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Die Jagd auf die Venus und die Vermessung des Sonnensystems

Wenn es beim nächsten Flug in der Economy Class mal wieder eng wird, sollte Sie vielleicht an die Forscher denken, die sich 1761 und 1769 in die entlegensten Gebiete der Erde aufmachten, um einem besonderen Himmelsereignis beizuwohnen: dem Transit der Venus vor der Sonne.

Rezension: Dagmar Röhrlich |
    Sie mussten Monate vor dem Ereignis aufbrechen, um auf unbequemen, strapaziösen und auch noch gefährlichen Reisen an ihren Einsatzort gelangten: mit Kutschen, Segelbooten, Schlitten oder zu Fuß. Warum sie diese Mühen auf sich nahmen? Edmond Halley hatte 1716 hingewiesen, dass der Venustransit die Antwort auf eine der großen offenen wissenschaftlichen Fragen der Zeit liefern konnte: die nach der Größe des Sonnensystems. Zu Halleys Zeiten kannte man nur die relativen Abstände zwischen den bekannten Planeten. Könnte man nur einen einzigen Abstand messen, ließe sich der Rest daraus berechnen.

    Damit das gelang, mussten die Beobachter den nächsten Transit von weit voneinander entfernten Orten so genau wie möglich beobachten. Das hört sich einfach an, aber mit den technischen Mitteln der Zeit war es höchst schwierig: Die Forscher zogen in die Südsee, nach China, Indien, Indonesien, Sibirien und Kalifornien. Ohne E-Mail und Telefon mussten sie sich abstimmen, die Daten austauschen: Briefe waren monatelang unterwegs. Nur mit Teleskopen und Pendeluhren ausgestattet, rüsteten sie an ihren Zielorten provisorische Sternwarten ein. Es gab kein GPS zur Positionsbestimmung, keine Weltzeituhr zur Synchronisierung der Beobachtungen, noch nicht einmal ein einheitliches Bezugssystem: So bedeutete eine Meile in England etwas anderes als in Deutschland.

    Beim ersten Versuch 1761 - mitten im Siebenjährigen Krieg - erreichten die Messungen noch nicht die notwendige Genauigkeit. Die brachte erst der zweite Transit acht Jahre später: Am 3. Juni 1769 richteten 250 Beobachter an 130 Beobachtungsstationen ihre Teleskope auf die Sonne - darunter auch James Cook auf Tahiti. Die Geschichte dieses ersten internationalen Wissenschaftsprojekts beschreibt Andrea Wulf in ihrem Buch "Die Jagd auf die Venus" kurzweilig und spannend wie einen Thriller. Eine ideale Urlaubslektüre.

    Andrea Wulf: Die Jagd auf die Venus und die Vermessung des Sonnensystems
    ISBN-13: 978-3-570-10095-0
    Bertelsmann Verlag, 416 Seiten, 21,99 Euro