27. Februar 2025
Die internationale Presseschau

Neben der Regierungsbildung in Deutschland geht es unter anderem um ein mit KI-generiertes Video über den Gazastreifen, das US-Präsident Trump in sozialen Medien gepostet hat. Doch zunächst weitere Stimmen zum Abkommen zwischen den USA und der Ukraine zur Förderung von Rohstoffen auf ukrainischem Gebiet.

Donald Trump
In den Kommentaren der ausländischen Zeitungen geht es unter anderem erneut um US-Präsident Trump (Archivbild). (IMAGO / ZUMA / Francis Chung via CNP)
Mit Blick auf die Vereinbarung bemerkt die schwedische Zeitung SYDSVENSKAN: "Von amerikanischen Sicherheitsgarantieren ist wohl nicht die Rede, aber wie die endgültige Version aussieht, werden wir vermutlich nach dem für morgen geplanten Treffen zwischen Trump und Selenskyj im Weißen Haus erfahren. Ein solches Vorgehen ist natürlich sowohl sicherheitspolitisch verheerend als auch eine moralische Bankrotterklärung, und es ist etwas völlig Neues in der US-Außenpolitik. Damit die Ukraine nicht besetzt wird, soll sie bezahlen: Das ist nichts anderes als Schutzgelderpressung im Stil der Mafia. Trump hat klar gemacht, dass die transatlantischen Beziehungen nicht mehr von Werten geprägt sein werden, sondern von Geschäften. Länder haben keine Freunde, sie haben Interessen", vermerkt SYDSVENSKAN aus Malmö.
Die chinesische Staatszeitung JIEFANG RIBAO aus Schanghai vermutet: "Europa, das bei der Unterstützung für die Ukraine viel geopfert hat, geht wohl nicht nur beim Rohstoff-Deal leer aus. Es hat auch bei den Friedensverhandlungen nicht viel mitzureden. Wen soll die Kluft zwischen den transatlantischen Verbündeten wundern? Washington und Brüssel verfolgen bei der Ukraine-Frage ohnehin nicht die gleichen Ziele. Trump geht es um die amerikanischen Interessen und die Führungsrolle in der Welt. Europa möchte die langfristige Stabilität durch die Beseitigung der Bedrohung aus Russland sichern", folgert JIEFANG RIBAO.
In einem Gastkommentar der japanischen Zeitung ASAHI SHIMBUN aus Tokio wird die politische Strategie des US-Präsidenten analysiert: "Für Trump ist es wohl am wichtigsten, den Eindruck zu erwecken, dass sein schnelles Handeln zum Erfolg führt. Die größte Hürde bleibt allerdings die Garantie für die Sicherheit der Ukraine. Diese will Selenskyj wahrscheinlich erst in den zukünftigen Abkommen erkämpfen."
Die polnische Zeitung RZECZPOSPOLITA meint, das Rohstoffabkommen sei für die Ukraine die beste verfügbare Sicherheitsgarantie, denn: "Es ist schwer vorstellbar, dass die USA in einer Bedrohungslage ihre dortigen Investitionen kampflos aufgeben würden, die immerhin viele Milliarden Dollar an US-Steuergeldern verschlingen werden. Denn die ukrainischen Vorkommen müssen noch quantitativ und qualitativ erkundet und dann abgebaut werden. Jeder künftige US-Präsident wird diese Investitionen verteidigen", ist sich die RZECZPOSPOLITA aus Warschau sicher.
Vor dem Hintergrund des russisch-amerikanischen Dialogs über die Zukunft der Ukraine stellt die kremlnahe Zeitung KOMMERSANT fest: "Europa, das an einer Wiederherstellung normaler Beziehungen mit Moskau offenbar grundsätzlich weitaus stärker interessiert ist als die USA, legt trotz der veränderten Stimmung im Weißen Haus in dieser Frage weiterhin eine außergewöhnliche Kompromisslosigkeit an den Tag. Auch in Asien, wo Südkorea seine Sanktionen gegen die Lieferung medizinischer Ausrüstung an Russland aufhebt, tun sich deutliche Risse in der antirussischen Haltung auf. Doch die 'globale Mehrheit' war trotz der Bedeutung einigender Formate wie BRICS und Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit schon vor drei Jahren uneinig und wankelmütig – und das ist auch heute noch so", lesen wir im KOMMERSANT aus Moskau.
Die Zeitung EL FINANCIERO aus Mexiko-Stadt beschäftigt sich mit der Handelspolitik von US-Präsident Trump: "Wir sind abhängig davon, welche Entscheidungen ein einzelner Mensch trifft, und der mächtigste Mann der Welt genießt es, unberechenbar aufzutreten und Unsicherheit zu verbreiten. Zuletzt deutete er kurz an, dass die angedrohten Zölle für Mexiko und Kanada am 2. April und nicht am 4. März in Kraft treten. Dann aber erklärte er wieder, es gebe keine Änderung am Zeitplan. Gerade diese fehlende Klarheit ist Teil seiner Strategie, aber für uns ist sie toxisch. Es wäre schön, nicht mehr über Trump reden zu müssen. Es wäre schön, wenn wir uns auf andere Themen konzentrieren könnten. Aber das Problem ist, dass die Welt in den nächsten Monaten eine andere sein wird, und daran führt kein Weg vorbei", bemerkt EL FINANCIERO aus Mexiko.
Themenwechsel. Die norwegische Zeitung VERDENS GANG geht auf ein mit Künstlicher Intelligenz erzeugtes Video ein. Darin liegen US-Präsident Trump und Israels Premier Netanjahu an der "Gaza-Riviera" in der Sonne: "Trump hat das Video als vorläufigen Gipfel der Geschmacklosigkeit selbst in seinem Netzwerk ‚Truth Social‘ gepostet. Nicht einmal seinen Anhängern gefällt es, und manche bitten ihn darum, es zu entfernen. Vermutlich spüren sie, dass es ihren Helden in ein negatives Bild rückt. Gaza wird in dem Film von einem Ruinenhaufen zu einem Ferienresort mit Party, Bauchtanz, Wolkenkratzern und viel Gold – nicht zuletzt in Form einer goldenen Statue von Trump. Er hat davon fabuliert, dass die USA Gaza übernehmen und eine Riviera im Nahen Osten errichten wollen. Die Palästinenser sollen ihm zufolge in andere Länder umziehen – ganz so, als würde es sich dabei um ein realistisches Szenario und nicht etwa um eine ethnische Säuberung handeln. Das Video könnte Teil einer anderen bekannten MAGA-Strategie sein, nämlich die Aufmerksamkeit von anderen heiklen Themen abzulenken", vermutet VERDENS GANG aus Oslo.
Die spanische Zeitung LA VANGUARDIA aus Barcelona schätzt: "Die Verbreitung von 'Fake News' und die Verwendung von manipulierten Videos mit Bildern, die mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz erstellt wurden, machen uns zunehmend unempfindlich gegenüber jeglicher Überraschung. Heute ist alles möglich. Doch es gibt keine Entschuldigung für die obszönen Grenzen, die das Team von Donald Trump überschritten hat."
Es folgen Stimmen zur politischen Lage in Deutschland nach der Bundestagswahl. Die türkische Zeitung KARAR erläutert mit Blick auf die zu erwartende Koalition: "Eine Regierung mit einer schwachen SPD unter der Kanzlerschaft von Friedrich Merz, der keine ernsthafte politische Erfahrung hat und einst von der ehemaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel aus der Politik gedrängt wurde, wird keine sehr starke sein. Das gilt vor allem wenn man bedenkt, dass die Unionsparteien selbst in den eigenen Reihen Probleme haben. Unter diesen Umständen erscheint es unwahrscheinlich, dass die neue Regierung die vierjährige Legislaturperiode ohne Neuwahlen übersteht. Diese Situation begünstigt die AfD. Mit anderen Worten: Sowohl eine Regierung, die weit davon entfernt ist, radikale Entscheidungen für Deutschland zu treffen, als auch eine Koalition, die alle Differenzen und Kompromisse überwindet, werden der AfD zugutekommen", kommentiert KARAR aus Istanbul.
Der Schweizer TAGES-ANZEIGER aus Zürich hebt hervor: "Dass Friedrich Merz, der christdemokratische Wahlsieger, Weidels ausgestreckte Hand zu einer gemeinsamen Regierung ausschlagen würde, hat in der AfD niemanden überrascht. Für Weidel und ihre Leute startet deswegen jetzt das Projekt 2029: Bei der nächsten Wahl will die AfD CDU und CSU als stärkste Partei ablösen und selbst das Kanzleramt erobern - mit Alice Weidel. Man müsse nur die Zeit für die AfD arbeiten lassen, glauben Weidels Leute. Das Volk habe Mitte-Rechts gewählt, bekomme jetzt mit CDU, CSU und SPD aber erneut 'linke Politik'. Das werde den Unmut weiter wachsen lassen. Der Erfolg verleiht der Partei im Bundestag erheblich mehr Einfluss. Noch viel wichtiger für die AfD ist, dass sie vom Staat künftig doppelt so stark unterstützt wird wie bisher - dabei geht es um Dutzende Millionen Euro im Jahr. Nach ihrem dritten Einzug in den Bundestag muss der Staat nun auch eine AfD-nahe Stiftung mit zweistelligen Millionenbeträgen finanzieren: Sie soll zu einem Labor rechter Ideologie und einer Kaderschmiede der Partei werden." Das war zum Ende der internationalen Presseschau der TAGES-ANZEIGER.