Die italienische Zeitung LA REPUBBLICA moniert, Friedrich Merz habe damit das Erbe Angela Merkels ausgelöscht. "Zwei Tage nach den Feierlichkeiten zur Befreiung von Auschwitz haben CDU/CSU den Cordon sanitaire gegenüber der AfD durchbrochen. Die von Konrad Adenauer gegründete Partei akzeptierte die Stimmen der Rechtsextremen von Alice Weidel. Mit diesem Schritt bricht der wahrscheinlich künftige Bundeskanzler ein Tabu, das bislang in Deutschland galt - aus offensichtlichen historischen Gründen. Und er löscht das gesündeste Erbe aus der langen Ära Merkels aus, Merz' großer Rivalin, die sich stets an den Imperativ 'Niemals mit der AfD' gehalten hatte. Dieser Tag wird traurig in die Geschichte eingehen", heißt es in der Zeitung LA REPUBBLICA aus Rom.
Das Fazit der portugiesischen Zeitung PÚBLICO lautet: "Die CDU wollte zwar die Stimmen der AfD nicht, aber die Wahrheit ist, dass sie nicht mehr die Partei von Angela Merkel ist. Leider hat die politische Mitte eine Unfähigkeit und mangelnde Vorbereitung an den Tag gelegt, die ein Thema von solcher Bedeutung nicht verdient hat."
Der Schweizer TAGES-ANZEIGER spricht von einem "kolossalen Fehler" des Unions-Fraktionschefs: "Niemand verdächtigt Merz, nach der Wahl mit der AfD-Kanzlerkandidatin Weidel koalieren zu wollen. Der CDU-Chef hat selbst gesagt, dass das seine Partei zerstören würde. Deswegen ist es umso unverständlicher, dass er der AfD nun ohne Not im Parlament die Hand reicht. Das alles nur, weil er sich mit markigen Ansagen zur Migration kurz vor der Wahl zusätzliche Stimmen erhofft? Recht hat Merz mit der Überzeugung, dass Deutschland eine strengere Asyl- und Migrationspolitik braucht. Das war aber schon wahr, bevor psychisch angeschlagene Schutzsuchende in Magdeburg und Aschaffenburg Massaker anrichteten. Radikale Ansagen – Grenzen zu, Ausländer raus – sind bei vielen Menschen beliebt, auch in Deutschland. Von einer staatstragenden Partei wie den Christdemokraten darf man aber bessere Vorschläge erwarten als den rechts- und menschenverachtenden Populismus der AfD", findet der TAGES-ANZEIGER, der in Zürich erscheint.
"SPD und Grüne werfen Merz vor, sowohl deutsches als auch europäisches Recht zu ignorieren", meint die österreichische Zeitung DIE PRESSE und führt aus: "Deutschland müsse sich an die Regeln halten und korrekter sein als Viktor Orban in Ungarn, sagen sie in Richtung Merz. Das macht jenen Weg für alle drei länger, den sie wohl nach der Wahl zum Verhandlungstisch zurücklegen müssen. Außer Merz macht es wie die Österreicher und reißt die Brandmauer nach Rechtsaußen doch noch ein. Dann hätte Europa seine politische Mitte verloren."
Die polnische RZECZPOSPOLITA ruft Folgendes ins Gedächtnis: "Ein kleiner Körper im Sand eines türkischen Strandes – das Foto von Alan Kurdi aus dem Spätsommer 2015 schockierte die westliche Öffentlichkeit. Ein dreijähriger Flüchtling kurdischer Herkunft aus Syrien ertrank beim Versuch, von der türkischen Küste zur griechischen Insel Kos und damit in die EU zu gelangen. Dies geschah zu einem Zeitpunkt, als die deutsche Bundeskanzlerin beschloss, Deutschlands Grenzen für Massen an Einwanderern zu öffnen, die über den Balkan und Ungarn in den wohlhabenden Westen strömten. Kurz zuvor hatte sie gesagt: 'Wir schaffen das!' Mittlerweile kommt Deutschland mit der Einwanderung nicht mehr zurecht. Das symbolische Ende der Ära der offenen Grenzen und offenen Herzen war der Anschlag in Aschaffenburg." Das war die Zeitung RZECZPOSPOLITA aus Warschau.
Das chinesische KI-Modell DeepSeek ist das nächste Thema dieser Presseschau. Die schwedische Zeitung AFTONBLADET fasst zusammen: "Die Entwicklung künstlicher Intelligenz ist zu einem neuen Wettrüsten zwischen Ost und West geworden. Erst vorige Woche sprach US-Präsident Trump noch davon, wie wichtig der Vorsprung der USA vor China sei, und sicherte enorme Investitionen in die Infrastruktur für KI-Unternehmen zu. Aber dann stand auf einmal DeepSeek im Raum: besser, billiger und deutlich energieeffizienter. Das lässt die Frage aufkommen, wie wirksam Trumps Wirtschaftsstrategie ist. Wenn ein chinesisches KI-Modell, möglicherweise entwickelt mit plagiierter US-Technik, die gesamte US-Wirtschaft ins Wanken bringen kann, ist das eine neue Eskalationsstufe. Aber vielleicht ist ein solcher Rüstungswettlauf nicht nur negativ, denn in energiesparenderen KI-Lösungen steckt auch eine Chance. Dann könnte nämlich mehr Energie aus erneuerbaren Quellen für andere Zwecke eingesetzt werden, was den Klimaschutz befördern würde", meint AFTONBLADET aus Stockholm.
"Es gab Zeiten, in denen US-Experten China bei der Entwicklung Künstlicher Intelligenz um Jahre hinterher sahen", erinnert AFTENPOSTEN aus Oslo: "Der Vorsprung der USA beruhte zu großen Teilen darauf, dass niemand sonst Zugang zu ähnlich avancierten Chips hatte. Aber DeepSeek hat gezeigt, dass sich ein KI-System entwickeln lässt, das deutlich weniger aufwändig ist und trotzdem in etwa dasselbe Niveau hat."
Von einem Wendepunkt in der Geschicht der KI spricht die spanische Zeitung EL PAIS, denn ...: " ... das chinesische Modell steht allen kostenlos zur Verfügung, und dadurch hat sein Entwickler die Märkte erschüttert und vielen US-Techkonzernen einen schweren Schlag versetzt. Ihr ganzes Geschäftsmodell steht nun in Frage, denn DeepSeek bietet den Nutzern im Wesentlichen die gleichen Leistungen wie beispielsweise ChatGPT, wurde aber zu einem Bruchteil der Kosten entwickelt. Der Schock erfolgte zudem weniger als eine Woche, nachdem Trump Milliardeninvestitionen in KI angekündigt hatte. KI wird die westliche Wirtschaft revolutionieren und eine Schlüsselrolle beim Kampf um die globale Führungsrolle zwischen China und den USA einnehmen, während die EU gerade überwiegend am Rand steht", bemerkt EL PAIS aus Madrid.
Die britische FINANCIAL TIMES blickt auf das französische KI-StartUp Mistral AI: "In Europa hängt viel vom Schicksal des Unternehmens ab, gerade jetzt, da die generative KI beginnt, die Art und Weise, wie Menschen leben und arbeiten, umzugestalten. Obwohl es in der Region vielversprechende KI-Start-ups gibt - wie das britische Wayve, die deutschen DeepL und Black Forest Labs sowie das französische Poolside - arbeitet derzeit keines an großen Sprachmodellen, dem allgemeinen KI-System, das ChatGPT zugrunde liegt."
Und der Gast-Kommentator in der japanischen Zeitung NIHON KEIZAI SHIMBUN glaubt: "Je mehr Auswahl der Anbieter und je härter der Wettbewerb, desto besser ist es für die Verbraucher. Die höchste Priorität sollte haben, dass hochqualitative und sichere Dienstleistungen angeboten werden. Weil es derzeit völlig unklar ist, wie sich die KI-Anwendungen entwickeln werden, wird sicher bald eine Bremse benötigt."
Hören Sie abschließend einen Kommentar der IRISH TIMES aus Dublin zur mutmaßlichen Unterstützung Ruandas für den Angriff der M23-Rebellen auf die ostkongolesische Stadt Goma: "Ruandas Präsident Paul Kagame beharrt darauf, dass die kongolesische Rebellentruppe, die weithin beschuldigt wird, Kriegsverbrechen zu begehen, lediglich die Tutsi vor völkermordenden Milizen beschützt. Er weist international erhobene Vorwürfe zurück, wonach rund 4.000 ruandische Soldaten in der Demokratischen Republik Kongo die M23 unterstützen und bewaffnen, dass sein Land systematisch Mineralien wie seltene Erden plündert und zu seinem eigenen Nutzen exportiert oder dass er die Absicht hat, die Region dauerhaft in Ruanda einzugliedern. Kaum jemand glaubt ihm. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass die UNO, die Afrikanische Union und die internationale Gemeinschaft jetzt schnell handeln, um Sanktionen gegen Ruanda wieder in Kraft zu setzen." Das war die internationale Presseschau. Redaktion: Ann-Christin Heidrich; SprecherIn;