Dazu schreibt die schwedische Zeitung DAGENS NYHETER: "Ein ehrlicher Mensch und ein fantastischer Ex-Präsident mit vier misslungenen Jahren im Weißen Haus - das ist das gängige Bild von Jimmy Carter, der nun im Alter von 100 Jahren gestorben ist. Was Carters Zeit nach seiner Wahlniederlage 1980 gegen Ronald Reagan betrifft, gibt es nichts zu diskutieren: Er hat 40 Jahre lang Frieden vermittelt und Armut bekämpft. Aber auch das Bild von seiner Präsidentschaft steht wie in Stein gemeißelt. Er wurde gewählt, um dem Präsidentenamt die Würde zurückzugeben, die durch Nixons Lügen und Gesetzesbrüche verloren gegangen war. Aber er bekam die Inflation nicht in Griff, und es war eine Demütigung für die Supermacht USA, als das Botschaftspersonal in Teheran in Geiselhaft genommen wurde", erinnert die Zeitung DAGENS NYHETER aus Stockholm.
Die japanische MAINICHI SHIMBUN hält fest: "Jimmy Carters unermüdlicher Einsatz für Menschenrechte und Demokratie nach seinem Ausscheiden als Präsident werden hoch geschätzt. Er wurde zum besten Ex-Präsidenten aller Zeiten. Carter war ein Präsident, der versuchte, seine Lebensphilosophie, zu der Fleiß und Ehrlichkeit gehörten, in die Politik zu bringen und dort zu entfalten, um den USA ihr eigentliches Gesicht zurückzugeben. In jüngster Zeit hat die Anerkennung für Carters Leistung zugenommen, was wohl auch zeigt, wie unzufrieden die Bürger der USA mit der aktuellen Politik sind", meint die MAINICHI SHIMBUN aus Tokio.
Heute vor 25 Jahren kam Wladimir Putin zum ersten Mal als Staatschef in Russland an die Macht. In der dänischen Zeitung POLITIKEN heißt es dazu: "Boris Jelzin bat die Russen um Vergebung, als er am Silvestertag vor 25 Jahren als erster russischer Präsident nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion sein Amt verließ. Er habe geglaubt, man könne die graue, stagnierende, totalitäre Vergangenheit hinter sich lassen und in eine helle, zivilisierte Zukunft treten. Das habe nicht geklappt, sagte er und beklagte seine Naivität. Gleichzeitig betrat der damalige russische Ministerpräsident Wladimir Putin die Bühne. Alle wussten, dass er von einem anderen Kaliber war. Das hatte er mit seinem brutalen Vorgehen in Tschetschenien gezeigt. Trotzdem bestand die Hoffnung, er werde Russlands Übergang von einer kommunistischen Diktatur zu einer demokratischen Marktwirtschaft weiter vorantreiben, wenn auch vielleicht mit weniger Tempo. Diese Hoffnung war ebenso naiv", resümiert POLITIKEN aus Kopenhagen.
"Seit einem Vierteljahrhundert ist Wladimir Putin nun an der Macht", notiert EL MUNDO aus Spanien. "In dieser Zeit hat er Russland zu einem illiberalen Staat und zur größten imperialistischen Bedrohung gemacht, die Europa seit dem Zweiten Weltkrieg erlebt hat. Der Ex-Spion, der am 31. Dezember 1999 das Präsidentenamt von Boris Jelzin übernahm, ist heute ein Zar, der nach innen autoritär und repressiv vorgeht sowie nach außen einen Kreuzzug gegen die Hegemonie des Westens führt. Der Zusammenbruch der Sowjetunion war nach Putins eigenen Worten die größte geopolitische Katastrophe des 20. Jahrhunderts, und sein Plan ist es, den russischen Stolz wiederherzustellen", ist EL MUNDO aus Madrid überzeugt.
Thema in der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG ist der Wahlaufruf von Elon Musk für die AfD. Die Zeitung nennt die Aufregung über den am Wochenende in der "Welt am Sonntag" erschienenen Gastkommentar des US-Milliardärs "grotesk" und argumentiert: "Ironischerweise sehen die Kritiker des Meinungsbeitrags ausgerechnet die Demokratie in Gefahr – damit liegen sie genau falsch. Natürlich gehören auch unbequeme Meinungen in eine Demokratie. Würde umgekehrt ein Wahlaufruf für die Grünen durch den amerikanischen Milliardär George Soros ähnliche Reaktionen auslösen? Im Jahr 2019, kurz vor den Europawahlen, als Soros dies tat, war das jedenfalls nicht der Fall. Auch die Meinungsstücke von Wladimir Putin in der 'Zeit' im Jahr 2021 und im 'Handelsblatt' 2017 lösten kein vergleichbares mediales Erdbeben aus. Zu diesem Zeitpunkt hatte Russland bereits völkerrechtswidrig die Krim überfallen und annektiert. Die Empörung über Musks Gastbeitrag ist dementsprechend heuchlerisch und verdeutlicht einmal mehr, wie es um die Meinungsfreiheit in Deutschland bestellt ist: Sie ist nur dann akzeptabel, wenn sie mit den Ansichten eines sich progressiv wähnenden Justemilieus übereinstimmt", so die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG.
Der STANDARD aus Wien hält dagegen: "In den USA mussten Milliardäre bislang Zeitungen kaufen, um Wahlempfehlungen abzudrucken oder zu unterbinden, so wie das erst kürzlich bei der Washington Post passiert ist, nachdem Eigentümer und Amazon-Milliardär Jeff Bezos eingegriffen hatte. Bei Welt-Eigentümer Axel Springer braucht es all das nicht. Dort wird dem dünn argumentierten Gastbeitrag Raum gegeben. Der Welt wäre ein Scoop gelungen, hätte sie Musk in einem journalistischen Interview mit seinen Positionen konfrontiert, kritisch nachgefragt. So ist die Welt erschreckend naiv einem politischen Brandstifter auf den Leim gegangen", kritisiert DER STANDARD aus Österreich.
Die Zeitung NEPSZAVA aus Budapest zieht eine Bilanz des zurückliegenden Jahres und kommt zu dem Schluss: "2024 kann für die Weltpolitik als chaotisches Jahr verbucht werden. Die Wahl von Donald Trump zum amerikanischen Präsidenten macht die ohnehin ungewissen Verhältnisse in der internationalen Politik noch unberechenbarer. Der von Trump als eine Art Ministerpräsident ausersehene Elon Musk hat zuletzt die Staatlichkeit der Ukraine infrage gestellt und die Werbetrommel für die rechtsextreme deutsche AfD gerührt. Doch es gibt auch Zeichen der Zuversicht: Auch der 'Illiberalismus' währt nicht ewig. In Ungarn, Serbien und Georgien lassen sich die immer schwerwiegenderen Krisenerscheinungen nicht mehr unter den Tisch kehren. Vielleicht zwinkert uns da die Hoffnung zu", überlegt die ungarische NEPSZAVA.
Die türkische Zeitung DÜNYA beklagt einen Rechtsruck in Europa: "Die Auswirkungen der Wahlen zum Europäischen Parlament vom 6. bis 9. Juni spiegelten sich anschließend in den nationalen Parlamenten wider. Bei den Europawahlen konnten rechtspopulistische oder rechtsextreme Parteien in Deutschland und Frankreich, den beiden größten Volkswirtschaften der EU, einen Rekordzuwachs an Stimmen verzeichnen. Das Erstarken der extremen Rechten in Europa zeigt sich aber auch in Schweden, Finnland und Lettland, den Wiegen der Sozialdemokratie. - Und in Großbritannien kehren die Sozialdemokraten nach 20 Jahren wieder an die Macht zurück", kontrastiert die Zeitung DÜNYA aus Istanbul.
Die in Peking erscheinende HUANQIU SHIBAO findet: "'Wandel' und 'Veränderung' sind die Wörter, mit welchen man das Jahr 2024 am besten beschreiben kann. Dies steht mit dem Ausgang von Wahlen in vielen Ländern der Welt, mit klimabedingten Naturkatastrophen sowie mit andauernden und neuen Kriegen in Zusammenhang, die bei vielen Menschen ein Gefühl der Ungewissheit ausgelöst haben. Gleichzeitig werden jedoch auch die Stimmen immer lauter, die sich um einen Konsens bemühen und zum Frieden aufrufen", beobachtet die chinesische Zeitung HUANQIU SHIBAO.
"2025 wird mit ziemlicher Sicherheit voller Spannungen und Krisen sein", erwartet dagegen die GAZETA WYBORCZA aus Warschau. "Die Vorherrschaft einer Macht – der Vereinigten Staaten – und eines politischen Systems – der liberalen Demokratie – geht ihrem Ende entgegen, und es ist unklar, in welche Richtung sich das globale Machtgleichgewicht entwickelt." Mit diesem Zitat aus der polnischen GAZETA WYBORCZA endet die internationale Presseschau.