Das WALL STREET JOURNAL aus den USA hatte Trumps Zollpolitik schon am Wochenende als "dümmsten Handelskrieg aller Zeiten" bezeichnet. Jetzt legt das Blatt nach: "Schlechte Politik hat schädliche Folgen, ob Trump das nun zugibt oder nicht. Trump kann die wirtschaftlichen Gesetze ebenso wenig aufheben, wie dies Joe Biden bei der Inflation konnte. Kanada verkündete, es werde sich mit einem 25-Prozent-Zoll auf US-Güter revanchieren. Mexikos Präsidentin Sheinbaum kündigte ebenfalls Vergeltung an. Der Hammerschlag gegen Mexiko und Kanada zeigt, dass kein Land und keine Industrie sicher sind. Dies wird Freund wie Feind dazu bringen, die eigene Abhängigkeit vom amerikanischen Markt neu zu bewerten, mit schwer vorhersehbaren Folgen. Wie das den USA nützen soll, ist nicht ersichtlich. Insofern klingt 'dümmster Handelskrieg aller Zeiten' fast noch wie eine Untertreibung", heißt es im WALL STREET JOURNAL aus New York.
"Diese Zölle sind nicht ein Mittel zum Zweck, sondern der Zweck an sich", konstatiert DER STANDARD aus Österreich: "Trump sieht darin eine Einnahmequelle, die gar die Einkommenssteuer ersetzen könnte. Er stellt keine konkreten Forderungen an Mexiko und Kanada. Warum China nur mit zehn Prozent belastet wird, ist unklar. Aber Trumps Hass richtet sich vielmehr gegen befreundete Demokratien als autoritäre Gegner. Dass Kanada und Mexiko mit Vergeltungszöllen reagieren, ist verständlich, aber wird den Konflikt sicher noch verschärfen. Aber auch die USA werden leiden. Anders als Trump behauptet, werden Zölle meist auf die Verbraucher abgewälzt. Viele Preise werden steigen, von Autos bis zu Avocados, und auf eine steigende Inflation wird die US-Notenbank mit steigenden Zinsen reagieren. Die Gegenzölle werden wiederum exportorientierte US-Unternehmen spüren", erwartet DER STANDARD aus Wien.
Die kanadische Zeitung THE NATIONAL POST führt aus: "Die USA kaufen Computer, Telefone, Autos und Autoteile aus Kanada, außerdem Mineralien, Öl, Maschinen, Kunststoffe und Holz. Aus Mexiko beziehen sie Autos, Lastwagen, Elektronik, Maschinen, Fotoausrüstung und eine Reihe von Lebensmitteln. Trump meint, die USA bräuchten nichts davon, weil sie alles selbst herstellen könnten. In Washington haben Logik und Vernunft keine Bedeutung mehr. Nur wenige Wochen nach seinem Amtsantritt hat Trump das über Jahrzehnte aufgebaute Vertrauen zwischen zwei Ländern zerstört. Das enorme Volumen des grenzübergreifenden Handels zeigt, wie wichtig dieser für beide Seiten ist. Die Freundschaft mit den USA war gut für Kanada wie für die USA. Leider kann man sich unter Donald Trump nicht mehr darauf verlassen, dass die USA ihr Wort halten oder langjährige Verbündete respektieren", moniert THE NATIONAL POST aus Don Mills.
Die mexikanische Zeitung EL ECONOMISTA erinnert an verschiedene Handelsabkommen zwischen den USA, Mexiko und Kanada und warnt: "Die Strafzölle ziehen womöglich einen Schlussstrich unter die Idee einer wirtschaftlichen Integration Nordamerikas. Trump stellt die USA als Opfer seiner übergriffigen Nachbarn dar und behauptet, die Zölle seien notwendig, um die Beziehungen auf eine neue Grundlage zu stellen. Die Frage ist, ob wir vor lediglich vorübergehenden Turbulenzen stehen oder ob es zu einem generellen Paradigmenwechsel kommt. Nicht wenige glauben, dass sich die Wirtschaftslogik am Ende doch noch durchsetzt und wir früher oder später in gewohnte Fahrwasser zurückkehren. Denkbar ist aber auch, dass nationalistische und irrationale Impulse den künftigen Kurs bestimmen - zumal auch in anderen Ländern Kräfte erstarken, die Globalisierung mehr als Bedrohung denn als Chance begreifen", vermerkt EL ECONOMISTA aus Mexiko-Stadt.
Die chinesische Zeitung HUANQIU SHIBAO gibt in einem Gastkommentar zu bedenken: "Trumps einseitiges Vorgehen ist nicht vereinbar mit den Regularien der Welthandelsorganisation. Laut geltendem Abkommen müssten die USA zunächst die Notwendigkeit ihrer Maßnahmen plausibel begründen. Außerdem dürfen internationale Gesetze nicht missachtet werden. Wenn Washington die Zölle trotzdem durchsetzen will, können die betroffenen Länder Klage bei der WTO einreichen und bei Erfolg Gegenmaßnahmen ergreifen. Amerika ist offenbar im Begriff, das multilaterale Handelssystem zu destabilisieren", notiert HUANQIU SHIBAO aus Peking.
Der australische SYDNEY MORNING HERALD findet, Trump setze auf eine veraltete Wirtschaftstheorie: "Die USA weisen ein konstantes Handelsdefizit mit Kanada, Mexiko und China auf - was bedeutet, dass der Wert der Waren und Dienstleistungen, die sie aus Kanada importieren, den Wert der Waren und Dienstleistungen übersteigt, die sie nach Kanada exportieren. Trump gefällt das nicht. Er ist davon überzeugt, Exporte maximieren und Importe minimieren zu müssen. Allerdings ist das eine Wirtschaftstheorie, die schon lange aus der Mode gekommen ist - nun will Trump sie wohl wieder aufleben lassen", bemerkt der SYDNEY MORNING HERALD.
Die polnische Zeitung RZECZPOSPOLITA ergänzt: "Freihandelsexperten schlagen angesichts dieser Entwicklung die Hände über dem Kopf zusammen. Die Gesetze der Wirtschaft sind unerbittlich. Zölle führen zu höheren Preisen, selbst wenn die dadurch erzielten Einnahmen in die lokale Wirtschaft fließen. Der Inflation folgt dann Lohndruck. Davon werden auch die Unternehmen betroffen sein, die zudem mit höheren Preisen für Bauteile und Rohstoffe zu kämpfen haben. Donald Trump wird deshalb damit umgehen müssen, dass seine Wähler dies nicht gut finden werden. Wird er dies erkennen, während er an allen Fronten gegen traditionelle Feinde und ehemalige Verbündete kämpft? Dafür gibt es keine Gewissheit. Aber ein Ergebnis ist sicher: Das große Banner der 'Make America Great Again'-Bewegung wird auf die Größe eines Taschentuchs schrumpfen", schreibt RZECZPOSPOLITA aus Warschau.
Die kolumbianische Zeitung EL PAIS aus Cali befindet: "Trump bricht einen Handelskrieg vom Zaun, dessen Folgen für die Weltwirtschaft noch gar nicht abzusehen sind. Mit den Zöllen zeigt er der ganzen Welt - darunter auch Europa und dem übrigen Lateinamerika - wie er künftig auftreten will und wie wenig er sich dabei um internationales Recht und die bestehende Handelsordnung schert. Nach außen wie nach innen will Trump Macht und Entschlossenheit demonstrieren. Aber es bleibt abzuwarten, ob er damit tatsächlich bessere Bedingungen für sein Land herausschlagen kann oder ob ihn die politische, wirtschaftliche und soziale Realität nicht doch dazu zwingen wird, seine Entscheidungen zu überdenken", hält EL PAIS aus Cali fest.
Die spanische Zeitung EL MUNDO prognostiziert, Trump werde seine protektionistischen Pläne auf weitere Länder und Regionen ausweiten: "Seine Idee ist es, einen allgemeinen Zoll auf sämtliche Importe zu erheben, mit besonderem Augenmerk auf strategische Sektoren wie Halbleiter oder pharmazeutische Produkte. Am Horizont steht Europa, dem Trump am Freitag erneut drohte, weil es 'amerikanische Unternehmen schrecklich' behandele. Die Erpressung des US-Präsidenten zwingt die EU, ihre Integration zu beschleunigen sowie ihre strategische Autonomie und Produktivität zu fördern, um sich auf einen Handelskrieg vorzubereiten", stellt EL MUNDO aus Madrid klar.
Und die dänische Zeitung JYLLANDS POSTEN unterstreicht: "Die Lehre aus Trumps erster Präsidentschaft sowie aus den ersten beiden Wochen seiner neuen Amtszeit ist, dass es jetzt darum geht, zusammenzuhalten. Symptomatisch dafür ist, dass das ehemalige EU-Mitglied Großbritannien jüngst nach Brüssel eingeladen worden ist. Obwohl es gute Gründe gibt anzunehmen, dass Donald Trump keine langfristige Strategie hat, sondern impulsiv und lediglich mit dem richtigen Riecher für gute Geschäfte reagiert, so scheint ziemlich klar, dass seine Taktik darin besteht, die EU-Länder zu spalten", schreibt JYLLANDS POSTEN aus Aarhus, und damit endet die Internationale Presseschau.