27. November 2024
Die internationale Presseschau

Die Zoll-Ankündigungen des künftigen US-Präsidenten Trump werden kommentiert, ebenso wie die Memoiren von Altkanzlerin Merkel. Zunächst geht es um die Waffenruhe zwischen Israel und der Hisbollah-Miliz im Libanon, die heute früh in Kraft getreten ist.

Benjamin Netanjahu steht an einem Rednerpult und gestikuliert. Im Hintergrund steht eine israelische Fahne.
Benjamin Netanjahu (Ohad Zwigenberg / Pool AP / dpa / Ohad Zwigenberg)
Die australische Zeitung THE SYDNEY MORNING HERALD fasst zusammen: "Israels Ministerpräsident Netanjahu hat der Vereinbarung zugestimmt, um sich auf die Bedrohung aus dem Iran zu konzentrieren, die israelischen Streitkräfte zu entlasten und den Konflikt vom Krieg im Gazastreifen zu trennen. Die Hisbollah hatte ursprünglich darauf bestanden, einer Waffenruhe erst nach Beendigung des Gaza-Krieges zuzustimmen, ließ diese Bedingung jedoch fallen. Nun steht die Hamas isoliert da. Trotz der Bemühungen um eine Feuerpause bleibt der Konflikt dort unlösbar. Das ist sehr bedauerlich. Aber ein Schritt ist besser als keiner. Die Waffenruhe ist eine willkommene Nachricht für die Menschen im Libanon", meint der SYDNEY MORNING HERALD.
Die libanesische Zeitung L'ORIENT-LE JOUR betont: "So heilsam die Beendigung des Massakers auch sein mag, das Problem des Libanons ist noch lange nicht gelöst. Es wurde zur großen Erleichterung des Feindes aus dem Grenzgebiet verlagert. Es wird sich nun wahrscheinlich im Rest des Landes mit neuer Schärfe zeigen. Die Hisbollah muss beweisen, dass sie mehr libanesisch denn persisch ist. Das ist sie uns allen schuldig. Nicht nur der schiitischen Gemeinschaft, die durch ihr missglücktes Vorgehen besonders hart getroffen und praktisch im Stich gelassen wurde. Auch die anderen Gruppen sind in der Pflicht, das Land wieder aufzubauen, das durch ausländische Einmischungen zerstört wurde. All diese Menschen dürfen nicht umsonst gestorben sein. Der Libanon sucht verzweifelt nach Staatsmännern", ist in der Zeitung L'ORIENT-LE JOUR aus Beirut zu lesen.
Die israelische JERUSALEM POST notiert: "Die Waffenruhe bietet die Chance, sich neu zu organisieren, die Hamas unter Druck zu setzen und sich internationale Unterstützung zu sichern - all das ist auf lange Sicht entscheidend. Wenn dieses Abkommen aber mehr sein soll als eine kurze Atempause, muss es zu echter, dauerhafter Sicherheit für diejenigen führen, die den höchsten Preis gezahlt haben - die Bewohner im Norden Israels. Nur dann können sie und der Rest des Landes mit Hoffnung statt mit Angst in die Zukunft blicken", mahnt die JERUSALEM POST.
Die Zeitung AL HAYAT AL-JADIDA aus dem besetzten Westjordanland ist überzeugt: "Das Abkommen bedeutet einen strategischen Wandel für den Libanon und die Region. Es könnte den Weg für eine Normalisierung der Beziehungen zwischen allen regionalen Parteien ebnen, vielleicht sogar für ein neues amerikanisch-iranisches Atomabkommen. Die Vereinbarung hat die Chance, den gesamten Nahen Osten zu verändern und vielleicht sogar den bewaffneten Widerstand gegen Israel zu beenden. Letztlich könnte das Abkommen auch zu einem Ende des Gaza-Krieges führen. Das gilt umso mehr, weil es auch im Sinne der künftigen US-Regierung unter Donald Trump sein dürfte", unterstreicht AL HAYAT AL-JADIDA aus Ramallah.
Die künftige US-Regierung ist auch Thema in der norwegischen Zeitung DAGBLADET. Sie nimmt aber die Ankündigung vom designierten Präsidenten Trump in den Blick, hohe Importzölle gegen China, Mexiko und Kanada zu verhängen: "Im Wahlkampf begründete er die Einführung von Zöllen auf chinesische Importe noch mit dem Schutz von Arbeitsplätzen in den USA, aber nun will er auch Zölle gegen die Nachbarländer verhängen, damit diese ihren Einsatz gegen den Schmuggel von Fentanyl erhöhen. Es ist nichts Ungewöhnliches, dass Trump kleine und große Testballons in sozialen Medien steigen lässt, aber diese Drohung sollte man ernst nehmen. Zweifelsohne gefällt es Trump, Schockwellen auszulösen und Chaos zu verbreiten. Aber es ist ein riskantes Spiel, sich mit China und seinen nächsten Nachbarn anzulegen und einen Handelskrieg anzuzetteln, der auch den USA schadet", warnt das DAGBLADET aus Oslo.
"Mit neuen Strafzöllen wird man der amerikanischen Volkswirtschaft keinen neuen Schwung verleihen können", kommentiert die chinesische Zeitung HUANQIU SHIBAO: "Außerdem ist Trumps Begründung, es handele sich um eine Sanktionierung wegen der Ausfuhr illegaler Drogen in die USA, absolut inakzeptabel. Die Behauptung, China würde die Vereinigten Staaten vorsätzlich mit Fentanyl überschwemmen, entbehrt jede Grundlage. Diese Entscheidung wird nicht nur die Handelsbeziehungen zwischen Washington und Peking belasten, sondern sich auch auf die ohnehin auf sehr wackligen Füßen stehende Weltwirtschaft negativ auswirken", erwartet HUANQIU SHIBAO aus Peking.
Die mexikanische Zeitung EL FINANCIERO argumentiert: "Vermutlich wird Trump keine Strafzölle in Höhe von 25 Prozent auf sämtliche Importe aus Mexiko und Kanada verhängen, auch wenn er damit gedroht hat. Ein solcher Schritt wäre schließlich nicht nur eine Katastrophe für Mexiko und Kanada, sondern auch für die Wirtschaft der USA. Ganz offensichtlich geht es ihm mit seiner öffentlich geäußerten Drohung vor allem darum, ein Druckmittel für die Politikfelder in der Hand zu haben, die ihm besonders wichtig sind: die Kontrolle der Migration und die Bekämpfung des Fentanyl-Schmuggels. Es sind dies weder die ersten Drohungen von Trump, noch werden es die letzten sein - wir erinnern uns noch gut an seinen Verhandlungsstil während seiner ersten Amtszeit", vermerkt EL FINANCIERO aus Mexiko-Stadt.
"Für Kanada steht viel auf dem Spiel", heißt es in der NATIONAL POST aus Toronto: "Die einzig mögliche Reaktion auf den Erzprotektionisten besteht darin, höflich, positiv und flexibel zu sein und zu betonen, dass Kanada sich notfalls verteidigen wird. Gleichzeitig muss Ottawa anerkennen, dass die USA in Bezug auf die Drogen- und Migrationskrise, wegen der Trump gewählt wurde, berechtigte Sorgen haben. Wahrscheinlich ist Trumps Salve ein frühes Verhandlungsmanöver."
Der INDIAN EXPRESS aus Mumbai befürchtet: "Die Verhängung hoher Zölle könnte zu einer Unterbrechung der Lieferketten führen, die Inflation anheizen, die Kosten für Verbraucher und Unternehmen erhöhen und sich auf die Zinssätze auswirken. Die Politik der Zollerhöhung scheint jedoch sowohl bei den Republikanern als auch bei den Demokraten Anklang gefunden zu haben. Viele ehemalige Befürworter des Freihandels lassen sich bei ihren politischen Entscheidungen nun von protektionistischen Impulsen leiten."
Zum letzten Thema: Altkanzlerin Merkel hat ihre Memoiren mit dem Titel "Freiheit" veröffentlicht. Die britische Zeitung DAILY TELEGRAPH überlegt: "Nur wenige Politiker wurden während ihrer Karriere höher gelobt und im Ruhestand schlimmer geschmäht als Angela Merkel. Die frühere deutsche Bundeskanzlerin galt als die überragende europäische Politikerin ihrer Zeit, bevor sie 2021 zurücktrat. Doch nun ist ihr Erbe die Ursache für viele der aktuellen Schwierigkeiten Deutschlands und des Kontinents. Merkels Memoiren dulden keine Kritik, auch wenn sie darin den einen oder anderen Fehler einräumt. Aber es waren mehr als nur ein paar Fehler", heißt es im DAILY TELEGRAPH aus London.
Die finnische Zeitung ILTA-SANOMAT überlegt: "Hat Deutschland während der Schuldenkrise tatsächlich richtig gehandelt? Was war mit der Entscheidung 2015, eine große Zahl an Migranten aufzunehmen? Wie sieht es mit dem Atomausstieg aus? Das größte Fragezeichen betrifft jedoch Merkels Ostpolitik. Billiges russisches Gas brachte Deutschland zum Verstummen, als Putin sein Imperium erweiterte. Nicht einmal die Annexion der Krim führte zu einem Umdenken. Merkels Memoiren bieten ihr die Gelegenheit, auf solche Kritik zu reagieren. Allerdings sind viele der Ansicht, dass sie keine Verantwortung für ihre Fehler in der Ostpolitik übernimmt. Vielleicht ist das Thema Russland und Ukraine etwas zu groß, wie Merkel in ihrem Vorwort schreibt. Aber für etwas mehr Selbstkritik wäre in dem Buch durchaus Platz gewesen."