Als der Afrikanischen Nationalkongress, ANC, vor 17 Jahren an die Macht kam, da brachte er das Ende der Apartheid, und den Anfang demokratischer Grundrechte. Dazu gehörte auch die freie Meinungsäußerung wie die Pressefreiheit. Die wurde aber im Laufe der Jahre immer weiter eingeschränkt, schon weil Nelson Mandelas Nachfolger, Thabo Mbeki, die schlechte Presse wegen seiner verheerenden Aids-Politik unterbinden wollte. Sein Nachfolger wiederrum der jetzige Präsident Jacob Zuma ist auf Journalisten auch nicht gut zu sprechen, deckten sie doch seine korrupten Machenschaften auf. Nun plant der ANC, ein Gesetz zum "Schutz der Information". Im Volksmund wird es nur das "Geheimhaltungsgesetz" genannt . Denn große Teile der Bevölkerung, die politische Opposition und zivilgesellschaftliche Gruppen befürchten, dass es die Bürgerrechte und Pressefreiheit erheblich einschränken wird. Trotz des immer lauter werdenden Protests drückte der ANC zunächst aufs Tempo und wollte den umstrittenen Gesetzentwurf gestern mit seiner Mehrheit im Parlament verabschieden. Doch in der letzten Minute wurde dieser Termin nun auf September verschoben. Leonie March berichtet:
"Finger weg von unserer Demokratie" steht auf den Plakaten der Demonstranten, "Was wollt ihr vor uns verbergen?" rufen die einen, andere haben sich den Mund mit Klebeband zugeklebt. Das Gesetz zum "Schutz der Information" würde jeden Südafrikaner mundtot machen, davon sind alle hier überzeugt: Einfache Bürger, Journalisten und Akademiker, Gewerkschafter und Künstler, Geistliche und ehemalige Freiheitskämpfer. Dabei war die Grundidee der Regierung gar nicht so schlecht: Der umstrittene Gesetzentwurf soll die gleichnamige, veraltete Regelung aus der Apartheid-Ära ersetzen, die sensible Daten des Staates etwa vor Spionage schützen soll. Doch nun schießt der ANC über das Ziel hinaus, kritisieren Gegner wie Nic Dawes, Chefredakteur der linksliberalen Wochenzeitung Mail & Guardian.
"Natürlich ist die gegenwärtige Gesetzgebung nicht mehr angemessen. Sie spiegelt die paranoide Gedankenwelt der Apartheid-Regierung wieder. Seltsamerweise aber erweitert der neue Entwurf den Geltungsbereich. Alle staatlichen Einrichtungen von Gemeinderäten bis zum Verteidigungsministerium werden dazu angehalten, Informationen als geheim zu klassifizieren. Und zwar nicht nur im Sinne der nationalen Sicherheit, sondern im so genannten " nationalen Interesse". Wir befürchten, dass dadurch ein Schleier der Verschwiegenheit über einen großen Bereich der Regierungstätigkeit geworfen wird. Das würde die verfassungsrechtlich garantierte Informationsfreiheit und unsere offene Demokratie vollkommen zunichte machen."
Eine unabhängige Kontrolle, welche Informationen als geheim eingestuft werden dürfen, ist in dem Gesetzentwurf nicht vorgesehen. Jedem, der sie besitzt, weitergibt oder veröffentlicht, drohen drakonische Strafen; bis zu 25 Jahre Gefängnis. Das öffentliche Interesse spiele keine Rolle mehr, betont Quinton Kippen, Sprecher der "Right2Know"-Kampagne, die den zivilgesellschaftlichen Protest im Land bündelt und organisiert.
"Eine Gemeinde könnte Bürgern alle möglichen Informationen vorenthalten und müsste sich dafür nicht einmal mehr rechtfertigen. Ein Minister könnte Kriminalitätsstatistiken unter Verschluss halten, wenn er das nationale Interesse gefährdet sieht. Wir könnten Behörden weder kontrollieren, noch überprüfen, wie sie Steuergelder ausgeben. Die Polizei könnte Menschen festnehmen, ohne dass die Betroffenen erfahren warum. Genauso wie während der Apartheid. Die als geheim eingestuften Informationen könnten nicht einmal vor Gericht verwendet werden. "
Bekenntnisse zu Presse- und Meinungsfreiheit, die Präsident Zuma und seine Genossen bei jeder Gelegenheit einstreuen, seien in Anbetracht dieses Gesetzentwurfs wenig glaubwürdig, meint Professor Patrick Bond, Direktor des Zentrums für Zivilgesellschaft an der Universität von Kwazulu Natal.
"Angesichts ihrer Geschichte als revolutionäre Freiheitsbewegung bedient sich die Regierung häufig einer Rhetorik der politischen Linken, ihre Taten stehen dem allerdings diametral entgegen. Der Staat hat viele Geheimnisse und es liegt im Interesse der korrupten Elite, dass diese gewahrt bleiben. Informationen darüber, wer wem etwas schuldet sind ganz entscheidend und die Regierung möchte nicht, dass die Leute darüber Bescheid wissen."
Doch die junge Demokratie ist nicht so leicht mundtot zu machen. 19.000 Menschen haben mittlerweile die Petition der "Right2Know"-Kampagne unterschrieben, über 400 zivilgesellschaftliche Gruppen haben sich der Bewegung angeschlossen. Der ANC ließ zunächst die Muskeln spielen, drückte mit seiner parlamentarischen Mehrheit aufs Tempo. Nun jedoch wurde der Termin für die Verabschiedung des umstrittenen Gesetzes zum "Schutz der Information" verschoben. Ein Etappensieg, meint Quinton Kippen.
"Wir führen das auf unseren lautstarken Protest und die immer breiter werdende Unterstützung zurück. Wir hoffen dem ANC klar zu machen, dass er sich mit der Zivilgesellschaft auseinandersetzen und sie in derart wichtige Prozesse einbeziehen muss. In diesem Sinne ist die Verlängerung der Frist zwar nur ein kleiner, aber ein bedeutungsvoller Erfolg für unsere Kampagne."
Auslöser war mit Sicherheit auch die öffentliche Kritik des Gewerkschaftsbundes COSATU. Als einer der wichtigsten Bündnispartner der Regierung stimmte er in den Chor der Gegner ein und droht sogar mit dem Gang vor das Verfassungsgericht. Juristen räumen einer Klage gegen den derzeitigen Gesetzentwurf gute Chancen ein. Es wäre nicht das erste Mal, dass der ANC zurückrudern muss, meint Professor Patrik Bond.
"Manchmal kommt es zu einer politischen Kehrtwende, wie beispielsweise im Fall der Aids-Medikamente. Der damalige Präsident Thabo Mbeki war mit seiner ablehnenden Haltung innerhalb seiner Partei enorm unter Druck geraten. Der Vorstand machte ihm klar, dass nicht nur hunderttausende Leben auf dem Spiel stehen, sondern auch die Unterstützung für den ANC. Ähnliche Überlegungen könnten auch jetzt eine Rolle spielen. Es gibt ja durchaus Möglichkeiten, politisch das Gesicht zu wahren, zum Beispiel indem einige der Leute entlassen werden, die für den Gesetzentwurf verantwortlich sind."
Es gibt erste Anzeichen dafür, dass der ANC dem politischen und gesellschaftlichen Druck tatsächlich nachgibt. Gestern hat die Regierungspartei erstmals Zugeständnisse versprochen. Unter anderem soll der Kreis derer, die Informationen als geheim klassifizieren dürfen, deutlich eingeschränkt werden. Auch über die Strafen bei Verstößen und eine unabhängige Kontrollinstanz will der ANC noch einmal nachdenken. Grund dafür seien ernsthafte Bedenken innerhalb der eigenen Partei und der Zivilgesellschaft, teilte ein Sprecher mit. Die Gegner bleiben jedoch wachsam. Sie wollen so lange weiter protestieren, bis alle Kritikpunkte restlos ausgeräumt sind.
"Finger weg von unserer Demokratie" steht auf den Plakaten der Demonstranten, "Was wollt ihr vor uns verbergen?" rufen die einen, andere haben sich den Mund mit Klebeband zugeklebt. Das Gesetz zum "Schutz der Information" würde jeden Südafrikaner mundtot machen, davon sind alle hier überzeugt: Einfache Bürger, Journalisten und Akademiker, Gewerkschafter und Künstler, Geistliche und ehemalige Freiheitskämpfer. Dabei war die Grundidee der Regierung gar nicht so schlecht: Der umstrittene Gesetzentwurf soll die gleichnamige, veraltete Regelung aus der Apartheid-Ära ersetzen, die sensible Daten des Staates etwa vor Spionage schützen soll. Doch nun schießt der ANC über das Ziel hinaus, kritisieren Gegner wie Nic Dawes, Chefredakteur der linksliberalen Wochenzeitung Mail & Guardian.
"Natürlich ist die gegenwärtige Gesetzgebung nicht mehr angemessen. Sie spiegelt die paranoide Gedankenwelt der Apartheid-Regierung wieder. Seltsamerweise aber erweitert der neue Entwurf den Geltungsbereich. Alle staatlichen Einrichtungen von Gemeinderäten bis zum Verteidigungsministerium werden dazu angehalten, Informationen als geheim zu klassifizieren. Und zwar nicht nur im Sinne der nationalen Sicherheit, sondern im so genannten " nationalen Interesse". Wir befürchten, dass dadurch ein Schleier der Verschwiegenheit über einen großen Bereich der Regierungstätigkeit geworfen wird. Das würde die verfassungsrechtlich garantierte Informationsfreiheit und unsere offene Demokratie vollkommen zunichte machen."
Eine unabhängige Kontrolle, welche Informationen als geheim eingestuft werden dürfen, ist in dem Gesetzentwurf nicht vorgesehen. Jedem, der sie besitzt, weitergibt oder veröffentlicht, drohen drakonische Strafen; bis zu 25 Jahre Gefängnis. Das öffentliche Interesse spiele keine Rolle mehr, betont Quinton Kippen, Sprecher der "Right2Know"-Kampagne, die den zivilgesellschaftlichen Protest im Land bündelt und organisiert.
"Eine Gemeinde könnte Bürgern alle möglichen Informationen vorenthalten und müsste sich dafür nicht einmal mehr rechtfertigen. Ein Minister könnte Kriminalitätsstatistiken unter Verschluss halten, wenn er das nationale Interesse gefährdet sieht. Wir könnten Behörden weder kontrollieren, noch überprüfen, wie sie Steuergelder ausgeben. Die Polizei könnte Menschen festnehmen, ohne dass die Betroffenen erfahren warum. Genauso wie während der Apartheid. Die als geheim eingestuften Informationen könnten nicht einmal vor Gericht verwendet werden. "
Bekenntnisse zu Presse- und Meinungsfreiheit, die Präsident Zuma und seine Genossen bei jeder Gelegenheit einstreuen, seien in Anbetracht dieses Gesetzentwurfs wenig glaubwürdig, meint Professor Patrick Bond, Direktor des Zentrums für Zivilgesellschaft an der Universität von Kwazulu Natal.
"Angesichts ihrer Geschichte als revolutionäre Freiheitsbewegung bedient sich die Regierung häufig einer Rhetorik der politischen Linken, ihre Taten stehen dem allerdings diametral entgegen. Der Staat hat viele Geheimnisse und es liegt im Interesse der korrupten Elite, dass diese gewahrt bleiben. Informationen darüber, wer wem etwas schuldet sind ganz entscheidend und die Regierung möchte nicht, dass die Leute darüber Bescheid wissen."
Doch die junge Demokratie ist nicht so leicht mundtot zu machen. 19.000 Menschen haben mittlerweile die Petition der "Right2Know"-Kampagne unterschrieben, über 400 zivilgesellschaftliche Gruppen haben sich der Bewegung angeschlossen. Der ANC ließ zunächst die Muskeln spielen, drückte mit seiner parlamentarischen Mehrheit aufs Tempo. Nun jedoch wurde der Termin für die Verabschiedung des umstrittenen Gesetzes zum "Schutz der Information" verschoben. Ein Etappensieg, meint Quinton Kippen.
"Wir führen das auf unseren lautstarken Protest und die immer breiter werdende Unterstützung zurück. Wir hoffen dem ANC klar zu machen, dass er sich mit der Zivilgesellschaft auseinandersetzen und sie in derart wichtige Prozesse einbeziehen muss. In diesem Sinne ist die Verlängerung der Frist zwar nur ein kleiner, aber ein bedeutungsvoller Erfolg für unsere Kampagne."
Auslöser war mit Sicherheit auch die öffentliche Kritik des Gewerkschaftsbundes COSATU. Als einer der wichtigsten Bündnispartner der Regierung stimmte er in den Chor der Gegner ein und droht sogar mit dem Gang vor das Verfassungsgericht. Juristen räumen einer Klage gegen den derzeitigen Gesetzentwurf gute Chancen ein. Es wäre nicht das erste Mal, dass der ANC zurückrudern muss, meint Professor Patrik Bond.
"Manchmal kommt es zu einer politischen Kehrtwende, wie beispielsweise im Fall der Aids-Medikamente. Der damalige Präsident Thabo Mbeki war mit seiner ablehnenden Haltung innerhalb seiner Partei enorm unter Druck geraten. Der Vorstand machte ihm klar, dass nicht nur hunderttausende Leben auf dem Spiel stehen, sondern auch die Unterstützung für den ANC. Ähnliche Überlegungen könnten auch jetzt eine Rolle spielen. Es gibt ja durchaus Möglichkeiten, politisch das Gesicht zu wahren, zum Beispiel indem einige der Leute entlassen werden, die für den Gesetzentwurf verantwortlich sind."
Es gibt erste Anzeichen dafür, dass der ANC dem politischen und gesellschaftlichen Druck tatsächlich nachgibt. Gestern hat die Regierungspartei erstmals Zugeständnisse versprochen. Unter anderem soll der Kreis derer, die Informationen als geheim klassifizieren dürfen, deutlich eingeschränkt werden. Auch über die Strafen bei Verstößen und eine unabhängige Kontrollinstanz will der ANC noch einmal nachdenken. Grund dafür seien ernsthafte Bedenken innerhalb der eigenen Partei und der Zivilgesellschaft, teilte ein Sprecher mit. Die Gegner bleiben jedoch wachsam. Sie wollen so lange weiter protestieren, bis alle Kritikpunkte restlos ausgeräumt sind.