Das Internet bricht herein in die vermoosten Marmortempel der Klassikbranche. Im Schlepptau: pubertäre Pimmelwitze, Partizipation und nicht für möglich gehaltene Reichweiten – alles in Echtzeit.
Eigentlich sollte die Branche dankbar sein. Denn längst schweben Videomontagen von Barack Obama, Harry Potter oder der Band Revolverheld durch die Weiten des Internets. Jetzt also der erste diskussionswürdige Klassik-Beitrag.
Aber anscheinend sind weite Teile der E-Musik - das "e" steht übrigens für humorlos - mit ihrem PR-Verständnis in den späten 80ern stecken geblieben - einige Anwälte und eine Unterlassungserklärung später ist der Shred gelöscht.
Souverän wäre es gewesen, wenn Daniel Hope die vulgäre Rede staatsmännisch ignoriert, und die musikalische Katastrophe aus dem Video eins zu eins nachgespielt hätte – der virale Hit wäre ihm sicher.
Klassik-Branche fernab von Entwicklungen der modernen Welt
Doch die PR-Taktik des Geigers und seines Label, der Deutschen Grammophon, ist symptomatisch für die Klassik-Branche - fernab von den Entwicklungen der modernen Welt träumt sie sich in die Zeit zurück von großen Budgets und weitgehender Marktkontrolle. Der Tenor: Hoffentlich zieht bald einer den Stecker.
Durch die Berichterstattung über den Shred, bei "Forbes" und in der "New York Times", haben die Autoren Weltruhm erlangt und neue Formen ausgelotet - sie werden dem deutschsprachigen Internet im Gedächtnis bleiben als Online-Pioniere der klassischen Musik. Denn auch wenn der Shred gelöscht ist - das Internet vergisst nie.