20. Januar 2025
Die internationale Presseschau

Heute mit Stimmen zur Amtseinführung von US-Präsident Trump. Daneben geht es um Südkorea, wo ein Gericht die Inhaftierung des vom Parlament entmachteten Präsidenten Yoon verlängert hat. Beherrschendes Thema ist aber weiterhin die Waffenruhe im Gazastreifen.

Frauen, Männer und Jugendliche feiern auf einer Straße.
Einige ausländische Zeitungen kommentieren die Waffen-Pause im Gazastreifen. (IMAGO / Middle East Images / IMAGO / Youssef Alzanoun)
Die norwegische Zeitung VERDENS GANG erläutert: „Endlich ist es so weit: Nach über einem Jahr mit grauenvollen Bildern gibt es einen Waffenstillstand in Gaza, Soldaten treten den Rückzug an, Geiseln kommen frei, Hilfsgüter werden durchgelassen. Es ist eine Tragödie, dass das nicht schon früher passiert ist. Die Verantwortung liegt auf beiden Seiten. Sowohl Israel als auch die Hamas haben Kriegsverbrechen begangen, und die Folgen für Zivilisten sind nicht zu rechtfertigen. Aber nach so viel Leid gibt es jetzt auch Anlass zu echter Hoffnung. Ein Grund dafür ist, dass so viele starke Kräfte einen nachhaltigen Waffenstillstand wünschen. Die USA, Qatar, Ägypten, Saudi-Arabien, die Türkei – sie und viele andere haben Druck ausgeübt und wollen Stabilität, während der Iran als Verbündeter der Hamas schwächer als zu Beginn des Krieges ist“, konstatiert VERDENS GANG aus Oslo.
Die türkische Zeitung DUVAR aus Istanbul gibt zu bedenken: „Wäre die Hamas am Ende, wäre sie nicht in der Lage, einen Waffenstillstand auszuhandeln oder Bedingungen zu stellen. Ihre Fähigkeit, den Austausch von Geiseln und Gefangenen zu organisieren, ist der wichtigste Indikator dafür, dass sie ihre Organisationsstruktur bewahrt hat.“
Die panarabische Zeitung AL QUDS, die in London herausgegeben wird, beobachtet: „Auf Seiten der Palästinenser herrscht die Sorge, in nicht allzu ferner Zukunft könnten die militärischen Spannungen wieder zunehmen. Denn der Waffenstillstand ist nur vorübergehend und kann ständig gebrochen werden. Das Abkommen enthält zudem weder eine strategische Planung zum Wiederaufbau des Gazastreifens, noch umreißt es einen Plan zur Sicherung langfristiger Stabilität und einer sicheren politischen Lage“, kommentiert AL QUDS.
„Es fehlt nicht an warnenden Stimmen“, unterstreicht die kolumbianische Zeitung EL TIEMPO: „Israel könnte seine Angriffe wieder aufnehmen, und die Hamas ist womöglich sogar gestärkt worden und könnte sich mit iranischer Hilfe versucht fühlen, den Rufen vieler Familien nach Rache nachzukommen. Auch könnte sich Netanjahu nun ermutigt fühlen, sich auf andere Schauplätze wie Syrien zu konzentrieren. Experten kritisieren außerdem, dass die Palästinensische Autonomiebehörde durch Abwesenheit glänzt. Aber positiv ist in jedem Fall, dass künftig per Dialog über weitere Schritte entschieden wird, und es ist zu hoffen, dass dies nur der Beginn auf dem Weg zu einer dauerhaften Lösung ist.“, vermerkt EL TIEMPO aus Bogotá.
Themenwechsel. Anlässlich der heutigen Vereidigung von Donald Trump als US-Präsident blickt die dänische Zeitung POLITIKEN zurück auf die Amtszeit seines Vorgängers: „Wenn Joe Biden endgültig das Oval Office verlässt, wird er das als einer der unbeliebtesten US-Präsidenten der letzten hundert Jahre tun. Die vier Jahre im Amt waren der Höhepunkt, gleichzeitig aber auch das unwürdige Ende einer langen politischen Karriere, überschattet von Altersschwäche, schlechter Entscheidungskraft und peinlicher Rücksichtnahme auf die eigene Familie. Aber in seinen ersten Jahren als Präsident ermöglichte Biden große Investitionen in Infrastruktur, Klimaschutz und neue Technologien. Das waren große politische Erfolge, und da ist es umso absurder, dass Biden trotzdem ausgerechnet den Weg für Trump bereitete. Biden machte Politik für die Zukunft, vergaß aber in seinem Eifer das große wichtige Hier und Jetzt“, bilanziert POLITIKEN aus Kopenhagen.
Ähnlich äußert sich die australische Zeitung SYDNEY MORNING HERALD: „Bidens einzige und nachhaltigste Leistung ist die, Donald Trump wieder groß gemacht zu haben. Nachdem er die USA 2020 vor einer Wiederkehr Trumps bewahrt hatte, brach er sein Versprechen, für nur eine Amtszeit Präsident zu sein, und beschloss, für eine zweite Amtszeit zu kandidieren. Und selbst als Amerika und der Welt klar wurde, dass sein Alter ihn so ermüdet hatte, dass er nicht mehr ernsthaft infrage kam, gelang es der hilflosen Hierarchie der Demokratischen Partei nicht, einen Nachfolger zu organisieren – und sie wagten es nicht, ihrem über 80-jährigen Präsidenten zu sagen, dass seine Zeit vorbei war. Sie machten damit Kamala Harris‘ Aufgabe zu einer ‚Mission impossible‘. Für Biden ist es ein trauriges und schmachvolles Ende“, urteilt SYDNEY MORNING HERALD.
„Der neue US-Präsident wird Europa zu Größe verhelfen“, vermutet die polnische Zeitung GAZETA WYBORCZA: „Wenn wir den Ankündigungen aus Übersee Glauben schenken, wird Amerika unter Trumps Führung mit der Europäischen Union – und damit auch mit uns – bis aufs Messer kämpfen. Die neue US-Präsidentschaft wird mit einem Handelskrieg beginnen, und dank Musk ist ein Informationskrieg bereits im Gange. Womit wird diese Konfrontation enden? Mit der Schwächung der NATO oder der Annexion Grönlands? Allein die Tatsache, dass wir uns diese Frage stellen müssen, ist eine schlechte Nachricht. Die gute Nachricht ist, dass die Europäische Union in der Lage ist, auf jeden unfreundlichen Schritt angemessen zu reagieren“, notiert die GAZETA WYBORCZA aus Warschau.
Die taiwanesische Zeitung LIANHE BAO analysiert die künftigen Beziehungen zwischen China und den USA. In einem Gastkommentar heißt es: „Der pragmatisch tickende Trump weiß genau, dass der Konfrontationskurs gegenüber China ihm bei der Umsetzung seiner Wahlversprechungen wenig helfen wird. Er braucht den China-Handel. Die Volksrepublik ist heute bereits Partner von über 150 Ländern und Regionen weltweit. Auch kann sie sich in den Bereichen Wirtschaft, Militär und Kultur weltweit behaupten. Daher ist davon auszugehen, dass die bilateralen Beziehungen mit Peking unter Präsident Trump von einem Balanceakt zwischen einem Kräftemessen und Kooperationen geprägt sein werden“, spekuliert LIANHE BAO aus Taipeh.
Die US-amerikanische Zeitung THE PRESS DEMOCRAT vertritt diese Ansicht: „Golfer nennen das einen ‚Mulligan‘, eine zweite Chance, nachdem ein Schlag daneben gegangen ist. Donald Trump bekommt einen gigantischen ‚Mulligan‘ und ist nach Grover Cleveland der einzige US-Präsident, der nach einer verlorenen Wiederwahl ins Weiße Haus zurückkehrt. Als Trump sich vor acht Jahren auf seinen ersten Amtsantritt vorbereitete, forderten wir ihn auf, seine Rolle als Präsident für alle Amerikaner zu übernehmen, nicht nur für seine Anhänger. Unabhängig von seiner Rhetorik ist Trumps Rückkehr eine Chance – wenn er sie klug nutzt“, meint THE PRESS DEMOCRAT aus dem kalifornischen Santa Rosa.
Abschließend geht es um die politische Krise in Südkorea. Der entmachtete Präsident Yoon muss nach einem Gerichtsbeschluss länger in Haft bleiben. Die Zeitung THE KOREA TIMES aus Seoul führt aus: „Jedes Wochenende versammeln sich Yoons Anhänger im Zentrum von Seoul, um für seine Wiedereinsetzung zu demonstrieren. Gleichzeitig dauern die Anti-Yoon-Proteste in der ganzen Stadt an. Die Demonstranten fordern das Verfassungsgericht auf, mit seiner Amtsenthebung fortzufahren. Die Angst vor Zusammenstößen zwischen den gegnerischen Seiten hat zugenommen. Die anhaltende politische Krise belastet auch die koreanische Wirtschaft. Die Abwertung des koreanischen Won gegenüber dem US-Dollar hat Unternehmen unter Druck gesetzt“, schreibt THE KOREA TIMES.
Die japanische Zeitung NIHON KEIZAI SHIMBUN hegt Zweifel am politischen System in Südkorea: „Ein Präsident ist mit äußerst viel Macht ausgestattet und neigt damit zur Selbstüberschätzung – das Staatsoberhaupt ist auch Chef der Verwaltung sowie der Armee. Ob das aktuelle System, das es der Korruption leicht macht, das richtige ist, muss genau überprüft werden. Es ist allerdings besorgniserregend, dass die Festnahme von Yoon die Spaltung der Gesellschaft vertieft hat und ein Teil der Bevölkerung gewalttätiger geworden ist“, urteilt NIHON KEIZAI SHIMBUN zum Ende der internationalen Presseschau.