"Das Ergebnis kam wie ein Schock", notiert die LIBERTATEA aus Bukarest. "Die großen etablierten Parteien - die sozialdemokratische PSD und die nationalliberale PNL - haben ein Desaster erlitten. Es ist eine Niederlage für das gebildete Rumänien, und ebenso hat der rumänische Geheimdienst geschlafen. Dieser hätte uns vor einer Einmischung von außen schützen müssen. Das Rezept von Georgescu bestand aus einer Mischung russischer Bots, chinesischer Algorithmen und Verschwörungsmythen auf Tiktok. Es ist merkwürdig, wie blauäugig unsere Polizei war", urteilt die rumänische LIBERTATEA.
Das rumänische Nachrichtenportal G4Media mit Sitz in Bukarest moniert: "Ein anti-westlicher, pro-russischer, neo-faschistischer und antisemitischer Kandidat gewinnt die erste Runde der Präsidentschaftswahlen. Dabei kann man mit einer einzigen Google-Suche alles über Georgescu herausfinden. Doch für viele reduziert sich das Informieren im Internet auf das Anschauen von Tiktok-Clips. Die Art und Weise, wie Propaganda betrieben wird, hat sich grundlegend geändert."
Die tschechische HOSPODARSKE NOVINY aus Prag argumentiert: "Es lässt sich ein Trend der zunehmenden Unterstützung für die extreme Rechte in Mitteleuropa erkennen. Deren Kandidaten sprechen auf der Online-Plattform Tiktok aktiv junge Wähler an. Zwar sagt es noch niemand laut, aber man muss davon ausgehen, dass die Wahlen durch russische Unterstützung für Georgescu beeinflusst werden."
Im Luxemburger TAGEBLATT ist zu lesen: "Erstmals wurde der Stimmenstreit in Rumänien fast ausschließlich über Soziale Medien geführt. Griffige Botschaften kommen bei einem Publikum ohne große Vorkenntnisse an. Inhalte verschwinden hinter Form und Präsentation. Der Urnengang sollte auch für mitteleuropäische Stimmenjäger ein Warnsignal sein."
Der GUARDIAN aus London warnt vor den Folgen für die Ukraine im Falle eines Sieges von Georgescu: "Er weist Ähnlichkeiten mit Ungarns Premierminister Viktor Orban auf. Nun steht gerade eine entscheidende Phase bevor, in der die Ukraine versuchen wird, Rahmenbedingungen für künftige Waffenstillstandsverhandlungen mit Russland zu schaffen. Es wäre daher ein herber Schlag für Kiew, die Unterstützung eines weiteren Nachbarlandes zu verlieren."
Abschließend dazu noch die BERNER ZEITUNG aus der Schweiz: "Aus NATO-Sicht gibt es Gründe, beunruhigt auf die im Dezember anstehende Präsidentenstichwahl zu blicken – zumal laut rumänischer Verfassung das Staatsoberhaupt die Außen- und die Verteidigungspolitik bestimmt. Ob das Land die stabile Basis in der Region für die Unterstützung der Ukraine bleiben wird, ist fraglich. Und auch für die Europäische Union ist Georgescus Aufstieg ein Tiefschlag: In dem ohnehin seit Jahren bröckelnden Gebäude der viel beschworenen Wertegemeinschaft zeigt sich jetzt ein weiterer, kräftiger Riss", meint die BERNER ZEITUNG.
Kurz nach Deutschland - die SPD-Spitze hat Olaf Scholz als Kanzlerkandidaten nominiert. Scholz betonte anschließend sein enges Verhältnis zu Verteidigungsminister Pistorius. DER STANDARD aus Wien kommentiert: "Die Verantwortung, die auf Pistorius liegt, ist keine kleine. Man wird ihn misstrauisch beobachten, jede Geste und jeden Halbsatz interpretieren. Steht er auch wirklich hinter Scholz? Aber vielleicht fällt das Pistorius auch gar nicht schwer. Er kann jetzt zuschauen, wie sich Scholz abstrampelt und, aus heutiger Sicht, vermutlich das Kanzleramt verliert. Danach wird der Verteidigungsminister umso mehr gebraucht", schreibt der österreichische STANDARD.
Die NESAWISSIMAJA GASETA aus Moskau erläutert: "Pistorius verzichtete freiwillig zugunsten des jetzigen Regierungschefs. Er ist, anders als der Kanzler, ein durch und durch pro-atlantischer Politiker, der es versteht, seine Nase im Wind zu halten. Es ist kein Zufall, dass er in den Jahren der Annäherung an Moskau sogar Russisch lernte. Pistorius' freiwillige Weigerung, mit Scholz um die Führung der Partei zu kämpfen, ist höchstwahrscheinlich vorübergehender Natur. Während die Position des Kanzlers schwächer wird, werden die Ambitionen des Verteidigungsministers wachsen", erwartet die russische NESAWISSIMAJA GASETA.
Themenwechsel. Das israelische Kabinett hat die Behörden offenbar angewiesen, die regierungskritische Zeitung HAARETZ zu boykottieren - gebilligt von Ministerpräsident Netanjahu. Das betroffene Blatt vermerkt dazu: "Die Regierungskoalition demontiert die Demokratie. Gerade in Kriegszeiten ist es besonders wichtig, kritische Meinungen zu äußern. Es wird nicht nur bei diesem einen Versuch bleiben, die Medien mundtot zu machen. Netanjahu gleicht damit dem russischen Präsidenten Putin, dem türkischen Präsident Erdogan und dem ungarischen Ministerpräsidenten Orban, die die Medien in ihren Ländern zum Propaganda-Arm der Regierung gemacht haben", kritisiert HAARETZ aus Tel Aviv.
Dazu die Meinung der spanischen Zeitung EL PAIS: "Staatlich finanzierte Stellen dürfen künftig keine Werbung mehr in der Haaretz schalten, sämtliche Abonnements von staatlicher Seite werden gekündigt. Das ist nichts anderes als ein Vorstoß, um Haaretz die Existenzgrundlage zu entziehen. Die Regierung rechtfertigt die Maßnahme damit, dass die Kommentare der Zeitung das legitime Recht Israels auf Selbstverteidigung in Frage stellen. Aber in Wahrheit unternimmt Netanjahu damit einen weiteren Schritt, um die Pressevielfalt in seinem Land zu unterdrücken", betont EL PAIS aus Madrid.
Die chinesische JIEFANG RIBAO geht auf die angekündigte Wiederaufnahme der Gespräche zwischen den EU-Ländern und dem Iran über dessen Atomprogramm ein: "Es ist mehr als fraglich, ob die Position der europäischen Verhandlungspartner stark genug ist, um die USA unter dem künftigen Präsidenten Trump an den Gesprächen zu beteiligen oder gar ohne Washington weiter zu verhandeln. Die Regierungen in London, Paris und Berlin versuchen derweil, über die Internationale Atomenergie-Behörde Druck auf Teheran auszuüben. Ziel dürfte sein, die in eine Sackgasse geratenen Verhandlungen vor Trumps Amtseinführung im Januar erfolgreich abzuschließen", ist in JIEFANG RIBAO aus Schanghai zu lesen.
Der designierte US-Präsident Trump hat Strafzölle auf Waren aus Kanada, Mexiko und China angekündigt. "Trumps Zoll-Theater ist wieder da", konstatiert die japanische NIHON KEIZAI SHIMBUN. "Die Weltwirtschaft wird noch vor seinem Amtsantritt im Januar hin und her geschüttelt. Die Zölle drücken die Verbraucherpreise in den USA nach oben. Die US-Notenbank Fed könnte dann gezwungen sein, von weiteren Zinssenkungen abzusehen. Und die hohen Leitzinsen könnten die Periode des teuren Dollars weiter verlängern. Die Folge: Ein Protektionismus, der die Globalisierung zurückdreht und den multilateralen Rahmen ins Wanken bringt", analysiert NIHON KEIZAI SHIMBUN aus Tokio.
"Zölle bergen ein großes Potenzial für Vetternwirtschaft", schätzt die NEW YORK TIMES und führt aus: "Weil die Art und Weise, wie sie funktionieren, viel Spielraum für die Durchsetzung nach eigenem Ermessen bietet. Der Präsident kann Verbündete von Zöllen befreien. Und glaubt irgendjemand, dass die Trump-Regierung zu moralisch ist, um das zu tun? Trump selbst hat damit geprahlt, dass er das System austricksen kann."
Abschließend noch der Kommentar der kanadischen GLOBE AND MAIL aus Toronto: "Die Zölle müssen nun höchste Priorität für Premierminister Trudeau haben. In den nächsten vier Jahren werden die Beziehungen zwischen Kanada und den USA schon an guten Tagen kompliziert sein - an schlechten Tagen droht eine ernste Krise."