19. Dezember 2024
Die internationale Presseschau

Die Kommentare beschäftigen sich mit einem möglichen Zusammenschluss der Autohersteller Nissan und Honda, mit dem EU-Gipfel, auf dem heute über die Lage in Syrien und die Zukunft der Ukraine beraten wird und mit der wirtschaftlichen Situation in Russland in Zeiten des Krieges gegen die Ukraine.

Ölförderung in Tatarstan in Russland.
Ölförderung in Russlan. Zur Finanzierung des Krieges in der Ukraine braucht Moskau dringend die Einnahmen aus dem Ölverkauf. (picture alliance / dpa / TASS / Yegor Aleyev)
Dazu bemerkt die lettische Zeitung NEATKARĪGĀ RĪTA AVĪZE: "Experten sagen voraus, dass die Bewohner des Aggressorstaats immer häufiger den wirtschaftlichen Preis für den Krieg zu spüren bekommen werden. Wenn 40 Prozent des Staatshaushalt in den Krieg fließen und man auf den internationalen Märkten zum Paria geworden ist, kann auch geschicktes Wirtschaften auf die Dauer keine Wunder bewirken. Russlands Wirtschaft wird so schnell nicht kollabieren, aber es kommt zu immer mehr Wohlstandsverlust. Außerdem stimmt es nicht, dass die Sanktionen nicht wirkten. Russland spürt die Folgen sehr wohl bei den Importen, und es kommen ständig neue Einschränkungen hinzu. Das betrifft nun auch die sogenannte Schattenflotte für den Export von Öl unter Umgehung der Sanktionen - auch dadurch dürften die Einnahmen weiter sinken", erklärt NEATKARĪGĀ RĪTA AVĪZE aus Riga.
Die italienische Zeitung CORRIERE DELLA SERA fragt sich, warum die Ukraine nicht die Öltransporte aus Russland verhindert: "Kiew zielt nicht auf den Haupthafen für die russischen Öl-Transporte, obwohl es einfach wäre. Tanker aus Russland überqueren das Schwarze Meer zum Bosporus, in Gewässern, in denen ukrainische Drohnen bereits einen großen Teil der russischen Marine zerstört haben. Warum schneidet Kiew nicht diesen Weg ab, der für Putin lebenswichtig und für die Ukrainer tödlich ist? Wahrscheinlich, weil es ein amerikanisches Veto gibt. Den Haupthafen zu bombardieren würde bedeuten, fast zwei Prozent des weltweiten Rohölmarktes zu unterbrechen und den Preis des Barrels in die Höhe zu treiben. So finanziert Putin weiterhin seinen Angriffskrieg vor den Augen der Ukrainer, die gezwungen sind, sich mit einem Arm hinter dem Rücken zu verteidigen", macht CORRIERE DELLA SERA aus Mailand aufmerksam.
Papst Franziskus hat Russland und die Ukraine zum Frieden aufgerufen. Dazu schreibt die schwedische Zeitung DAGENS NYHETER: "Die Äußerungen des Papstes über den Krieg in der Ukraine sorgen dort verständlicherweise für Unmut. Franziskus sprach von einem Frieden, den sich die Ukraine und Russland so dringend wünschten, und dass Russen und Ukrainer versuchen müssten, einander zu verstehen. Woher will er eigentlich wissen, dass das russische Volk Frieden wünscht? Und was sollen die Ukrainer versuchen zu verstehen? Die Forderung des russischen Präsidenten Putin nach Unterwerfung und Territorien? Die Meritenliste von Franziskus in Bezug auf die Ukraine ist kurz, und indem er immer wieder ein so schlechtes Urteilsvermögen an den Tag legt, macht er es den Ukrainern bei ihrem verzweifelten existenziellen Kampf nur zusätzlich schwer", meint DAGENS NYHETER aus Stockholm.
Zur Demokratie in der Ukraine macht sich DER STANDARD aus Österreich Gedanken: "Seit der Vollinvasion herrscht im ganzen Land Kriegsrecht. Wahlen dürfen laut Verfassung deshalb nicht stattfinden. Alle 90 Tage muss das Parlament seine Zustimmung zur Verlängerung geben. In verschiedenen Umfragen lehnen die Ukrainerinnen und Ukrainer Wahlen, während das Kriegsrecht noch gilt, unterschiedlich stark, aber stets mit absoluter Mehrheit, ab. Der Stimmung kommt zugute, dass die prorussische Opposition eingeschränkt ist, Parteien teils verboten wurden. Die restliche Opposition kann aber arbeiten, kommt im TV vor, das Parlament funktioniert und Präsident Selenskyj sucht sich immer wieder breite Mehrheiten für seine Vorhaben. Es ist gewissermaßen auch ein positives Zeichen für die Verfasstheit der ukrainischen Demokratie, dass das Volk an eine Zeit ohne Selenskyj denkt, diese vielleicht sogar herbeisehnt, weil das auch bedeuten würde, dass der Krieg beendet wäre – ohne, dass man seine aktuellen Erfolge schmälert; im Wissen, dass er aktuell noch immer der Richtige ist", ist sich DER STANDARD aus Wien sicher.
Die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG aus der Schweiz schaut auf Syrien, das heute Thema beim EU-Gipfel ist und rät zu Verhandlungen mit den Rebellen: "Der Rebellenführer ist jetzt auf Unterstützung, Investitionen und Vertrauen angewiesen. Also versucht er, das Label 'Terrorist' um jeden Preis loszuwerden. Aus westlicher Sicht ist angesichts seiner jihadistischen Vorgeschichte eine große Portion Misstrauen und Skepsis geboten. Gleichzeitig stellt sich die unbequeme Frage: Soll man mit den Terroristen verhandeln? Ja, man soll. Zwei Gründe sprechen dafür: Erstens ist es im Interesse Europas, dass die Millionen von Menschen, die vor der Schreckensherrschaft Assads geflüchtet sind, bald in ein möglichst sicheres und stabiles Syrien zurückkehren können. Zweitens ist das Land am Mittelmeer ein geopolitisch und strategisch enorm wichtiges Pflaster – was in Syrien passiert, wirkt sich auf die gesamte Region aus. Es wäre ein Fehler, nun übermäßig die Moralkeule zu schwingen und von den neuen Machthabern erstklassige westliche Standards einzufordern", findet die NZZ.
Die russische Zeitung NESAWISSIMAJA GASETA notiert: "Natürlich befürchtet die EU, dass Syrien zu einem neuen großen Nährboden für politischen Extremismus und internationalen Terrorismus mitten in der arabischen Welt wird. Umso wichtiger ist es für Brüssel, eine neue Migrationswelle aus Syrien zu verhindern, die Europa erreichen könnte. Gleichzeitig ist es für die EU wünschenswert, dass zumindest ein Teil der Millionen syrischen Flüchtlinge, die sich derzeit in der 'Alten Welt' aufhalten, in ihre Heimat zurückkehrt und sich am Wiederaufbau des Landes beteiligt," hebt NESAWISSIMAJA GASETA aus Moskau hervor.
In Japan wollen die Autohersteller Nissan und Honda Medienberichten zufolge über eine Fusion sprechen. Die japanische Zeitung ASAHI SHIMBUN vermerkt: "Honda und Nissan waren einst weltweit geschätzt für ihre Motoren-Technologie. Aber in Zeiten einer 'Jahrhundertwende für die Autoindustrie' kann man damit nicht länger überleben. Nun kamen Gerüchte auf, dass Hon Hai, ein großer Technologie-Konzern aus Taiwan, eine Übernahme des angeschlagenen Nissan-Konzerns planen soll. Das hat in beiden Konzernen, Honda und Nissan, offenbar Angst verbreitet. So haben sie sich nun schnell auf den Beginn von Fusionsgesprächen geeinigt. Allerdings ist die Unternehmenskultur beider Unternehmen viel zu verschieden. In Nissan herrscht traditionell eine Top-Down-Kultur, bei der jede Abteilung nur an sich denkt. Bei Honda haben die Beschäftigten dagegen eine Hands-On-Mentalität. Ob sie diese Unterschiede überwinden und ihre Fusion verwirklichen können? Die Hürden dafür sind alles andere als niedrig", betont ASAHI SHIMBUN aus Tokio
Die japanische Zeitung NIHON KEIZAI SHIMBUN hält fest: "Der chinesische Elektroauto-Riese BYD hat sich zu einer Bedrohung entwickelt, nicht nur für Nissan, sondern mittlerweile auch für Honda. Zwar profitieren die chinesischen Autobauer von staatlichen Subventionen. Andererseits darf man aber nicht übersehen, wie schnell und unkompliziert chinesische Unternehmen Entwicklungs- und Produktionsmethoden übernehmen. Das hat zu ihrem schnellen Wachstum beigetragen. Fraglich ist ob ein derartiger Sprung auch den beiden japanischen Autoherstellern gelingt", zweifelt NIHON KEIZAI SHIMBUN aus Tokio.
Auch die britische Zeitung THE ECONOMIST stellt heraus: "Der größte Vorteil chinesischer Unternehmen ist nicht ihre Größe, sondern ihre Geschwindigkeit. Neue Modelle werden in drei Jahren oder weniger entwickelt, die Hälfte der Zeit, die ausländische Unternehmen benötigen. Kein namhafter Automobilhersteller aus Japan, Amerika oder Europa hat bisher herausgefunden, wie er mit dem Innovationstempo der chinesischen Automobilhersteller mithalten kann. Es ist unwahrscheinlich, dass zwei schwerfällige japanische Giganten, die ihre besten Jahre hinter sich haben, gegenhalten können", prognostiziert zum Ende der Internationalen Presseschau THE ECONOMIST aus London.