03. März 2025
Die internationale Presseschau

Heute mit Kommentaren zur Türkei, wo die PKK eine Waffenruhe ausgerufen hat, und zur Regierungsvereidigung in Österreich. Zunächst geht es aber um den Krisengipfel in London.

Europäische Staatsführer stehen auf einer Treppe zum gemeinsamen Foto. Im Hintergrund sind die Flaggen der teilnehmenden Staaten zu sehen
Europäische Staatsführer beim Ukrainegipfel in London. (picture alliance / NTB / Javad Parsa)
Dort haben sich nach dem Eklat in Washington viele europäische Staaten hinter die Ukraine gestellt. Die französische Zeitung LIBÉRATION hebt hervor: "Sie sind gekommen, sie sind alle da. Vergessen ist der interne Groll, vergessen ist auch der Brexit, denn der Gastgeber des Gipfels in London ist niemand anderes als der Premierminister des Vereinigten Königreichs, Starmer. 'Selbst entscheiden oder erleiden?' Diese Frage hatte der französische Präsident Macron gestellt, der mehr denn je der zentrale Dreh- und Angelpunkt des Kontinents ist. 'Europa ist aufgewacht', lautete die Schlussfolgerung des polnischen Premierministers Tusk, er, der bis heute an der kriegerischen Mobilisierung dieses allzu schläfrigen Europas zweifelte. Die Türkei hatte ihren Außenminister Fidan entsandt, und die italienische Ministerpräsidentin Meloni behauptete plötzlich, dass es ihre Priorität sei, zu verhindern, dass der Westen 'gespalten wird'. Lenin hatte also Recht: Während es Jahrzehnte gibt, in denen nichts passiert, kann die Welt Jahrzehnte in einer Woche erleben. Also: Wählen oder erdulden? Am Sonntagabend antwortete Europa entschieden, dass es sein Schicksal selbst bestimmen will, aber erst am Donnerstag wird es auf einem Sondergipfel in Brüssel zu einer Einigung kommen," erwartet LIBÉRATION aus Paris.
Die SALZBURGER NACHRICHTEN aus Österreich unterstreichen: "Der schon länger geplante Gipfel läutet einen Kurswechsel ein: Europa übernimmt die Führung. Nicht die EU, sondern Europa in Gestalt von Frankreich und Großbritannien. Weitere Willige können folgen und werden das hoffentlich tun. Nichts Geringeres als einen Plan für eine Waffenruhe will die freiwillige Koalition ausarbeiten; gemeinsam mit der Ukraine, das ist der Unterschied zum Plan der USA. Gepaart mit den Finanzzusagen aus London in Milliardenhöhe kann die Ukraine so wieder auf den richtigen Kurs kommen. Nicht zum Sieg, aber zumindest zurück zu einer starken Verhandlungsposition", ist in den SALZBURGER NACHRICHTEN zu lesen.
Die spanische Zeitung EL PAIS bemerkt: "Der gestern in London abgehaltene Dringlichkeitsgipfel zur Lage in der Ukraine ist ein Schritt in die richtige Richtung: in Richtung eines europäischen politischen Willens, die Initiative zu ergreifen und die Auswirkungen der verabscheuungswürdigen Manöver von US-Präsident Trump einzudämmen. Es war notwendig, den ukrainischen Präsidenten Selensky zu umarmen. Aber es gab mehr als nur symbolische Botschaften. Es gab die Ankündigung neuer britischer Hilfe und es gab das wertvolle Versprechen von EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen, an der Stärkung der Verteidigung der Ukraine zu arbeiten. Je mehr Europäer den politischen Willen zeigen, diese Bemühungen zu unterstützen, desto besser. Trotz der Empörung ist es aber wichtig, den Dialog mit den Vereinigten Staaten fortzusetzen. Aber aus einer stärkeren Position als bisher", so weit EL PAIS aus Madrid.
Die slowakische Zeitung PRAVDA warnt: "Auch wenn die europäischen Führer, die selbst mit US-Präsident Trump im Konflikt stehen, dem ukrainischen Präsidenten den Rücken gestärkt haben, wird das der Ukraine nicht genügen. Wir alle wissen, wie viel Kriegshilfe die USA leisten. Trump hat seltsame Manieren und lügt, aber er ist der von den Bürgern direkt gewählte Präsident des stärksten Staates der Welt. Wir sollten mit ihm auskommen lernen. Eine Anti-Trump-Hysterie führt zu nichts", empfiehlt PRAWDA aus Bratislava.
Die japanische Zeitung NIHON KEIZAI SHIMBUN stellt fest: "Die von Frankreich und Großbritannien geführte 'Koalition der Willigen' ist ohne Beteiligung der USA nicht in der Lage, die Sicherheit der Ukraine zu garantieren. Zumal es noch nicht klar ist, wie die Waffenruhe aussehen und wie der Frieden zustande kommen soll. Dennoch kann man sagen: Europa scheint endlich aufgewacht zu sein. Es hat verstanden, dass es sich auch für seine eigene Sicherheit einsetzen muss", befindet NIHON KEIZAI SHIMBUN aus Tokio.
Der britische DAILY MIRROR verweist auf den Empfang Selenskyjs beim britischen König Charles: "Wenn es jemals eine Demonstration dafür gegeben hat, welchen Zweck die Rolle des Königs erfüllt, dann braucht man nicht weiter zu suchen. Hier war sanfte Diplomatie in Aktion. Der König hat seine Unterstützung für die Ukrainer gezeigt, indem er jeden Jahrestag von Putins Invasion beging. Letztes Jahr sprach er von der Entschlossenheit und Stärke des ukrainischen Volkes und bezeichnete die Invasion als unprovozierten Angriff. Nun hoffen viele, dass Charles sich erneut als Friedensvermittler erweisen kann", vermerkt der DAILY MIRROR aus London.
In der Türkei will die PKK dem Aufruf des inhaftierten PKK-Führers Öcalan folgen, die Waffen niederzulegen. Die Istanbuler Zeitung YENI ŞAFAK führt dazu aus: "Der Aufruf Öcalans an die PKK, sich aufzulösen, war zu erwarten und ist endlich gekommen. Die Frage ist, warum jetzt? Was ist passiert und warum wird plötzlich eine Lösung gesucht? Öcalans Appell richtet sich an die PKK im Irak, an die YPG in Syrien und an die kurdische Partei DEM in der Türkei. Die Handlungsfähigkeit der PKK in der Türkei ist am Ende. Auch die irakischen Kurden sind mit der Präsenz der PKK nicht einverstanden. Und für die DEM-Partei ist es unmöglich, ihren Weg als 'politische Partei mit terroristischem Anhang' fortzusetzen. Die von Öcalan geforderte Niederlegung der Waffen ist für die PKK und die YPG der günstigste Ausweg. Es gibt keinen Grund zur Sorge, aber viel Grund zur Freude und Hoffnung", erwartet YENI ŞAFAK aus Istanbul.
Ebenfalls aus Istanbul kommentiert die Zeitung KARAR: "Anstatt zu schauen, wer diesem Aufruf folgt und wer nicht, sollte man sich auf die Lösung des Problems konzentrieren, insbesondere des Kurdenproblems. Wenn die PKK die Waffen niederlegt und sich selbst eliminiert, ist die Frage, ob das der Regierung nützt oder nicht, völlig bedeutungslos. Öcalan hat im Namen des kurdischen Volkes der PKK und ähnlichen Organisationen den Teppich unter den Füßen weggezogen. Auf dem Weg zu einer Lösung kann es immer zu einem Unfall kommen, das sollte man nicht vergessen. Die größte Leistung, die die Regierung für das Land erbringen kann, besteht darin, den Frieden zu sichern und den Zusammenhalt zwischen Türken und Kurden zu garantieren", betont die türkische Zeitung KARAR.
In Österreich wird heute die neue Regierungskoalition vereidigt. Dazu schreibt die österreichische Zeitung DER STANDARD: "Die Koalition aus ÖVP, SPÖ und Neos wird Österreichs politische Landschaft stark verändern. Sie vereint doch sehr unterschiedliche ideologische Standpunkte. Das kann ein Vorteil sein, wenn Entscheidungen auf einem breiteren Konsens basieren und so die Zugänge von einem größeren Anteil der Bevölkerung widerspiegeln. Andererseits sind umfangreichere Verhandlungen und Abstimmungen innerhalb der Koalition zu erwarten, was die Entscheidungsprozesse verlangsamen wird. Letztlich wird der Erfolg dieser Koalition davon abhängen, wie gut die beteiligten Parteien ihre Unterschiede überwinden können", meint DER STANDARD aus Wien
Die KLEINE ZEITUNG aus Graz konstatiert: "Nach fast fünf Monaten Regierungsverhandlungen sind die Österreicherinnen und Österreicher vor allem eines: ermattet. Dementsprechend steht man der frischgebackenen Dreierkoalition erst einmal vorsichtig positiv gegenüber. Die Zeiten sind nicht leicht, der Haushalt muss saniert werden, irgendjemand muss jetzt endlich regieren, und man hat sich zusammengerauft. Auf den ersten Blick nicht sehr mitreißend, andererseits wäre eine allzu dick aufgetragene Aufbruchserzählung auch nicht mehr glaubwürdig gewesen. Und die Menschen wollen mittlerweile im Grunde genommen genau das: eine Regierung, die endlich zu arbeiten beginnt", Und mit diesem Kommentar der KLEINEN ZEITUNG aus Österreich endet die Internationale Presseschau.