03. Dezember 2024
Die internationale Presseschau

Die Zeitungen blicken auf die Lage im Nahen Osten und kommentieren den Haushaltsstreit in Frankreich. Im Mittelpunkt steht jedoch die Ankündigung von US-Präsident Joe Biden, seinen Sohn zu begnadigen.

Nantucket: US-Präsident Joe Biden (l) und sein Sohn Hunter Biden spazieren in der Innenstadt von Nantucket, Massachusetts.
US-Präsident Biden (l.) begnadigt seinen Sohn Hunter - das ist ein Thema in den ausländischen Zeitungen (Archivbild). (Jose Luis Magana / AP / dpa / Jose Luis Magana)
Die schwedische Zeitung AFTONBLADET erläutert: "Erst kürzlich wurde Hunter Biden wegen Verstößen gegen Waffen- und Steuergesetze verurteilt, und es bestand für ihn das Risiko, den Rest seines Lebens hinter Schloss und Riegel zu verbringen. Das ist kaum der Sohn, den sich ein amtierender Präsident erträumt, aber es ist nun einmal der Sohn, den er hat. Biden begründet seine Entscheidung damit, dass Hunter zu unrecht und aus politischen Motiven angeklagt wurde, aber damit öffnet er die Büchse der Pandora. Jetzt kann nämlich Trump behaupten, dass er nichts anderes als Biden tut, denn hunderte Personen sitzen nach dem Sturm auf das Kapitol 2021 im Gefängnis und warten auf eine Begnadigung durch Trump", notiert AFTONBLADET aus Stockholm.
Die US-amerikanische Zeitung WASHINGTON POST wirft ein: "Niemand sollte überrascht sein, wenn Trump sich auf die Begnadigung von Hunter Biden beruft, um die Begnadigung weiterer seiner Verbündeten zu rechtfertigen, vielleicht sogar derer, die am 6. Januar am Sturm auf das Kapitol teilgenommen haben. Mit dieser maßlosen und egoistischen Handlung hat Präsident Biden die edlen Motive, mit denen er vor vier Jahren das Amt anstrebte, im Nachhinein untergraben. Er hat damit das letzte Kapitel seiner politischen Karriere für immer beschädigt", urteilt die WASHINGTON POST.
Mit Blick auf die Begründung des Präsidenten bemerkt die britische Zeitung THE TELEGRAPH: "Biden sagt, sein Sohn sei das Opfer eines politisierten Justizsystems gewesen, das ihn aufgrund seiner Position härter behandelt habe als andere. Das ist genau das, was Trump in Bezug auf die gegen ihn angestrengten Verfahren erklärt hat, nämlich dass sie im Wesentlichen ein Missbrauch des Rechtssystems für die Verfolgung politischer Gegner seien. Man könnte argumentieren, dass die Anschuldigungen gegen Trump anderer Natur sind, aber der Punkt ist derselbe", argumentiert THE TELEGRAPH aus London.
Die polnische RZECZPOSPOLITA spricht von einem Problem, dass weit über eine Familienangelegenheit hinaus gehe: "Es betrifft ganz direkt die Partei der Demokraten, die durch den scheidenden Präsidenten großen Schaden erlitten hat. Es ist darüber hinaus ein Schlag für die gesamte liberale Demokratie. Denn die Entscheidung ist Wasser auf die Mühlen aller Verschwörungstheorien, mit denen rechte Gruppierungen das Vertrauen in staatliche Behörden, das Justizsystem und die Medien untergraben. Biden liefert Argumente für alle, die glauben, dass die Regierung sich um ihre Privilegien kümmert und die Medien sowie das Justizsystem - in diesem Fall das Begnadigungsgesetz – nutzt, um ihren Vorteil aufrechtzuerhalten", urteilt die RZECZPOSPOLITA aus Warschau.
Die niederländische Zeitung DE VOLKSRANT findet, Bidem sei "auf ein für einen Präsidenten unwürdiges Verhalten herabgesunken, wie es bisher vor allem sein Vorgänger und auch Nachfolger an den Tag gelegt hat.Vetternwirtschaft und das Misstrauen gegenüber dem Justizsystem können nun definitiv nicht mehr als typisch trumpistisch bezeichnet werden. Das macht es schwieriger, Trump für seinen zügellosen Nepotismus zu kritisieren, selbst wenn er seiner halben Familie Jobs in der Regierung verschafft." Das war DE VOLKSKRANT aus Amsterdam.
Themenwechsel. Die chinesische Staatszeitung WENHUIBAO geht ein auf die Lage im Nahen Osten: "Das regionale Chaos hat nun auch Syrien erreicht, wo der Bürgerkrieg wieder aufgeflammt ist. Nach den israelischen Militärschlägen gegen die Hisbollah im Libanon sind die bewaffneten syrischen Oppositionskräfte wieder auf dem Vormarsch. Sie konnten die Stadt Aleppo einnehmen. Die syrischen Regierungstruppen sind auf die Unterstützung der russische Luftwaffe angewiesen. Russland ist aber wegen des Konflikts in der Ukraine dort stark gefordert. Jetzt wird deutlich, dass der bewaffnete Konflikt in Syrien nur aus dem Blickfeld geraten ist, seine Lösung aber weiterhin aussteht", stellt WENHUIBAO aus Shanghai fest.
Die pan-arabische Zeitung SHARQ AL-AWSAT vermutet, die Gewalt in Syrien habe auch Auswirkungen auf andere Akteure, insbesondere auf Russland: "Das Letzte, was Putin aufgrund seiner starken Verstrickung in den Ukraine-Krieg braucht, ist eine weitere große Eskalation in Syrien. Denn dies würde ihn zwingen, erhebliche Kräfte aus der Ukraine nach Syrien zu verlegen, um das Assad-Regime zu schützen. Für die US-Regierung werden die Schwächen von Putins geopolitischen Manövern offenbart. Dafür nimmt Washington sogar in Kauf, dass die islamistischen Extremisten immer stärker werden", schreibt SHARQ AL-AWSAT mit Sitz in London.
Die mexikanische Zeitung LA RAZON ist sich sicher: "Das Assad-Regime hat durch brutale Unterdrückung, die Eliminierung von Gegnern und Hilfe von außen die letzten Jahre überlebt, aber seine Position ist fragil geblieben. Wenn die Rebellen jetzt noch mehr an Boden gewinnen, ohne dass Assad Hilfe seiner russischen oder iranischen Verbündeten erhält, wird es für den Diktator noch brenzliger. Syrien ist ein Pulverfass in der Region - und es ist ein Beispiel dafür, wie geopolitische Interessen und Stellvertreterkriege einen Konflikt verlängern können und dadurch die Unsicherheit gesteigert wird", folgert LA RAZON aus Mexiko-Stadt.
Die aserbaidschanische Zeitung MÜSAVAT beobachtet: "Der Prozess der Neugestaltung des Nahen Ostens steht vor der nächsten Etappe, bis dahin wird in der Region Chaos herrschen. In der gegenwärtigen Situation prallen die Interessen der Länder und der Staaten, die in der Region aktiv sind, stark aufeinander. Der Punkt ist, dass die USA und Europa nicht verstanden haben, dass die Türkei andere Pläne hat. Das Hauptziel ist nicht nur das Assad-Regime. Ankara macht keinen Hehl aus seiner Absicht, die Terrororganisationen PKK und ihre syrische Schwester PYD, die die nationale Sicherheit bedrohen, ein für alle Mal zu vernichten", lesen wir in MÜSAVAT aus Baku.
Die spanische Zeitung EL PAIS bemerkt zum Haushaltsstreit in Frankreich: "Die politische Krise war zu erwarten, nachdem Präsident Macron die riskante Entscheidung getroffen hatte, statt einem linken Politiker Michel Barnier zum Premier zu ernennen. Die Stabilität seiner konservativen Regierung hing davon ab, wie lange der ultrarechten Marine Le Pen ihre Unterstützung opportun erschien - und das waren jetzt gerade einmal drei Monate. Die Verantwortung dafür liegt bei Macron, denn er war es, auf den diese Entscheidung zurückgeht, und jetzt ist der Schuss nach hinten losgegangen. Sowohl die linken als auch die ultrarechten Parteien könnten jetzt Neuwahlen erzwingen, was die wirtschaftlichen Probleme verstärken dürfte. Die Instabilität wird früher oder später zu Neuwahlen führen", erwartet EL PAIS aus Madrid.
Die französische Zeitung LES DERNIERES NOUVELLES DALSACE aus Straßburg befürchtet: "Der Rassemblement National bestimmt nun den Gang der französischen Politik. In den kommenden Tagen wird der vom Linksbündnis eingebrachte Misstrauensantrag, sofern er nicht noch einmal umgestoßen wird, über das Rassemblement National und seine Abgeordneten umgesetzt werden, ohne dass dies die Befürworter sonderlich beunruhigt. Daumen hoch, Daumen runter: In gewisser Weise liegt die Macht bereits in den Händen der rechtsnationalen Partei."
Die japanische Zeitung ASAHI SHIMBUN verweist auf Probleme in anderen europäischen Ländern: "In Deutschland ist im November die Ampelregierung unter Kanzler Scholz zusammengebrochen, die Neuwahl des Bundestags steht im Februar an. Europa steht vor großen Herausforderungen. Es geht um die Politik des designierten US-Präsidenten Trump oder etwa die Fortsetzung der Ukraine-Hilfen. Sollte sich die Instabilität bei den beiden führenden EU-Länder, Deutschland und Frankreich, länger hinziehen, ist zu befürchten, dass das sich auf die gesamte Europäische Union negativ auswirkt", kommentiert ASAHI SHIMBUN aus Tokio zum Ende der Presseschau.