![Ein Mann zerreißt ein Foto des syrischen Präsidenten Bashar Assad vor der syrischen Botschaft in Belgrad Ein Mann zerreißt ein Foto des syrischen Präsidenten Bashar Assad vor der syrischen Botschaft in Belgrad](https://bilder.deutschlandfunk.de/1d/2a/0d/0d/1d2a0d0d-7ce7-4b01-aaea-e816e7fa5275/assad-106-1920x1080.jpg)
Die arabisch-sprachige Zeitung AL QUDS AL-ARABY spricht von einem historischen Ereignis: "Den Menschen in Syrien ist ein Putsch gelungen, mit dem eines der brutalsten und korruptesten Regime in der Region gestürzt wurde. Nun eröffnet sich für Syrien die Möglichkeit einer neuen Entwicklung zum Wohle der Bevölkerung. Viele Menschen werden schnell in ihre Städte und Dörfer zurückkehren, aus denen sie vertrieben wurden. Das ist ein in jeder Hinsicht positiver Neuanfang für die Welt. Der 8. Dezember wird die Verhältnisse in der Region grundlegend verändern", ist sich AL QUDS AL-ARABY sicher, die in London erscheint.
Die libanesische Zeitung ELAPH rechnet in Syrien mit einer politischen Kraftprobe: "So wird Russland versuchen, seinen Einfluss aufrechtzuerhalten. Zugleich werden die USA alles daran setzen, sich deutlich mehr Geltung zu verschaffen. Entscheidend wird aber sein, wie die Regionalmächte, allen voran Saudi-Arabien und die Türkei, mit der neuen syrischen Führung zusammenarbeiten. Das Wichtigste ist, dass der Einfluss des Irans zurückgeht, sowohl im Libanon und in Syrien als auch im Irak. Viele Akteure in der Region hoffen jetzt auf einen neuen, lebendigen Nahen Osten ohne Extremismus und Gewalt." Das war ELAPH aus Beirut.
Die palästinensische Zeitung AL-AYYAM aus Ramallah kritisiert. "Zwar hat die syrische Opposition Assad nun endgültig vertrieben. Aber sie hat keine politischen Vorstellungen, wie es mit den großen Konflikten in der Region weitergeht, zum Beispiel mit der Palästinenserfrage und dem besetzten Golan."
Die israelische Zeitung JERUSALEM POST kommentiert: "Russland und der Iran sind nicht in der Lage, Syrien als einen ihrer ältesten Verbündeten zu schützen. Israel und die USA können allen, die unter dem iranisch-russischen Schutzschirm stehen, eine Botschaft senden: Das sind nicht eure Freunde und sie werden euch nicht retten, wenn ihr unsere Länder herausfordert. Wenn wir es richtig anstellen, können wir die globale Dynamik für Jahrzehnte neu gestalten, aber wir müssen methodisch und präzise vorgehen, um die Überforderung des Feindes zu nutzen." Das war die Meinung der JERUSALEM POST.
Die türkische Zeitung YENI BIRLIK blickt auf Nordsyrien. Die dort ansässige Kurden-Miliz hat sich am Sturz des Assad-Regimes beteiligt. So schreibt die Zeitung aus Ankara: "Die türkische Regierung legt großen Wert darauf, dass dieses Gebiet frei von Terroristen ist, etwa von der kurdischen YPG. Eine Säuberung könnte ein erster Schritt sein. Wenn die Dinge gut laufen, wird Ankara den Kampf gegen den Terrorismus im Irak verstärken."
Russland als frühere Schutzmacht Syriens unterhält zwei Militärstützpunkte in dem Land. Dazu schreibt die russische Zeitung NESAWISSIMAJA GASETA: "Es ist keinesfalls ausgemacht, dass russische Kräfte Syrien jetzt verlassen werden. Wer nun definitiv seinen Einfluss verliert, sind der Iran und pro-iranische Gruppen. Ein Teil der syrischen Opposition hat trotz allem, was passiert ist, eine eher herzliche Haltung gegenüber der Russischen Föderation. Die Zukunft der russischen Stützpunkte in Syrien wird vermutlich im Rahmen von Verhandlungen entschieden“, notiert die NESAWISSIMAJA GASETA aus Moskau.
China hat im vergangenen Jahr eine strategische Partnerschaft mit dem syrischen Assad-Regime in Damaskus geschlossen. Vor diesem Hintergrund äußert sich die Zeitung CHINA DAILY: "Was in Syrien geschieht, ist eine weitere Folge des Konflikts zwischen Israel und der Hamas. Mit Washingtons Rückendeckung und Ermutigung hat die israelische Regierung im Nahen Osten eine Streitmacht nach der anderen angegriffen. Israels rücksichtslose Kriegsmaschinerie hat das Machtgleichgewicht in der Region zerstört und den syrischen Rebellen die Gelegenheit verschafft, auf die sie gewartet haben," meint CHINA DAILY, und weiter heißt es: "Jede ausländische Einmischung, die auf einen Regimewechsel in Syrien abzielt, muss verurteilt werden. Die UNO-Resolutionen müssen eingehalten werden. Die internationale Gemeinschaft sollte eine friedliche und angemessene Lösung der Krise in Syrien durch einen umfassenden politischen Dialog zu einem frühen Zeitpunkt unterstützen."
Auch der Iran war bislang ein wichtiger Unterstützer des syrischen Regimes. Die Zeitung HAMMIHAN aus Teheran stellt Fragen: "Warum haben die iranischen Entscheidungsträger nie einen Moment darüber nachgedacht, auch Stimmmen der Kritiker ihrer Syrien-Politik zu berücksichtigen? Warum wurden alle Kritiker so behandelt, als wären sie böswillige Feinde des Irans? Wenn man ihnen ein wenig zugehört hätte, wären wir heute nicht in dieser Situation, in der alle den Mund halten und keine Erklärungen zu den Ereignissen in Syrien abgeben. Die Zeit von Assad ist zwar vorbei, aber das ist erst der Anfang für den Iran. Es muss ganz klar und deutlich beantwortet werden, wo der Fehler lag und wie hoch der Preis ist, den wir für Assads Unterstützung bezahlt haben", fordert HAMMIHAN aus Teheran.
"Die Freude über Assads Sturz könnte verfrüht sein," lesen wir indes in der österreichischen Zeitung DIE PRESSE: "Denn das Sagen hat nun ein jihadistischer Extremist, der Kreide gefressen hat. Mohammed al-Dschaulani, der Chef der siegreichen Miliz Hayat Tharir al-Sham, verspricht das Blaue vom Himmel: einen Neustart für Syrien, einen friedlichen Machtübergang und Toleranz gegenüber allen religiösen Minderheiten. Es ist zu schön, um wahr zu sein", warnt DIE PRESSE aus Wien.
Die schwedische Zeitung EXPRESSEN erklärt: "Wenn al-Dschaulani eine Regierung anführen will, die von allen ethnischen und religiösen Gruppen akzeptiert wird, muss er beweisen, dass sein neu entdeckter Respekt vor Minderheiten keine leere Worthülse ist. Eine weitere Frage für die Weltgemeinschaft ist, ob man mit einem dschihadistischen Regime zusammenarbeiten kann. Die HTS wird sowohl von der UNO als auch von der EU und den USA als Terrororganisation eingestuft, auch wenn sie behauptet, mit Al Kaida gebrochen zu haben", erinnert EXPRESSEN aus Stockholm.
Ähnlich sieht es die US-Zeitung WASHINGTON POST: "Die Euphorie über Assads Sturz sollte nicht überhand nehmen angesichts der Fragen, was als Nächstes kommt."
Zum Schluss nach Südkorea. Nach der zwischenzeitlichen Verhängung des Kriegsrechts befindet sich das ostasiatische Land in einer schweren politischen Krise. Die zuständigen Behörden verhängten ein Reiseverbot gegen Präsident Yoon. Die Zeitung THE KOREA HERALD schreibt: "Es ist unwahrscheinlich, dass Präsident Yoon das Vertrauen der Öffentlichkeit zurückgewinnt. Auch kann er wahrscheinlich seinen Pflichten als Staatsoberhaupt für den Rest seiner Amtszeit nicht mehr ordnungsgemäß nachkommen. Gestern teilte die Staatsanwaltschaft mit, dass Yoon wegen Aufruhrs und Machtmissbrauchs im Zusammenhang mit der kurzzeitigen Verhängung des Kriegsrechts unter Anklage gestellt wurde. Da in den kommenden Wochen mit einer Wiederholung einer Abstimmung über eine Amtsenthebung und einem anschließenden Boykott zu rechnen ist, sieht sich die koreanische Regierung mit einem regelrechten Führungsvakuum konfrontiert", analysiert THE KOREA HERALD aus Seoul.
Die taiwanische Zeitung LIANHE BAO hält fest: "Dass Präsident Yoon nach der Aufhebung des Kriegsrechts nun mit politischen und juristischen Untersuchungen konfrontiert ist, zeigt die Stabilität der Demokratie und des Rechtssystems in Südkorea. Der Mut der Bevölkerung und der Opposition, die Zurückhaltung der Armee und das Gewissen eines Teils der Abgeordneten waren entscheidend dafür, dass der lange geplante Schritt des Präsidenten vereitelt werden konnte. Viele Bürger hatten sich vor dem Parlament versammelt und ihr Leben riskiert." Das war LIANHE BAO aus Taipeh. Damit endet die internationale Presseschau.