04. April 2025
Die internationale Presseschau

In den Kommentaren geht es um den Austritt Ungarns aus dem Internationalen Strafgerichtshof. Im Mittelpunkt steht aber das neue Zollpaket von US-Präsident Trump.

Blick von oben auf ein Containerschiff im Hafen
Donald Trump hat ein umfangreiches Zollpaket angekündigt: Blick von oben auf ein Containerschiff im Hafen. (Gettyimages / Future Publishing via Gett / CFOTO)
Dazu schreibt die WASHINGTON POST: „Bei Trumps ‚Befreiungstag‘ geht es um Machtausübung, ohne Rücksicht auf die Wirtschaft. Am allerwenigsten Sinn ergibt der Versuch, den Handel mit allen anderen Ländern auszugleichen. Doch das ist die Formel für Trumps ‚wechselseitige‘ Zölle, die auf etwa 60 Länder angewendet werden, die es wagen, Handelsüberschüsse mit den USA zu erzielen. Es sollte nicht zu spät für Trump sein, einige wirtschaftliche Grundprinzipien zu lernen. Er könnte nach Deutschland schauen, wo die Beschäftigung im verarbeitenden Gewerbe – wie auch in den USA – schrumpft, obwohl Deutschland einen anhaltenden Handelsüberschuss hat“, gibt die WASHINGTON POST zu bedenken.
Die australische Zeitung SYDNEY MORNING HERALD stellt fest: „Die Turbulenzen, die Trumps ‚Tag der Befreiung‘ ausgelöst hat, waren weitreichender, als selbst der Präsident erwartet hatte. Trumps Abschussliste verblüffte die Welt: Sie reicht vom Binnenstaat Lesotho, der mit einem Zoll von 50 Prozent belegt wurde, bis hin zu den unbewohnten australischen Heard- und McDonaldinseln, die zuletzt 1877 Waren exportiert hatten und nun mit einer Zollabgabe von 10 Prozent konfrontiert sind. Trumps Plan stellt die Prinzipien auf den Kopf, nach denen die Welt seit den 1940er Jahren funktioniert hat. Die Weltwirtschaftskrise begann bekanntlich mit einem Börsencrash an der Wall Street Ende 1929. Doch erst eine massive Erhöhung der amerikanischen Zölle im darauffolgenden Jahr stürzte die USA – und den Rest der Welt – in ihre tiefste Wirtschaftskrise überhaupt“, erinnert der SYDNEY MORNING HERALD.
Die britische Zeitung THE TIMES notiert: „Seit den katastrophalen Smoot-Hawley-Zöllen von 1930, die die Große Depression nur noch verschlimmerten, hat Amerika nicht mehr auf eine derartige selbstzerstörerische Wirtschaft zurückgegriffen. Die Nation, die den Weg zur Überwindung des Abschwungs infolge der Corona-Pandemie anführte, riskiert nun eine vollkommen unnötige Rezession – verursacht durch den Versuch eines Mannes, die USA wieder zu einem dominierenden Produzenten zu machen. Der Versuch, jedes Handelsungleichgewicht auf null zu reduzieren, ist verrückt. Das Handelsdefizit der USA ist dadurch entstanden, dass das Land nicht genug spart, um seine eigenen Investitionen zu finanzieren, und sich deshalb vom Rest der Welt Geld leihen muss. Zölle werden daran nichts ändern“, stellt THE TIMES aus London klar.
Die japanische Zeitung YOMIURI SHIMBUN ist folgender Meinung: „Die US-Zölle von 1930 führten zu einer Blockbildung der Weltwirtschaft und waren Experten zufolge schließlich einer der Gründe für den Beginn des Zweiten Weltkriegs. Nach dem Krieg übernahm Washington eine führende Rolle, den Freihandel und die Förderung des Wachstums weltweit voranzutreiben – eine Lehre aus der Vorkriegszeit, die aber nun von Trump gewaltig zerstört wurde. Seine egoistische Zollpolitik ist nicht zu akzeptieren. Japan sollte in Zusammenarbeit mit der EU und den anderen Staaten von den USA fordern, das Zollpaket zurückzunehmen.“ So weit YOMIURI SHIMBUN aus Tokio.
Die türkische Zeitung YENI ŞAFAK aus Istanbul schreibt dazu: „Sollten die von den USA angekündigten hohen Zölle, insbesondere gegenüber Ländern mit Handelsdefiziten, tatsächlich umgesetzt werden, werden diese unweigerlich Gegenmaßnahmen ergreifen und die Kosten für alle in die Höhe treiben. Wir treten in eine Phase protektionistischer Maßnahmen ein, die den internationalen Freihandel gefährden.“
Die taiwanesische Zeitung LIANHE BAO aus Taipeh führt aus: „Trumps Zölle sind historisch beispiellos und sorgen weltweit für Aufruhr und Börsencrashs. Ihn und sein Team lässt all dies unbeeindruckt. Sie nehmen die drohende Inflation in Kauf und glauben daran, dass die USA langfristig von diesem Zollkrieg profitieren werden. Unter Trump sind Zölle nicht nur ein Instrument zum Schutz der eigenen Wirtschaft und des Handels geworden, sondern auch ein Machthebel in der Außenpolitik.“
Der Schweizer TAGES-ANZEIGER analysiert: „Trump gibt vor, für die USA vorteilhaftere Handelsverträge abschließen zu wollen. Die verhängten Strafen wären nur ein Druckmittel. Der US-Präsident sagt aber auch, die Zölle sollten Einnahmen generieren, um Steuern zu senken. Die Zölle sind also da, um zu bleiben. Bei alledem gibt Trump vor, er stärke sein Land, um China in Schach zu halten. Dabei spielt er dem Rivalen geradezu in die Hände. Die Vereinigten Staaten, einstige Vorreiter des Freihandels, ziehen sich auf sich selbst zurück und versetzen der Welthandelsorganisation WTO den Todesstoß. Die Mehrheit der Amerikanerinnen und Amerikaner misstraut seiner Wirtschaftspolitik, die Konsumentenstimmung ist mies, die Börsenkurse sinken. Es geht das Gespenst einer Stagflation um, einer Wirtschaftskrise bei steigenden Preisen, der mit der Geldpolitik kaum beizukommen ist“, beobachtet der TAGES-ANZEIGER aus Zürich.
„Trumps Zölle verändern die Welt“, titelt die polnische Zeitung RZECZPOSPOLITA aus Warschau und erklärt: „Wir erleben das Ende der Globalisierung und den Beginn einer neuen geopolitischen Ordnung. Die Zölle greifen die Grundlagen des Welthandels an. Am 2. April wurde Amerika nicht befreit, sondern vollzog den Bruch mit dem Rest der Welt.“
Nun zur Ankündigung Ungarns, aus dem Internationalen Strafgerichtshof auszutreten. In der dänischen Zeitung POLITIKEN ist dazu zu lesen: „Gäbe es Gerechtigkeit, wäre Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu nicht nach Budapest geflogen, um dort als Ehrengast empfangen zu werden – sondern nach Den Haag, um dort als Verdächtiger wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit verhaftet zu werden. Leider leben wir nicht in einer solchen Welt. Ungarns großer Empfang für Netanjahu ist ein weiterer direkter Angriff auf die internationale Rechtsordnung. Um die Botschaft noch deutlicher zu machen, will sich Ungarn gleichzeitig aus dem Internationalen Strafgerichtshof vollständig zurückziehen, dessen Mitglied es von Anfang an war. Damit wird Ungarn das einzige EU-Land, das nicht Mitglied des IStGH sein wird. Das kann und sollte die Europäische Union nicht akzeptieren. Vielleicht können wir Netanjahu nicht nach Den Haag bringen, aber Ungarn ist ein Teil der EU und sollte unter Druck gesetzt werden, die internationale Rechtsordnung zu unterstützen“, fordert POLITIKEN aus Kopenhagen.
„Der Austritt unseres Landes aus dem Internationalen Strafgerichtshof kam eigentlich nicht überraschend“, heißt es in der ungarischen Zeitung NEPSZAVA: „Er hing schon lange in der Luft. Die Regierung hat zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen: Mit dem Präzedenzfall von Netanjahus Besuch hat sie auch den Weg für den ebenfalls vom IStGH verfolgten russischen Präsidenten Putin nach Budapest geebnet. Es ist noch immer unbekannt, warum Netanjahu nach Budapest kam und was er bis zum Sonnenuntergang am Freitag, dem Beginn des Schabbat, in der ungarischen Hauptstadt tun wird. Er besucht keine jüdischen Organisationen in Ungarn, aber sicherlich wird er die Zeit nicht lesend in seinem Hotelzimmer verbringen“, spekuliert NEPSZAVA aus Budapest.
Die niederländische Zeitung DE VOLKSKRANT merkt an: „Mit dem angekündigten Rückzug stellt sich Ungarn als erster EU-Mitgliedstaat gemeinsam mit den USA, die den IStGH nicht anerkennen, uneingeschränkt hinter eine Regierung, die Demokratie und Rechtsstaatlichkeit im Eiltempo abschafft, eine Apartheidpolitik gegen die Palästinenser im Westjordanland verfolgt und Kriegsverbrechen im Gazastreifen begeht. Mit seinem Rückzug aus dem IStGH zeigt Orban als autokratischer Herrscher der internationalen Rechtsordnung, die die Menschenrechte schützen soll, den Stinkefinger. Für die EU ist Ungarn mittlerweile ein Schandfleck. Seit Jahren ist klar, dass Orban sich nicht zu den Werten der Gemeinschaft bekennt und das Recht missachtet.“ Das war zum Ende der internationalen Presseschau DE VOLKSKRANT aus Amsterdam.