02. Januar 2025
Die internationale Presseschau

Mit Stimmen zu Ereignissen, die im neuen Jahr anstehen – allen voran der Machtwechsel in den USA.

Donald Trump steht an einem Rednerpult und streckt die rechte Faust in die Höhe.
Der Beginn von Donald Trumps zweiter Amtszeit als US-Präsident ist eines der zentralen Themen auf den Meinungsseiten im Ausland. (AFP / Josh Edelson)
"Die Rückkehr von Donald Trump ins Weiße Haus am 20. Januar stellt die Europäer vor eine Reihe großer Herausforderungen", schreibt die französische Zeitung OUEST FRANCE und fasst zusammen: "Erstens eine handelspolitische Herausforderung, da die neue Regierung seit Monaten unnachgiebig ihre Absicht verkündet hat, neue Zollschranken zu errichten. Zweitens eine sicherheitspolitische Herausforderung, denn das militärische Engagement der USA auf europäischem Boden soll offenbar schrittweise reduziert werden. Washingtons Sicherheitsgarantien für die Demokratie in Europa waren einst ein entscheidendes Argument für die transatlantischen Beziehungen. Entscheidend und überzeugend im Vergleich zur sowjetischen Diktatur. Aber wenn Elon Musk sich brutal in unsere Wahlprozesse einmischt, wie er es in Deutschland mit seiner Unterstützung für die AfD tut, handelt er nicht anders als Wladimir Putin, wenn dieser versucht, Wahlen in Osteuropa zu manipulieren", moniert OUEST FRANCE aus Rennes.
Die schwedische Zeitung EXPRESSEN erinnert: "Schon 2016 schockierte Trump mit der Wahlkampfbotschaft, dass die USA keine internationale Verantwortung mehr tragen wollten. Das Desinteresse der USA an der Welt lässt überall machthungrige Autokraten Morgenluft wittern. Zugleich werden die USA unter Trump selbst zur Bedrohung. Er wolle Grönland haben und den Panama-Kanal, Kanada solle ein US-Bundesstaat werden, und man wolle in Mexiko einmarschieren. Auf EU-Gipfeln wird vorsichtig darüber gesprochen, sich mit anderen Gleichgesinnten zusammenzutun, um von der alten Ordnung zu retten, was noch zu retten ist. Aber das dauert und kostet – und es fordert mehr Vertrauen zwischen den beteiligten Ländern", bemerkt EXPRESSEN aus Stockholm.
Ein Gastkommentator überlegt in der PRESSE aus Österreich, wie Trumps Strategie mit Blick auf den Krieg in der Ukraine aussehen könnte: "Eine Möglichkeit besteht darin, die Hilfe für die Ukraine zu kürzen und ihre Verhandlungsposition zu schwächen, so dass sie die russischen Bedingungen akzeptieren muss. Oder Trump könnte die Unterstützung für die Ukraine vorübergehend verlängern, während er sich in Richtung einer 'koreanischen Lösung' bewegt. In letzterem Szenario würde die derzeitige Kriegsfront zu einer entmilitarisierten Zone mit darin stationierten Friedenstruppen der UNO oder aus Europa werden. Es ist unklar, ob Trump seine Verhandlungsmacht nutzen wird, um einen derartigen Kompromiss zu erzielen. Attraktiv wäre ein solcher Deal allemal, wenn Trump an sein Vermächtnis denkt", ist sich DIE PRESSE aus Wien sicher.
Die aserbaidschanischen Zeitung MÜSAVAT warnt vor einem Handelskrieg, den Trump anzetteln könnte: "In einem solchen Konflikt würde auch die Europäische Union zu den Angriffszielen der USA gehören. Trump plant, die EU zum Abnehmer amerikanischer Energieressourcen zu machen, wodurch sie vollkommen vom Weißen Haus abhängig würde. Die EU hingegen versucht, ihre Unabhängigkeit zu bewahren. Die Wirtschaftskonflikte zwischen den USA und der EU, und auch zwischen den USA und China werden in naher Zukunft noch brutaler werden. Langfristig schadet diese Politik aber sowohl den USA als auch der Weltwirtschaft. Wenn es so weitergeht, werden Atomwaffen vielleicht nicht mehr gebraucht. Ein Wirtschaftskrieg verspricht der Welt genauso schwere Krisen, Hunger und Elend", notiert MÜSAVAT aus Baku.
Die polnische Zeitung RZECZPOSPOLITA befasst sich mit der Zukunft der deutsch-amerikanischen Beziehungen: "Deutschland ist heute wirtschaftlich und politisch deutlich schwächer als zu Trumps erster Amtszeit. Andererseits haben deutsche Unternehmen enorme Summen in den USA investiert und dort fast eine Million Arbeitsplätze geschaffen. Die neue Regierung in Berlin dürfte auch versuchen, Washington auf ihre erhöhten Verteidigungsausgaben und Solidaritätsbemühungen für die Ukraine aufmerksam zu machen. Eines ist sicher: Der künftige deutsche Kanzler wird keine Konfrontation mit dem Weißen Haus suchen", glaubt RZECZPOSPOLITA aus Warschau.
Auch die chinesische Zeitung JIEFANG RIBAO vermutet, dass sich die internationale Lage mit Trump als US-Präsident verändern wird. "Eine Konstante gibt es jedoch: China bleibt strategischer Hauptgegner der USA. Die Konflikte werden sich über den bilateralen Handel hinaus ausweiten. China darf sich keine Illusionen erlauben. Es muss sich in allen Bereichen stärken und noch enger mit dem globalen Süden kooperieren, um drohende Verluste zu minimieren", stellt JIEFANG RIBAO aus Shanghai fest.
"Während sich der Rest der Welt gegen den amerikanischen Protektionismus rüstet, warten die Wähler in den USA darauf, dass Trump seine wichtigsten innenpolitischen Versprechen erfüllt: niedrigere Preise für Lebensmittel und die Massendeportation illegaler Einwanderer", vermerkt die norwegische Zeitung DAGBLADET "Aber beides ist leichter gesagt als getan, und hier zeigen sich erste Risse zwischen den Tech-Milliardären und den Make-America-Great-Again-Leuten und damit zwischen Trumps wichtigsten Stützpfeilern. Elon Musk hat bereits für Probleme im In- und Ausland gesorgt. Mit seiner Kritik an der schlechten Arbeitsmoral der Amerikaner hat er sich mit der MAGA-Bewegung angelegt. Deren Vertreter wollen die Einwanderung begrenzen und amerikanische Jobs schützen, während Musk den grenzenlosen Kapitalismus repräsentiert. Die MAGA-Bewegung hat die vollständige Kontrolle über die Republikaner gewonnen, aber jetzt muss sie mit ansehen, wie eine Gruppe Tech-Milliardäre mit der Beute abhaut. Das wird sie sich nicht gefallen lassen“, erwartet DAGBLADET aus Oslo.
Die italienische Zeitung LA STAMPA greift den tödlichen Anschlag in New Orleans an Neujahr auf: "Der Vorfall ist nur die jüngste Bestätigung eines sehr beunruhigenden Trends. In weiten Teilen der USA bröckelt der Zusammenhalt. Viele Amerikaner sind überzeugt, dass es bald zu gewalttätigen sozialen Konflikten kommen wird. Trump ist nicht die Ursache für diesen Zusammenbruch des Zusammenhalts, sondern vielmehr ein Symptom davon. Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Verbreitung von Waffen in den USA. Und so beginnt das Jahr 2025 in Amerika mit einer Rückkehr zum Terrorismus und einer Fortsetzung der schrecklichen Gewalt", beobachtet LA STAMPA aus Turin.
Eine Gastkommentatorin analysiert für die japanische Zeitung ASAHI SHIMBUN die Reaktionen von Donald Trump und Elon Musk auf die Anschläge in New Orleans und Las Vegas: "Sie instrumentalisieren die Attacken für ihre Kritik an einer vermeintlichen Fahrlässigkeit der Biden-Regierung. Unter Republikanern kursiert die Theorie, einer der Gründe der Anschläge sei, dass Biden zu sehr auf Diversität setze und dadurch zu viele unfähige Personen beschäftige. Selbst nach diesen schmerzhaften Terroranschlägen geben sich Trump und Musk keinerlei Mühe, eine Geschlossenheit der Politik zu demonstrieren, sondern attackieren lediglich die gegnerische Partei: Das Jahr beginnt mit noch mehr Sorgen um die Zukunft der US-Politik", meint ASAHI SHIMBUN aus Tokio.
Und zum Schluss kommentiert THE TIMES aus London das Ende der Gaslieferungen von Russland nach Europa durch die Ukraine: "Die Folgen der Entscheidung, das Abkommen auslaufen zu lassen sind heute nicht annähernd so schwerwiegend wie sie es früher gewesen wären. Die Gasflüsse durch die Ukraine waren zuletzt ohnehin bereits um drei Viertel zurückgegangen. Insofern verfügt Russland kaum noch über Möglichkeiten, Europa unter Druck zu setzen. Die EU hat ihre Mitgliedstaaten in weiser Voraussicht dazu angehalten, ihre Abhängigkeit von russischem Gas zu verringern und bis 2027 ganz abzubauen. Dank des raschen Ausbaus von Flüssigerdgas ist die EU inzwischen so weit, dass sie den Ausfall eines ganzen Transitsystems verkraften kann", hält die britische TIMES fest, und damit endet die Internationale Presseschau.