Jochen Spengler: So schlimm wie manches Kirchenscharmützel im Mittelalter ist der Konflikt um den zurückgetretenen Augsburger Bischof Walter Mixa zwar noch nicht, doch der Bruderzwist innerhalb der deutschen Bischöfe ist ein bislang kaum fassbarer Vorgang und eskaliert zusehends. Walter Mixa will wieder in sein Bischofsamt zurück. Er sei nur deswegen zurückgetreten, so lässt er verbreiten, weil Robert Zollitsch, der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, und der Münchener Erzbischof Reinhard Marx ihn ungebührlich und extrem unter Druck gesetzt hätten. Mixa war öffentlich in die Kritik geraten, weil er als Stadtpfarrer körperlich Gewalt gegenüber Heimkindern ausgeübt, dies aber lange geleugnet hatte.
Medien berichten jetzt aber, dass der Papst Mixas Rücktrittsgesuch angenommen habe, weil ihm Ende April ein geheimes Dossier vorgelegen habe und in dem sei auch von anderen Vorwürfen die Rede, von sexuellen Übergriffen des Bischofs und von einer schweren Alkoholabhängigkeit.
Am Telefon begrüße ich nun die CDU-Politikerin Maria Flachsbarth. Sie ist kirchenpolitische Sprecherin der Unions-Fraktion im Deutschen Bundestag. Guten Tag!
Maria Flachsbarth: Guten Tag, Herr Spengler.
Spengler: Wir können hier die Vorwürfe und Gegenvorwürfe kaum aufklären. Können Sie sich aber an ein ähnliches Zerwürfnis innerhalb des Episkopats, also innerhalb der Gesamtheit der Bischöfe erinnern?
Flachsbarth: Nein, Herr Spengler, das kann ich nicht.
Spengler: Wie besorgt macht Sie das?
Flachsbarth: Es macht mich insofern besorgt, als dass wir – das sage ich jetzt als Politikerin – die Kirche gerade in Zeiten wie diesen, wo Unsicherheit über gesellschaftliche Zusammenhänge, über Globalisierung, über Wirtschafts- und Finanzkrise, über Zuverlässigkeit von Politik die Gesellschaft ohnehin bestimmen, eigentlich als Hort der Stabilität und einer Institution gebraucht würde, die Leitplanken und Grundlagen zur Orientierung gibt.
Spengler: Gibt sie die noch derzeit?
Flachsbarth: Ja, ich glaube sicher, dass sie die gibt. Diese Diskussion, die wir jetzt im Moment haben, überlagert natürlich wieder alles andere, was Kirche denn auch noch tut in unserer Gesellschaft. Ich muss sagen, dass ich natürlich insbesondere seit der Diskussion über die Missbrauchsfälle, die dringend notwendig war und die übrigens auch aus Reihen der Kirche selbst ja durch den Jesuitenpater Mertes selbst angestoßen worden ist, in engem Kontakt und in enger Diskussion mit gerade der Katholischen Kirche auch stehe. Ich glaube, dass die Diskussion über die Leitlinien zur Prävention und Ahndung von Missbrauch an Kindern und Jugendlichem auf einem guten Weg ist, und ich glaube, dass auch insgesamt über die Struktur, über die Aufgabe der Kirche in unserer heutigen Gesellschaft Diskussionen in Gang gekommen sind, die schwierig sind, aber die konstruktiv und zukunftsweisend sind. Ich will mich nur beziehen auf Äußerungen zum Beispiel von Bischof Joachim Wanke aus Erfurt, der jetzt gerade erst vor kurzem in einer großen deutschen Wochenzeitschrift sich sehr deutlich zu Wort geäußert hat, oder auch Bischof Ludwig Schick aus Bamberg, der das Seinige dazu gesagt hat. Also ich glaube, dass da Diskussionen angesprochen worden sind, die die Kirche tatsächlich weiter bringen, und ich will darüber hinaus auch noch mal betonen: Kirche, das sind die Bischöfe, das sind die Priester, aber Kirche sind auch unzählige Laien, Ordensleute, die jeden Tag vor Ort in tätiger Nächstenliebe Christentum leben. Das hat sich insbesondere auch auf dem ökumenischen Kirchentag in München noch mal gezeigt, und deshalb: die Kirche ist in einer Krise, das Christentum nicht.
Spengler: Frau Flachsbarth, Sie haben die Missbrauchsfälle, über die wir seit etlicher Zeit diskutieren, angesprochen. Da wurde ja lange Zeit drüber hinweggeschaut. Nun war ja offenbar in oberen Kirchenkreisen auch bekannt, dass Bischof Mixa möglicherweise ein Alkoholproblem hat, möglicherweise jungen Männern zugeneigt ist. Wieso schaut man da so lange darüber hinweg? Was sind das für Strukturen, die dieses Hinwegschauen erlauben?
Flachsbarth: Man war der irrigen Auffassung, dass man der Kirche schaden würde, wenn man denn diesen Vermutungen nachgehen würde und wenn sie das Licht der Öffentlichkeit erreichen würden. Ich glaube, dass man inzwischen einen Schritt weiter ist und tatsächlich sieht, dass das Gegenteil der Fall ist, nämlich dass ein Vertuschen und ein Verharmlosen wesentlich mehr Schaden anrichtet, als wenn man Probleme tatsächlich offen anspricht und ihnen dann auch offen nachgeht. Ich kann an den Änderungen, die mir bekannt geworden sind, die vorgesehen sind für die Leitlinien für die Bewältigung der Missbrauchsfälle, erkennen, dass da tatsächlich eine Meinungsänderung stattgefunden hat und dass man das in Zukunft anders handhaben wird.
Spengler: Sie glauben, dass diese, Ihre Erkenntnis, man muss Offenheit haben, man muss offen darüber sprechen, inzwischen allgemein verbreitet ist in der Katholischen Kirche?
Flachsbarth: Ja. Jedenfalls habe ich den Eindruck in Bezug auf die Leitlinien so gewonnen.
Spengler: Kommt die Kirche damit aus ihrer Krise heraus?
Flachsbarth: Auch damit. Es muss in dem Bereich, so weit es jetzt um die Leitlinien geht, bezüglich des Missbrauchs ganz, ganz klare Strukturen geben. Man ist dabei, die zu erarbeiten. Man arbeitet sehr, sehr konstruktiv im Bereich des Runden Tisches mit. Man ist bereit zu einer vorbehaltlosen Zusammenarbeit mit den staatlichen Institutionen auch in Bezug auf das Strafrecht. Ich glaube, dass man da auf einem sehr, sehr guten Weg ist. Aber darüber hinaus muss man überlegen, wie man Strukturen ändern kann, also ein ernster nehmen der Laien, ein mehr mit einbeziehen von Frauen zum Beispiel, und das sind Dinge, die sehr offen angesprochen worden sind, eben unter anderem von Bischof Wanke, unter anderem von Bischof Schick, aber auch angemahnt worden sind von Alois Glück zum Beispiel, dem Vorsitzenden des Zentralkomitees der deutschen Katholiken. Also ich gehe davon aus, dass diese Diskussionen, die wir jetzt in diesem Jahr erleben, über Strukturen in der Katholischen Kirche auch tatsächlich zukunftsorientiert sind und dann auch tragen.
Spengler: Das war die kirchenpolitische Sprecherin der Unions-Fraktion, Maria Flachsbarth. Frau Flachsbarth, danke für das Gespräch.
Flachsbarth: Danke Ihnen herzlich.
Medien berichten jetzt aber, dass der Papst Mixas Rücktrittsgesuch angenommen habe, weil ihm Ende April ein geheimes Dossier vorgelegen habe und in dem sei auch von anderen Vorwürfen die Rede, von sexuellen Übergriffen des Bischofs und von einer schweren Alkoholabhängigkeit.
Am Telefon begrüße ich nun die CDU-Politikerin Maria Flachsbarth. Sie ist kirchenpolitische Sprecherin der Unions-Fraktion im Deutschen Bundestag. Guten Tag!
Maria Flachsbarth: Guten Tag, Herr Spengler.
Spengler: Wir können hier die Vorwürfe und Gegenvorwürfe kaum aufklären. Können Sie sich aber an ein ähnliches Zerwürfnis innerhalb des Episkopats, also innerhalb der Gesamtheit der Bischöfe erinnern?
Flachsbarth: Nein, Herr Spengler, das kann ich nicht.
Spengler: Wie besorgt macht Sie das?
Flachsbarth: Es macht mich insofern besorgt, als dass wir – das sage ich jetzt als Politikerin – die Kirche gerade in Zeiten wie diesen, wo Unsicherheit über gesellschaftliche Zusammenhänge, über Globalisierung, über Wirtschafts- und Finanzkrise, über Zuverlässigkeit von Politik die Gesellschaft ohnehin bestimmen, eigentlich als Hort der Stabilität und einer Institution gebraucht würde, die Leitplanken und Grundlagen zur Orientierung gibt.
Spengler: Gibt sie die noch derzeit?
Flachsbarth: Ja, ich glaube sicher, dass sie die gibt. Diese Diskussion, die wir jetzt im Moment haben, überlagert natürlich wieder alles andere, was Kirche denn auch noch tut in unserer Gesellschaft. Ich muss sagen, dass ich natürlich insbesondere seit der Diskussion über die Missbrauchsfälle, die dringend notwendig war und die übrigens auch aus Reihen der Kirche selbst ja durch den Jesuitenpater Mertes selbst angestoßen worden ist, in engem Kontakt und in enger Diskussion mit gerade der Katholischen Kirche auch stehe. Ich glaube, dass die Diskussion über die Leitlinien zur Prävention und Ahndung von Missbrauch an Kindern und Jugendlichem auf einem guten Weg ist, und ich glaube, dass auch insgesamt über die Struktur, über die Aufgabe der Kirche in unserer heutigen Gesellschaft Diskussionen in Gang gekommen sind, die schwierig sind, aber die konstruktiv und zukunftsweisend sind. Ich will mich nur beziehen auf Äußerungen zum Beispiel von Bischof Joachim Wanke aus Erfurt, der jetzt gerade erst vor kurzem in einer großen deutschen Wochenzeitschrift sich sehr deutlich zu Wort geäußert hat, oder auch Bischof Ludwig Schick aus Bamberg, der das Seinige dazu gesagt hat. Also ich glaube, dass da Diskussionen angesprochen worden sind, die die Kirche tatsächlich weiter bringen, und ich will darüber hinaus auch noch mal betonen: Kirche, das sind die Bischöfe, das sind die Priester, aber Kirche sind auch unzählige Laien, Ordensleute, die jeden Tag vor Ort in tätiger Nächstenliebe Christentum leben. Das hat sich insbesondere auch auf dem ökumenischen Kirchentag in München noch mal gezeigt, und deshalb: die Kirche ist in einer Krise, das Christentum nicht.
Spengler: Frau Flachsbarth, Sie haben die Missbrauchsfälle, über die wir seit etlicher Zeit diskutieren, angesprochen. Da wurde ja lange Zeit drüber hinweggeschaut. Nun war ja offenbar in oberen Kirchenkreisen auch bekannt, dass Bischof Mixa möglicherweise ein Alkoholproblem hat, möglicherweise jungen Männern zugeneigt ist. Wieso schaut man da so lange darüber hinweg? Was sind das für Strukturen, die dieses Hinwegschauen erlauben?
Flachsbarth: Man war der irrigen Auffassung, dass man der Kirche schaden würde, wenn man denn diesen Vermutungen nachgehen würde und wenn sie das Licht der Öffentlichkeit erreichen würden. Ich glaube, dass man inzwischen einen Schritt weiter ist und tatsächlich sieht, dass das Gegenteil der Fall ist, nämlich dass ein Vertuschen und ein Verharmlosen wesentlich mehr Schaden anrichtet, als wenn man Probleme tatsächlich offen anspricht und ihnen dann auch offen nachgeht. Ich kann an den Änderungen, die mir bekannt geworden sind, die vorgesehen sind für die Leitlinien für die Bewältigung der Missbrauchsfälle, erkennen, dass da tatsächlich eine Meinungsänderung stattgefunden hat und dass man das in Zukunft anders handhaben wird.
Spengler: Sie glauben, dass diese, Ihre Erkenntnis, man muss Offenheit haben, man muss offen darüber sprechen, inzwischen allgemein verbreitet ist in der Katholischen Kirche?
Flachsbarth: Ja. Jedenfalls habe ich den Eindruck in Bezug auf die Leitlinien so gewonnen.
Spengler: Kommt die Kirche damit aus ihrer Krise heraus?
Flachsbarth: Auch damit. Es muss in dem Bereich, so weit es jetzt um die Leitlinien geht, bezüglich des Missbrauchs ganz, ganz klare Strukturen geben. Man ist dabei, die zu erarbeiten. Man arbeitet sehr, sehr konstruktiv im Bereich des Runden Tisches mit. Man ist bereit zu einer vorbehaltlosen Zusammenarbeit mit den staatlichen Institutionen auch in Bezug auf das Strafrecht. Ich glaube, dass man da auf einem sehr, sehr guten Weg ist. Aber darüber hinaus muss man überlegen, wie man Strukturen ändern kann, also ein ernster nehmen der Laien, ein mehr mit einbeziehen von Frauen zum Beispiel, und das sind Dinge, die sehr offen angesprochen worden sind, eben unter anderem von Bischof Wanke, unter anderem von Bischof Schick, aber auch angemahnt worden sind von Alois Glück zum Beispiel, dem Vorsitzenden des Zentralkomitees der deutschen Katholiken. Also ich gehe davon aus, dass diese Diskussionen, die wir jetzt in diesem Jahr erleben, über Strukturen in der Katholischen Kirche auch tatsächlich zukunftsorientiert sind und dann auch tragen.
Spengler: Das war die kirchenpolitische Sprecherin der Unions-Fraktion, Maria Flachsbarth. Frau Flachsbarth, danke für das Gespräch.
Flachsbarth: Danke Ihnen herzlich.