
Der Londoner INDEPENDENT fasst zusammen: „In dieser Woche hat der Präsident der USA das Welthandelssystem demoliert, die Welt in Richtung einer erneuten Rezession gestoßen, Geschichte umgeschrieben und die wirtschaftlichen Verhältnisse auf den Kopf gestellt. In allen Bereichen führt Trump Amerika zurück zum Isolationismus aus einer dunkleren Zeit der Geschichte. Im Falle des Handels schafft er einen neuen Merkantilismus – ein Regime, in dem Politiker und nicht freie Märkte und Verbraucher die Wirtschaftstätigkeit bestimmen, was garantiert dazu führt, dass Ressourcen falsch verteilt und die Amerikaner ärmer werden.“ So weit die Prognose im britischen INDEPENDENT.
Die WASHINGTON POST analysiert die Verantwortung der beiden großen politischen Parteien in den USA: „In den letzten Jahrzehnten haben Demokraten und Republikaner den Freihandel als selbstverständlich angesehen. Sie haben sich nicht bemüht, die Wähler aus der Arbeiterklasse – von denen sich viele in der modernen Wirtschaft als Verlierer fühlen – davon zu überzeugen, dass sie eigentlich von den Handelsvereinbarungen profitieren, die nun rückgängig gemacht werden. Zölle sind Steuern, die von Importeuren und Verbrauchern bezahlt werden. Und sie schaffen Knappheit, was die Preise erhöht. Auch als Trump im Wahlkampf 2024 sagte, ‚Zoll‘ sei ‚das schönste Wort‘, hätten die traditionell marktfreundlichen Republikaner ihre Wähler davon überzeugen müssen, dass er falsch lag. Die Verfechter der wirtschaftlichen Freiheit in beiden Parteien müssen jetzt aufstehen und für eine vernünftige Politik eintreten“, wird in der WASHINGTON POST aus den USA verlangt.
„Wir werden vom Chaos fortgerissen“, so beschreibt LA REPUBBLICA aus Rom die Situation. „Am schwarzen Freitag der Weltbörsen fließen Tränen und verbrennen Milliarden. Die Zeitmaschine führt sogar bis zum 11. September 2001 zurück: seit dem Dschihadisten-Angriff auf die Zwillingstürme in New York haben die Märkte nicht so einen krachenden Einbruch erlitten. Jetzt hat ‚der dümmste Krieg der Geschichte‘ begonnen, wie das Wall Street Journal diese Zollsalve bezeichnet hat, die der Sheriff in Washington gegen alles und alle abgefeuert hat. Wir sind erst am zweiten Tag nach dem ‚Tag der Befreiung‘, wie Trump selbst seine Zolloffensive getauft hat, und schon kollabieren Wall Street und Nasdaq, Dollar und Erdöl.“ Das war LA REPUBBLICA aus Italien.
Im Schweizer TAGES-ANZEIGER lautet die Prognose: „Trumps Zölle werden das Land abschotten und aus weltumspannenden Wertschöpfungsketten herauslösen. Sie werden die Wettbewerbsfähigkeit der US-Unternehmen schwächen, speziell in den Industriebranchen, deren Niedergang Trump lamentiert. Sie werden die Kaufkraft der Löhne schmälern und Konsumentinnen ärmer machen.Auch dem Rest der Welt werden die Zölle Schaden zufügen. Der Börsencrash ist ein Vorgeschmack darauf. Trump will die Lieferungen ausländischer Hersteller missbrauchen, um die Staatskasse mit Geld zu füllen. Diese ‚Mach-deinen-Nachbarn-zum-Bettler-Strategie‘ ist ökonomisch geächtet, weil sie nur Verlierer hervorbringt. Wenn der einstige Champion des Freihandels jetzt den Freihandel über Bord wirft, dann muss der Rest der Welt umso stärker daran festhalten. Eine globale Zollspirale wäre das Schlimmste, was der Wirtschaft passieren kann“, so die Überzeugung im TAGES-ANZEIGER aus Zürich.
„Trumps Zölle sind auch dazu gedacht, Amerika einen dauerhaften Einfluss auf künftige Zölle und den Handel zu verschaffen“, glaubt die Kommentatorin in der ukrainischen Zeitung KYIV POST. „Sie wurden absichtlich hoch angesetzt, um Spielraum für Verhandlungen zu lassen: Wenn ein Land seine Zölle senkt oder wirtschaftlichen oder geopolitischen Zugeständnissen zustimmt, werden die Zölle gesenkt oder ausgesetzt. China bezeichnete dies als ‚Erpressung‘. Es ist völlig klar, dass Trump die Weltwirtschaft von nun an nach seinen Bedürfnissen gestalten will.“
Die Moskauer Zeitung KOMMERSANT zeichnet folgendes Szenario: „Große Volkswirtschaften wie die EU oder Japan könnten gezwungen sein, zunächst Vergeltungsmaßnahmen zu ergreifen, bevor sie dann in Gespräche eintreten und versuchen, eine Einigung zu erzielen. Diese klassische Strategie wird funktionieren, wenn das Ziel von Trumps Zollpolitik darin besteht, seinen Unternehmen bessere Zugangsbedingungen zu ausländischen Märkten zu ermöglichen. Wenn das Ziel jedoch ein anderes ist – beispielsweise das Auslösen einer großen globalen Wirtschaftskrise, denn einige Experten glauben, dass dies der einzige Weg ist, das gigantische Handelsdefizit der USA zu beseitigen – dann könnte das Szenario anders aussehen. Dann würden Trumps Zölle noch lange Zeit gelten“, schätzt der russische KOMMERSANT.
„China schlug gestern mit Zöllen auf alle US-Produkte zurück“, ergänzt die belgische Zeitung DE TIJD. „Die europäischen Aktienmärkte erlebten den schlimmsten Tag seit der Corona-Pandemie. Auch für jene, die nicht selbst in Aktien investieren, ist das eine schlechte Nachricht. In der Finanzwelt geht es im Wesentlichen um eine Verheißung für die Zukunft. Die Tatsache, dass die Aktienkurse in dieser Woche in fast allen Sektoren eingebrochen sind, zeigt, wie sehr das Vertrauen in die Zukunft gelitten hat.“ Sie hörten die Zeitung DE TIJD, die in Brüssel erscheint.
Und der Gastkommentator in der saudischen Zeitung ARAB NEWS verweist auf Folgendes: „Im Vergleich zu China hat die Macht der USA zwar abgenommen, aber ihr Anteil an der Weltwirtschaft liegt nach wie vor bei etwa 25 Prozent. Solange Washington starke Bündnisse mit Japan und Europa aufrechterhielt, repräsentierten die Vereinigten Staaten mehr als die Hälfte der Weltwirtschaft. Wird die Trump-Administration diese einzigartige Quelle der amerikanischen Macht beibehalten, oder hat die EU-Außenbeauftragte Kallas Recht, dass wir an einem Wendepunkt stehen? Wenn künftige Historiker das Jahr 2025 betrachten, wird dieser Wendepunkt aber eher ein Ergebnis der US-Politik sein, eine selbst zugefügte Wunde. Und keine unvermeidliche Entwicklung, so wie dies bei anderen Wendepunkten in der Geschichte der Fall war.“ Sie hörten einen Gastkommentar in den ARAB NEWS aus Dschidda.
Abschließend ein Blick nach Südkorea. Der wegen der Verhängung des Kriegsrechts im Dezember suspendierte Präsident Yoon ist endgültig seines Amtes enthoben worden. Das Verfassungsgericht in Seoul bestätigte einstimmig den Amtsenthebungsantrag gegen den rechtskonservativen Politiker. Die japanische Zeitung ASAHI SHIMBUN resümiert: „Innerhalb von 60 Tagen muss die nächste Präsidentschaftswahl stattfinden. Danach warten auf die Politik große Aufgaben. Denn durch die Ausrufung des Notstands hat sich die Spaltung der Gesellschaft weiter vertieft. Egal wie die Wahl ausgeht: das Land steht auf dem Prüfstand. In Nordostasien ist Südkorea derzeit das einzige Land, das mit Japan die Werte teilt. Daher ist die Hoffnung groß, dass die südkoreanische Demokratie jetzt wieder ihre Stärke zeigen kann“, heißt es in der Zeitung ASAHI SHIMBUN, die in Tokio erscheint.
„Die Krise in Südkorea wurde durch die Machtgier eines Einzelnen ausgelöst“, interpretiert die in Istanbul ansässige Onlinezeitung T24. „Der Putschversuch des Präsidenten hat Südkorea, eine der größten Volkswirtschaften der Welt, einen hohen Preis gekostet. Den schwersten Schlag aber hat die Demokratie und die Reputation Südkoreas im Ausland erlitten. Trotz des Urteils des Verfassungsgerichts wird es noch einige Zeit dauern, bis das Land sein früheres Ansehen wiedererlangt hat“, lautet die Einschätzung in der türkischen Onlinezeitung T24.