
Die griechische Zeitung KATHIMERINI wirft den europäischen Staaten vor, nicht aus der ersten Amtszeit von US-Präsident Trump gelernt zu haben: "Europa spürt seine Schwäche, fühlt sich beleidigt und unterbewertet - aber es hat niemandem außer sich selbst die Schuld daran zu geben. Trägheit hat ihren Preis in einer Welt, die sich ständig wandelt. Die einzige Hoffnung besteht nun darin, dass Deutschland nach der Bundestagswahl die Initiative ergreift. Es hat sich mit so einer Führungsrolle nie ganz wohl gefühlt, und wir anderen in Europa auch nicht. Jetzt geht es aber nicht darum, ob Europa aufwacht, sondern ob es in einzelne Teile zerfällt", betont KATHIMERINI aus Athen.
Die britische Zeitung THE DAILY TELEGRAPH aus London unterstreicht: "Alles passiert so schnell, dass die europäischen Staats- und Regierungschefs Gefahr laufen, völlig überrannt zu werden, nun, da alte Gewissheiten nicht mehr gelten. Großbritannien und Europa müssen sich ernsthaft mit der Aussicht auseinandersetzen, dass Amerika Europa keine Sicherheitsgarantien mehr bieten wird und sie sich mit Russland zu dessen eigenen Bedingungen auseinandersetzen müssen."
"Es ist unklar, was genau Trump tun wird, um den Krieg zu beenden, aber der Kampf für Demokratie und internationales Recht wird dabei keine Rolle spielen", meint DE VOLKSKRANT aus den Niederlanden: "Europa muss sich um seine eigene Sicherheit kümmern, jetzt, wo es sich nicht mehr auf die USA verlassen kann. Europäer und Amerikaner waren 80 Jahre lang Brüder im demokratischen Geiste, trotz aller Unterschiede. Jetzt hat Europa diese Brüder verloren. Vielleicht werden sie eines Tages zurückkehren, aber das ist keineswegs sicher. Das macht Europa einsam in einer gefährlichen Welt", heißt es in DE VOLKSKRANT aus Amsterdam.
Die finnische Zeitung ILTA-SANOMAT notiert mit Blick auf das Treffen in Paris: "Der deutsche Kanzler Scholz erklärte im Anschluss, Diskussionen über die Entsendung von Friedenstruppen in die Ukraine seien verfrüht und unangemessen, solange der Krieg noch andauere. Aber Großbritannien und Schweden sind in dieser Frage aufgeschlossen. Und viel wichtiger wäre es gewesen, in Paris eine Antwort auf die Frage zu finden, wer Europa am Verhandlungstisch vertreten soll. Keiner der Teilnehmer von gestern kann im Namen von ganz Europa sprechen, und zwischen den Mitgliedstaaten bestehen weiter Differenzen. Es gibt sogar Kräfte, die die Unterstützung für die Ukraine am liebsten ganz einstellen würden", schreibt ILTA-SANOMAT aus Helsinki.
Das LUXEMBURGER WORT weist Kritik an der Zusammensetzung des Krisentreffens zurück, nachdem Luxemburgs Premier Frieden nicht eingeladen wurde: "Ein Treffen der gesamten EU hätte in dieser Situation gleich mehrere Nachteile. Am eklatantesten wäre die Teilnahme putinfreundlicher Regierungschefs wie Viktor Orbán. Es ist vollkommen richtig, ihn diesmal nicht dabei zu haben. Und aller EU-Einigkeit zum Trotz: Ist dies wirklich der richtige Zeitpunkt, um sich langwierige Stellungnahmen aus Malta oder Irland anzuhören? Um eine effiziente Reaktion zu ermöglichen, ist es sinnvoll, dass nur jene Regierungen beraten, die am meisten an der Situation ändern können. Dazu gehören auch die Briten, obwohl sie kein EU-Mitglied mehr sind. Allein deshalb lohnt es sich, den rigiden EU-Rahmen zu verlassen", folgert das LUXEMBURGER WORT aus Luxemburg-Stadt.
Die Zeitung INDIAN EXPRESS sieht einen - Zitat - "diplomatischen Blitzkrieg" Trumps: "Wenn Trumps Abkommen zustande kommt, ist es für Europa möglicherweise am besten, sein Militär zu stärken, um vor künftigen russischen Expansionsbestrebungen wirksam abzuschrecken. Ein Frieden in Europa würde auch wirtschaftliche Stabilität, Energiesicherheit und verbesserte Handelsmöglichkeiten für Indien auf beiden Seiten der Trennlinie mit sich bringen. Die westlichen Mächte hätten die Zeit und die Ressourcen, sich auf die Bekämpfung des wachsenden Einflusses Chinas im indopazifischen Raum zu konzentrieren - eine wichtige strategische Priorität für Indien", überlegt der INDIAN EXPRESS aus Mumbai.
Die Zeitung LIANHE ZAOBAO aus Singapur analysiert: "Trumps Friedensplan für Russland und die Ukraine zeichnet sich immer deutlicher ab. Er erhofft sich, dadurch gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen zu können. So sollen seine Verbündeten in Europa dazu gezwungen werden, mehr Verantwortung für ihre Verteidigung zu übernehmen. Gleichzeitig soll Russland eine für Putin akzeptable Friedenslösung auf dem Silbertablett präsentiert und ein Keil in die chinesisch-russischen Beziehungen getrieben werden. Der US-Präsident will so schnell wie möglich einen Frieden in der Ukraine herbeiführen, um sich dann mit voller Kraft China zuwenden zu können. Wenn ein Friedensabkommen zwischen Moskau und Kiew erst mal geschlossen wurde, wird Peking seine wirtschaftliche und militärische Unterstützung für Russland nicht mehr als Hebel in künftigen Gesprächen zwischen Trump und Xi Jinping nutzen können", erwartet LIANHE ZAOBAO.
"Das größte Sicherheitsproblem Europas zeigt sich einmal mehr: Niemand kann sich auf eine gemeinsame Strategie einigen", ist in der türkischen Zeitung MUHALIF zu lesen: "Der 'Notgipfel' in Paris war eine Farce. Die Staats- und Regierungschefs der EU treffen sich und sagen: 'Ohne uns geht es nicht', aber die USA sitzen schon in Saudi-Arabien, trinken Tee mit den Russen und verhandeln mit ihnen. Kann Europa eine unabhängige Macht sein, ohne seine eigene Sicherheit zu garantieren? Die Antwort ist einfach: nicht ohne die Vereinigten Staaten. An eine europäische NATO sollte man nicht einmal im Traum denken." So weit MUHALIF aus Istanbul.
Die panarabische Zeitung ASHARQ AL-AWSAT, die im Besitz des saudischen Königshauses ist, findet: "Riad wird nun zur Bühne eines nahezu beispiellosen politischen Ereignisses. Dies dürfte wohl das Ende des Ukraine-Kriegs herbeiführen und zugleich einen zusätzlichen Riss in die Beziehungen zwischen Washington und seinen Verbündeten reißen, der in letzter Konsequenz das Ende der NATO bedeuten könnte. Denn wollen sie weiterhin unter dem Schutzschirm bleiben, haben die europäischen Politiker keine andere Wahl, als die neue politische Realität Amerikas zu akzeptieren. In Riad wird die Welt Zeuge eines Ereignisses, das man als den Anfang vom Ende einer globalen historischen Ära bezeichnen kann", ist ASHARQ AL-AWSAT mit Sitz in London überzeugt.
Die norwegische Zeitung VERDENS GANG mahnt: "Europa darf sich als Reaktion auf die Provokation der USA nicht lähmen lassen, sondern muss mehr denn je Stärke zeigen. Ein mögliches Friedensabkommen muss die Interessen der Ukraine berücksichtigen, und natürlich muss Kiew mit am Verhandlungstisch sitzen. Das gilt auch für die Europäer, denn ein nachhaltiges Friedensabkommen braucht glaubwürdige Sicherheitsgarantien. Wenn Putin seinen Willen bekommt, ist das eine Einladung zu weiteren Aggressionen gegen die Ukraine oder andere Nachbarn. So entsteht kein dauerhafter Frieden, sondern allenfalls ein brüchiger Waffenstillstand, den Putin nutzen wird, um seine militärische Schlagkraft wiederherzustellen", glaubt VERDENS GANG aus Oslo.
Die russische Tageszeitung NESAWISSIMAJA GASETA bemerkt mit Blick auf die Gespräche in Riad: "Die ganze Welt und bestimmt ganz Russland verbindet mit diesem ersten grundlegenden Einigungsversuch Moskaus und Washingtons seit 2022 die Hoffnung auf ein Ende des brutalen Konflikts. Es wird nicht leicht sein, eine gemeinsame Sprache zu finden. Das gegenseitige Vertrauen ist seit langem verloren. Und dazu senden die europäischen Verbündeten Trump das Signal, dass ihnen weder Vereinbarungen mit Russland passen, die wie ein Sieg des Kremls aussehen, noch übergroße Zugeständnisse der Ukraine, die die Sicherheit von EU-Ländern gefährden könnten."