Die chinesische Tageszeitung TAKUNGPAO erinnert: "Generalleutnant Igor Kirillow, der keine sieben Kilometer vom Kreml entfernt einem Bombenanschlag zum Opfer fiel, ist der ranghöchste Offizier der russischen Streitkräfte, der bislang im russisch-ukrainischen Konflikt getötet wurde. Der ukrainische Geheimdienst hat bereits mehrere Attentate in Russland verübt, so auch auf einen Drohnenentwickler Anfang dieses Monats. Da die ukrainische Armee nicht in der Lage ist, auf dem Schlachtfeld zu siegen, versucht Kiew mit einer zweiten Front hinter den Linien die Moral der Russen durch derartige Mordanschläge zu brechen", erklärt TAKUNGPAO aus Hongkong.
HOSPODARSKE NOVINY aus Tschechien befindet: "Die Ukraine wirft der russischen Armee vor, Gasgranaten gegen ihre Soldaten eingesetzt zu haben. General Igor Kirillow stand zudem hinter der Einführung des neuen Flammenwerfersystems TOS-2, das ebenso wie das Vorgängermodell TOS-1 eine gefürchtete Waffe auf dem ukrainischen Schlachtfeld ist. Die Ukrainer hatten daher gute Gründe dafür, den General als legitimes Ziel ins Visier zu nehmen. Dass die Ukraine so gezielt mitten in Moskau zuschlagen kann, muss für die russische Führung äußerst beunruhigend sein", ist in HOSPODARSKE NOVINY aus Prag zu lesen.
Die dänische Zeitung POLITIKEN aus Kopenhagen argumentiert: "Wenn tatsächlich ukrainische Agenten hinter dem Attentat stehen, bedeutet das nichts anderes, als dass Putin nicht einmal in seiner eigenen Hauptstadt seine Leute schützen kann. Das allein ist ernst genug, denn primäres Ziel aller Autokraten und Dikaturen ist der eigene Machterhalt. Aber dafür werden Leute wie Kirillow benötigt, die im Gegenzug die Garantie erhalten müssen, von eben dieser Macht beschützt und üppig finanziert zu werden. Wird dieser Vertrag gebrochen, kann das gesamte System ins Wanken geraten. Natürlich bringt ein einzelner Mordanschlag nicht alles sofort ins Wanken, und auch die bisherige Serie solcher Anschläge hat nicht zum Zusammenbruch geführt. Aber das alles zehrt an der Glaubwürdigkeit. Wer wird der nächste sein?", fragt POLITIKEN aus Dänemark.
Die italienische Tageszeitung LA STAMPA kommentiert: "Die Botschaft ist klar: Die, die für den Tod von Ukrainern verantwortlich sind, werden für ihre Verbrechen bezahlen müssen, auch wenn sie sich sicher fühlen fernab der Front, wo sie Geld, Orden und Beförderungen als Belohnung genießen. Sie können internationale Sanktionen ignorieren, wie es Kirillow getan hat. Aber sie können nicht darauf hoffen, dass die Ukrainer sie vergessen. Und sie können nicht darauf zählen, dass der Kreml sie schützt. Aber es gibt noch eine zweite Botschaft, die sich nicht nur an die Leute richtet, die direkte Befehle ausführen: Der riesige, von Putin geschaffene Sicherheitsapparat ist zu sehr damit beschäftigt, Dissidenten in den sozialen Medien zu jagen. Agenten des ukrainischen Geheimdienstes können mehr oder weniger ungestört eindringen und zuschlagen", stellt LA STAMPA aus Turin fest.
NIHON KEIZAI SHIMBUN aus Tokio folgert: "Ein derart hochrangiger Militär, der für streng geheime Informationen zuständig ist, kann auf der Straße in Moskau einfach so getötet werden. Das so etwas möglich ist, bedeutet für Putin einen herben Schlag. Innerhalb des Regimes von Putin könnte sich nun Verunsicherung breit machen. Für den ukrainischen Präsidenten Selenskyj dagegen ist der Kampf um die öffentliche Wahrnehmung so wichtig wie die Kämpfe an der Kriegsfront, auch um den Willen zur Unterstützung in der internationalen Öffentlichkeit hochzuhalten. Denn der Eindruck, dass die Kämpfe an der Front schlecht für die Ukraine laufen, könnte sich auch auf mögliche Friedensverhandlungen negativ auswirken. Es ist gut möglich, dass Selenskyj mit dieser Tötung die Aufmerksamkeit sowohl im In- als auch im Ausland auf etwas anderes als die Lage an der Front richten wollte", heißt es in der japanischen Zeitung NIHON KEIZAI SHIMBUN.
Das Attentat auf den russischen General ist auch Thema in der aserbaidschanischen Zeitung MÜSAVAT: "Das Ziel solcher Terroranschläge ist es, Angst und Panik in der Gesellschaft zu verbeiten, deshalb werden berühmte Persönlichkeiten als Ziele ausgewählt. Die russische Öffentlichkeit fordert Rache für die Ermordung des Generals. Die USA warnen seit Tagen davor, dass Russland erneut das Raketensystem 'Oreshnik' in die Ukraine schicken könnte. Russland schien keine solche Absicht zu haben, aber jetzt wurde ein Vorwand geliefert, um 'Oreshnik' abzuschießen", meint MÜSAVAT aus Baku.
Die Situation vor der Neuwahl in Deutschland ist Thema in der WASHINGTON POST: "Der Zusammenbruch der deutschen Regierung kommt für die Welt zu einem heiklen Zeitpunkt. Er ist besonders beunruhigend, weil die Deutschen, ob sie es wollen oder nicht, zu einem wichtigen Symbol der Stabilität für den Westen geworden sind – ein Modell dessen, was die von den USA geführte Staatengemeinschaft erreichen kann. Die Deutschen neigen dazu zu glauben, dass sie sehr stark von der Stärke der USA abhängig sind. Wir – und sie – sollten erkennen, dass wir auch ihre Stärke brauchen", analysiert die WASHINGTON POST aus den USA.
Die russische Zeitung NESAWISSIMAJA GASETA schreibt: "Die SPD wird dazu verdammt sein, Juniorpartner der konservativen Union zu werden oder in die Opposition zu gehen. Die Medien blicken nun auf die Positionen der führenden Parteien. Außenpolitisch sind im Verhältnis zur Ukraine die größten Unterschiede zu beobachten. Die SPD will Kiew so lange wie möglich und mit allem Notwendigen unterstützen, aber vermeiden, dass Deutschland in die Rolle einer kriegerischen Partei gerät. Merz und die CDU machen darauf aufmerksam, dass der Kreml aus ihrer Sicht eine neue Weltordnung zu errichten versucht. Und dies gefährde den Wunsch Deutschlands und Europas nach einem Leben in Sicherheit und Frieden", notiert die NESAWISSIMAJA GASETA aus Moskau.
Die türkische Zeitung SABAH aus Istanbul meint: "Auffällig ist, dass sich keine Führungspersönlichkeit am Horizont abzeichnet, die Deutschland in eine bessere Zukunft führen könnte. Deutschland befindet sich eindeutig in einer Führungskrise."
Die norwegische Zeitung DAGBLADET aus Oslo fragt: "Was ist los in Deutschland? Was passiert mit Europas größter Volkswirtschaft, die gerade in Zeiten des Ukraine-Kriegs und mit Trump als nächstem US-Präsidenten eine besondere Verantwortung trägt? Das Land hinkt bei der Digitalisierung schockierend hinterher, Bargeld ist nach wie vor das übliche Zahlungsmittel. Die einstige wirtschaftliche Lokomotive Europas lahmt, sogar von De-Industrialisierung ist die Rede. Kanzlerin Angela Merkel war 16 Jahre lang der Garant für Stabilität. Aber sie führte Deutschland in die Energieabhängigkeit von Russland, obwohl sie um die von Präsident Putin ausgehenden Gefahren wusste. Sie trug dazu bei, das deutsche Wachstum zu abhängig von Exporten nach China zu machen, und sie tat zu wenig für die Sicherheit des Landes, sogar während Trumps Präsidentschaft in den USA. Das alles waren strategische Fehler, für die Deutschland heute bezahlen muss", kritisiert DAGBLADET aus Norwegen.
Die spanische Zeitung EL PERIODICO DE ARAGON aus Saragossa merkt an: "Deutschland steuert auf vorgezogene Neuwahlen zu, die den politischen Stillstand unter der Regierung Scholz beenden sollen - und sie nähren auch die Hoffnung auf eine wirtschaftliche Wiederbelebung. Aber für mehr Investitionen müsste das von der FDP geforderte Festhalten an der Schuldenbremse überwunden werden, und zentralen Branchen wie der Automobilindustrie fehlt es an Innovation. Die Neuwahlen werden außerdem zum Stresstest für die Brandmauer gegen ultrarechts."