der internationalen Presseschau DE STANDAARD aus Brüssel.