07. Februar 2025
Die internationale Presseschau

Heute mit Kommentaren zur AfD-Kanzlerkandidatin Weidel, zu den Bemühungen um ein neues Atomabkommen mit dem Iran und zur Politik von US-Präsident Trump.

Donald Trump sitzt an einem Tisch im Weißen Haus und unterzeichnet ein Dokument.
US-Präsident Donald Trump sorgt mit seiner Politik in vielen Bereichen für Aufregung und Widerspruch. (picture alliance / Associated Press / Evan Vucci)
Dass dieser trotz internationaler Kritik an seiner Gaza-Initiative festhält, kann die Zeitung GULF NEWS aus Dubai nicht nachvollziehen: "Sein Plan zur Übernahme des Gazastreifens hat zurecht weltweite Empörung ausgelöst.Für die Palästinenser ist ihr Land Identität, Geschichte und die Essenz ihrer Existenz. Dass ein amerikanischer Präsident öffentlich eine ethnische Säuberung des Gazastreifens ankündigt mit der Umsiedlung von zwei Millionen Menschen, um dort ein Immobilienprojekt zu verwirklichen, war wirklich ein Meilenstein in der Geschichte der amerikanischen Nahost-Politik. Trumps Vorstoß zeugt wieder einmal davon, dass er das Völkerrecht untergraben will - so wie bei seinen leichtfertigen Absichtserklärungen Grönland und Kanada zu annektieren und die Kontrolle über den Panamakanal zu übernehmen", stellen die GULF NEWS aus den Vereinigten Arabischen Emiraten fest.
Die israelische Zeitung HAARETZ aus Tel Aviv konstatiert: "Zwei Millionen Palästinenser sollen aus dem Gazastreifen umgesiedelt werden? Dazu wird es niemals kommen. US-Präsident Trump kann seinen Traum von der Amerikanischen Riviera im Gazastreifen vergessen."
Die palästinensische Zeitung AL AYYAM fügt an: "Mit bitterem Sarkasmus beobachten die Palästinenser, wie der Präsident des mächtigsten Landes der Welt mit ihren Anliegen mit einer Nonchalance umgeht, als ginge es tatsächlich lediglich um eine Immobilie, die sich bereits in seinem Besitz befindet, und für die er die früheren Eigner nun irgendwie zu entschädigen versucht. Diesen Eignern machen die Ankündigungen allerdings Angst. Und zwar vor allem deshalb, weil hinter diesem Projekt der israelische Staat steht, der ihre Vertreibung zur Grundlage der nationalen Sicherheit, ja seiner gesamten Existenz erklärt. Israel sieht in Trumps Vorstoß eine einmalige Gelegenheit zur Lösung des 1948 entstandenen und nie gelösten Problems, das es nun endlich aus der Welt schaffen könnte. Die Welt ist nicht gegen den mörderischen Krieg in Gaza eingeschritten. Wird sie gegen die geplante Vertreibung einschreiten? Die Palästinenser haben Grund zur Angst. Es sei denn, die Araber stellen sich der Idee mit all ihrer Macht entgegen. Das könnten sie. Es erfordert nur Mut", so die Meinung von AL AYYAM aus Ramallah.
Die polnische Zeitung RZECZPOSPOLITA richtet den Fokus auf Saudi-Arabien: "Mit seiner Ankündigung, den Gazastreifen zu übernehmen und die Palästinenser zu vertreiben, hat der US-Präsident die Position der Saudis verhärtet. Dabei sollten die beim Aufbau eines neuen Nahen Ostens doch eine Schlüsselrolle spielen. Saudi-Arabien ist der einflussreichste arabische Staat, ein zentraler Akteur in der Welt des sunnitischen Islams und ein vermögender Trendsetter. Aus amerikanischer Sicht sind die Saudis ein außerordentlich attraktiver Partner für die Wirtschaft. Ob Trump seine Gaza-Pläne tatsächlich verwirklichen kann, hängt nicht zuletzt von Saudi-Arabien ab", erläutert die RZECZPOSPOLITA aus Warschau.
Vor dem heutigen Besuch des japanischen Regierungschefs Ishiba in Washington fordert ASAHI SHIMBUN aus Tokio eine klare Positionierung Japans gegen Trumps Gaza-Pläne: "Trumps Vorstoß zu Gaza fehlt nicht nur Verständnis und Rücksicht auf die Palästinenser. Eine Vertreibung der Menschen aus dem Gazastreifen mit Gewalt wäre ein klarer Verstoß gegen internationales Recht und würde die gesamte Region noch tiefer ins Chaos stürzen. Deutschland, Großbritannien und Frankreich haben Trump deshalb bereits scharf kritisiert. Auch Japan, das Land, das großen Wert auf Rechtsstaatlichkeit legt, darf eine Inbesitznahme des Gaza-Streifens durch die USA und eine Zwangsumsiedlung der Palästinenser nicht akzeptieren. Tokios Reaktion fällt bislang zu mild aus. Premierminister Ishiba muss das Thema unbedingt bei seinem Besuch in den USA ansprechen", fordert ASAHI SHIMBUN aus Japan.
Auch JIEFANG RIBAO aus China beschäftigt sich mit dem USA-Besuch des japanischen Premiers: "Ishiba dürfte zufrieden sein, dass Trump ihn als ersten Regierungschef eines großen Industrielandes empfängt. Sein Präsentkorb ist prall gefüllt: Tokio gibt dieses Jahr über 55 Milliarden Euro für die Verteidigung aus, so viel wie noch nie. Zudem hat Japan in den vergangenen Jahren in den USA 700 Milliarden Dollar investiert und steht damit auf Platz eins in der Liste der ausländischen Investoren. Aber ob Trump deshalb von seiner Forderung abrückt, wonach Japan seinen Verteidigungsetat auf drei Prozent des Staatshaushalts erhöhen soll? Und wird Trump angesichts des immensen Handelsüberschusses auf neue Zölle für japanische Waren verzichten? Trump handelt nach dem Prinzip 'America First'. Für den Gast aus Japan werden die Gespräche und Verhandlungen deshalb nicht einfach werden", ist JIEFANG RIBAO aus Shanghai überzeugt.
Ein weiteres Thema in Bezug auf US-Präsident Trump ist der Finanzierungsstopp für die US-Entwicklungshilfebehörde USAID: "Seit Jahrzehnten steht USAID für das Beste, was die US-Diplomatie zu bieten hat", findet THE BOSTON GLOBE aus den USA und zählt auf: "Hungernde ernähren, Impfstoffe verteilen, Malaria behandeln und zuletzt medizinische Hilfe in dem vom Krieg verwüsteten Gazastreifen leisten. Es war auch ein Mittel, um den US-Einfluss zu demonstrieren. Sollte USAID verschwinden, würden geopolitische Rivalen wie China die Lücke nur zu gerne füllen."
Diesen Gedanken greift auch THE JAKARTA POST aus Indonesien auf, die den Blick auf die Auswirkungen von Trumps Politik auf den indopazifischen Raum richtet: "Es war keine Überraschung, dass Trump per Dekret erneut den Ausstieg aus dem Pariser Klimaabkommen und aus der Weltgesundheitsorganisation angeordnet hat. Aber die sofortige Aussetzung des internationalen Hilfsprogramms der USA hatte man sich nicht vorstellen können. Dies wird unmittelbare Auswirkungen haben. Angesichts von Trumps Ankündigungen und seinen ersten Entscheidungen ist es schwer vorstellbar, dass die USA den Status eines 'strategischen Partners' im Pazifikraum erhalten können. Die Lücke, die durch den Rückzug der USA entsteht, wird China liebend gern als 'bester Freund' füllen", prophezeit THE JAKARTA POST.
DER STANDARD aus Wien greift Trumps Initiative für ein neues Atomabkommen mit dem Iran auf: "Der US-Präsident setzt den Iran mit Sanktionen und militärischer Unterstützung Israels unter Druck, mit dem erklärten Ziel, einen neuen, stärkeren Atomdeal zu erreichen. Die Zeit für einen neuen Deal ist tatsächlich günstig wie selten zuvor. Nach der Auseinandersetzung mit Israel liegt der Iran am Boden, seine Defensivkapazitäten sind nach israelischen Militärschlägen reduziert. Alleine würde Israel eine Zerstörung der iranischen Atomanlagen dennoch nicht stemmen. Aber einem Trump muss Teheran durchaus zutrauen, dass er, wenn er seinen Willen nicht bekommt, zu anderen Mitteln als Verhandlungen greift, auch wenn er dem Nahen Osten eigentlich Frieden versprochen hat", meint DER STANDARD aus Österreich.
Zum Abschluss geht der TAGES-ANZEIGER aus der Schweiz auf die AfD-Kanzlerkandidatin Weidel ein: "Weidels aktueller Erfolg wurzelt vor allem in ihrer Fähigkeit, der Öffentlichkeit gleichzeitig zwei verschiedene Gesichter zu zeigen: ein bürgerlich lächelndes und ein radikal aggressives, je nach Bedarf, Lust oder Publikum. Weidel fällt ihr Doppelspiel womöglich leicht, weil sie politisch in der AfD weitgehend als Opportunistin gilt. Ihr wirtschaftslibertärer Flügel existiert schon lange nicht mehr, mit den Rechtsextremisten, die den Ton angeben, hat sie sich arrangiert. Noch 2017 wollte sie Höcke wegen dessen Neo-Nationalsozialismus aus der Partei ausschließen. Heute umarmt sie ihn im Wahlkampf und sagt, er bringe 'noch andere Zielgruppen'. Weidel spiele jetzt die 'erste Geige', meinte Höcke kürzlich. Wichtig sei aber die 'gemeinsame Partitur'." Mit dieser Stimme des TAGES-ANZEIGERS aus Zürich endet die internationale Presseschau.