28. Dezember 2024
Die internationale Presseschau

Thema der heutigen Kommentare ist unter anderem die US-Politik unter dem künftigen Präsidenten Trump. Außerdem geht es um die Lage in Syrien und die Schuldfrage nach dem erneuten Schaden an einem Unterseekabel in der Ostsee.

Unterseekabel zur Datenübertragung
Unterseekabel zur Datenübertragung (dpa/TE SubCom/Arctic Cable Company)
Die schwedische Zeitung DAGENS NYHETER fragt: "Trägt Russland die Verantwortung für die Kabelschäden? Nutzt das Land seine Schattenflotte nicht nur, um die Sanktionen für Öltransporte zu umgehen, sondern auch für seinen Hybridkrieg gegen den Westen? Darauf werden finnische Ermittler hoffentlich schon bald antworten können. Als das Stromkabel Estlink 2 zwischen Finnland und Estland beschädigt wurde, befand sich in der Nähe das Schiff Eagle S, das zur russischen Schattenflotte gehört. Es ist keine abenteuerliche Spekulation, dass die Eagle S den Kabelschaden verursacht hat, und mit Sicherheit war es auch kein Versehen, sondern vielmehr zieht irgendwo im Hintergrund Moskau die Fäden", glaubt DAGENS NYHETER aus Stockholm.
"Es ist nicht das erste Mal, dass wichtige Infrastruktur auf dem Grund der Ostsee auf verdächtige Weise beschädigt wird", erinnert die finnische Zeitung HUFVUDSTADSBLADET. "Und es wäre naiv zu glauben, dass der Vorfall an Weihnachten der letzte dieser Art war. Allerdings ist es auch von Vorteil für die Behörden, dass die Übeltaten einem bekannten Muster folgen. Das war auch die Botschaft von Finnlands Staatspräsident Stubb auf einer Pressekonferenz. Finnland reagiert immer schneller auf solche Fälle und so konnte die Eagle S in finnischen Gewässern festgehalten werden. Unabhängig davon, was die Ermittlungen ergeben, sendet Finnland ein deutliches Signal an Russland und andere Akteure im Dienste Moskaus: Wir verfügen über die Mittel zum Eingreifen", hält das HUFVUDSTADSBLADET aus Helsinki fest.
Die estnische Zeitung POSTIMEES befürchtet bei ähnlichen Vorfällen Probleme mit der Energieversorgung im eigenen Land: "Die aktuelle Situation sollte bei der estnischen Regierung alle Alarmglocken schrillen lassen, denn es geht nicht nur um die Sicherheitspolitik im Ostseeraum, sondern auch um unsere Energiesicherheit. Der NATO-Beitritt Finnlands und Schwedens hat unsere strategische Lage deutlich verbessert, aber unsere Energienetze sind noch nicht stark genug mit denen unserer Verbündeten verknüpft. Die jüngsten Ereignisse zeigen, dass wir uns gründlich auf ein Szenario vorbereiten müssen, bei dem wir eine Zeit lang selbst für unsere Stromversorgung verantwortlich sind", warnt die Zeitung POSTIMEES aus Tallinn.
Die aserbaidschanische Zeitung MÜSAVAT macht Russland für ein anderes Ereignis verantwortlich - den Absturz eines aserbaidschanischen Flugzeugs in Kasachstan. Das Blatt verlangt zudem eine Entschuldigung von Präsident Putin: "Es gibt schwerwiegende Beweise dafür, dass Russland das Passagierflugzeug abgeschossen hat. Aserbaidschan erwartet daher zu Recht eine offizielle Reaktion aus Moskau, insbesondere von Präsident Putin, genauer gesagt wird eine Entschuldigung erwartet. Schweigt Moskau weiter, könnte dies zum ersten Mal in der Ära Putin zu einem tiefen Riss in den Beziehungen zwischen beiden Staaten führen und Russland praktisch ohne Verbündete und Freunde im Südkaukasus zurücklassen. Russland liefe Gefahr, mit Aserbaidschan einen wichtigen und unverzichtbaren Staat in der Region zu verlieren", notiert MÜSAVAT aus Baku.
Wir blicken nach Syrien. Der österreichische STANDARD beschäftigt sich nach dem Sturz des langjährigen Diktators Assad mit dem neuen Machthaber, dem Islamisten al-Scharaa. Die Zeitung stellt fest: "Wer die Auftritte des neuen De-facto-Machthabers Syriens verfolgt, kann sich nur wundern: In Anzug und Krawatte empfängt Ahmad al-Sharaa Delegationen aus dem In- und Ausland. Als ob er, der seine Karriere als Al-Kaida-Kämpfer gegen die USA im Irak begann, nie etwas anderes gemacht hätte. Auch wenn sich fast alle Fachleute einig sind, dass der Durchmarsch seiner Gruppierung HTS von Idlib nach Damaskus für alle – auch für Sharaa – unerwartet schnell vor sich ging, ist klar: Der Mann ist gut vorbereitet", urteilt der STANDARD aus Wien.
"Al-Sharaas Stern glänzt auf der internationalen Bühne", heißt es in der panarabischen Zeitung AL ARABY AL-JADEED: "Und zwar nicht nur, weil er Syrien auf eine Weise befreit hat, die weltweit für Verblüffung sorgte, sondern auch aufgrund des Geschicks, mit dem er einen günstigen Moment in einer globalen historischen Konstellation für diesen Schritt wählte. Ein internationales Ereignis von diesem Rang kommt in der Geschichte nicht oft vor und es setzt Führungspersönlichkeiten mit ganz besonderen Fähigkeiten voraus. Nun deutet sich an, das al-Sharaa Syrien grundlegend reformiert und ein zersplittertes Land in einen geeinten Staat überführt. Ideologisch steht er für das Modell des gemäßigten Islam - ein Modell, das die historische Identität Syriens repräsentiert und auf das sich alle gesellschaftlichen Fraktionen einigen können", schreibt die Zeitung AL ARABY AL-JADDED mit Sitz in London.
Damit in die USA. Die italienische Zeitung LA REPUBBLICA befasst sich mit der Rolle von Trumps Berater Elon Musk und kritisiert den aus ihrer Sicht zu großen Einfluss des Unternehmers: "Musk ist jetzt Subjekt und Objekt eines noch nie dagewesenen politisch-ökonomischen Experiments. Zusammen mit Trump verkörpert er eine neue allmächtige und selbstbezogene Oligarchie, in der alles vermischt und korrumpiert wird. Der immense Reichtum des einen verschmilzt mit der grenzenlosen Skrupellosigkeit des anderen. Der Sieg bei der Präsidentschaftswahl ist in jeder Hinsicht eine 'Machtergreifung'. Die Wirtschaft wird zur Politik und umgekehrt: auf der einen Seite die Regierung, auf der anderen Seite Satelliten und Raketen, Elektroautos und Batterien, künstliche und neuronale Intelligenz", analysiert LA REPUBBLICA aus Rom.
Zwei Kommentare aus Asien gehen auf die zu erwartende China-Politik der künftigen US-Regierung ein. Auch da kommt nach Ansicht der japanische Zeitung MAINICHI SHIMBUN Musk ins Spiel: "Wie wird Trump ab Januar mit China umgehen? Wie werden sich die Beziehungen beider Großmächte entwickeln? Das könnte von Elon Musk abhängen, der auch zu China gute Beziehungen pflegt und mittlerweile als 'Joker' der Trump-Regierung betrachtet wird. Auf einer Pressekonferenz in der vergangenen Woche sagte Trump, durch die Zusammenarbeit der USA und Chinas könnten alle Probleme der Welt gelöst werden", hebt die MAINICHI SHIMBUN aus Tokio hervor.
In der chinesischen Zeitung TAKUNGPAO aus Hongkong setzt der Autor eines Gastkommentars ebenfalls auf Trumps neuen Berater: "Die Welt unter dem Trumpismus 2.0 wird nicht friedlicher sein. Alle müssen lernen, in Angst und Furcht vor den USA zu leben. China darf nur dann auf einen anderen Kurs Washingtons hoffen, wenn der heimliche 'Vizepräsident' Elon Musk seinen Einfluss geltend macht."
Der britische GUARDIAN fordert die nächste US-Regierung auf, bei der Reduzierung von Atomwaffen weiter mit Russland zusammenzuarbeiten: "Ohne entschlossenes Handeln läuft der 'New Start'-Vertrag zur Reduzierung strategischer Waffen - die letzte Garantie für Zurückhaltung bei der atomaren Rüstung - im Februar 2026 aus. Donald Trump bewundert starke Männer wie Russlands Wladimir Putin, der angesichts des Ukraine-Kriegs rücksichtslos mit Atomschlägen und der Wiederaufnahme von Atomtests gedroht hat. Ungeachtet des historischen Tiefpunkts in den amerikanisch-russischen Beziehungen bleibt eine Wahrheit bestehen: Ein Atomkrieg kann nicht gewonnen und darf niemals geführt werden. Wie erbittert die Meinungsverschiedenheiten auch sein mögen, Washington und Moskau sind es der Menschheit schuldig, über die Vermeidung des Undenkbaren zu sprechen - und entsprechend zu handeln", unterstreicht der GUARDIAN aus London. Und damit endet die internationale Presseschau.