"Wir melden uns mit dem Mikrofon des Hessischen Rundfunks aus dem Ausstellungsgebäude auf der Mathildenhöhe in Darmstadt [...]. Vor einer Stunde endete der Festakt der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung, in dem der Dichter Gottfried Benn den Georg-Büchner-Preis erhielt."
Am 21. Oktober 1951 vergab die Darmstädter Akademie für Sprache und Dichtung zum ersten Mal den Georg-Büchner-Preis als überregionalen Literaturpreis. Im August 1922 hatte der Abgeordnete Julius Reiber dem Hessischen Landtag vorgeschlagen, einen nach Georg Büchner benannten Hessischen Staatspreis für Kunst einzurichten. Der Vorschlag wurde damals – Büchner war noch kein Klassiker – zwar heftig kritisiert, aber dennoch angenommen. Zwischen 1923 und 1932 ging der Büchnerpreis noch an zwei Künstler. Sie sollten aus Hessen stammen oder in Hessen wirken. Erst allmählich gelangte der Büchnerpreis zu Ansehen. Da er zwischen 1933 und 1944 nicht vergeben worden war, konnte Julius Reiber, nach Kriegsende Bürgermeister von Darmstadt, an die Vorkriegstradition des Büchnerpreises anknüpfen. Doch seit 1945 ist es üblich, den Preis nur einem Künstler zuzusprechen. Als erste Frau erhielt ihn 1947 Anna Seghers. In der Satzung zur Vergabepraxis heißt es:
"Zur Verleihung können Schriftsteller und Dichter vorgeschlagen werden, die in deutscher Sprache schreiben, durch ihre Arbeiten und Werke in besonderem Maße hervortreten und die an der Gestaltung des gegenwärtigen deutschen Kulturlebens wesentlichen Anteil haben."
Nach ihrer Gründung im Jahr 1949 übernahm die Darmstädter Akademie für Sprache und Dichtung den Büchnerpreis. Zum damaligen Präsidium, zählte auch Frank Thiess, der die Formulierung von der "inneren Emigration" geprägt hat. Den ins Exil gegangenen Autoren warf Thiess vor, sie hätten aus den "Logen und Parterreplätzen des Auslands der deutschen Katastrophe" zugeschaut.
Das Gremium fand in Gottfried Benn einen würdigen, aber nicht unproblematischen Preisträger, der sich mit sechs zu vier Stimmen gegen Stefan Andres und Marie Luise Kaschnitz durchsetzen konnte. Da Benn zunächst mit den Nazis sympathisiert hatte, war die Entscheidung von einiger Brisanz. Diese politischen Verstrickungen deutete Rudolf Pechel in seiner Laudatio nur vorsichtig an:
"Eins wird niemand Gottfried Benn abzusprechen wagen: dass er mit einer Leidenschaftlichkeit sondergleichen immer gesucht hat, Distanz zu gewinnen und Distanz zu bewahren, zu den äußeren Geschehen wie zu den eigenen inneren Erlebnissen. Ein solches starkes geistiges Naturell und Temperament müssen zwangsläufig dem, der sie besitzt, zu einer umstrittenen Persönlichkeit machen."
Mit der Entscheidung, einen einst für die nationalsozialistische Bewegung "Glühenden" zu ehren, der von der Realpolitik schließlich ernüchtert wurde, wird die Biografie des Geehrten zum Spiegelbild, in dem viele Deutsche die eigenen biografischen Verwerfungen wiedererkennen. Benn wendet sich in seiner Dankrede den vergangenen Geschehen in beschwörendem Gestus zu.
"Die Zeiten und Zonen liegen nahe beieinander, in keiner ist es hell, und erst nachträglich sieht es aus, als ob die Worte auf Taubenfüßen kamen. Wenn die Epochen sich schließen, wenn die Völker tot sind und die Könige ruhen in der Kammer, wenn die Reiche vollendet liegen und zwischen den ewigen Meeren verfallen die Trümmer, dann sieht alles nach Ordnung aus [...], aber es war einst alles ebenso erkämpft, behangen mit Blut, mit Opfern gesühnt, der Unterwelt entrissen und den Schatten bestritten."
Der Büchnerpreis 1951 ging an einen inneren Emigranten. In der Folgezeit finden sich auf der Liste der Preisträger die großen Namen der deutschsprachigen Literatur. Angefangen mit dem Schweizer Max Frisch bis zu dem Österreicher Thomas Bernhard. Der aus der DDR in den Westen "umgezogene" Uwe Johnson erhielt ihn ebenso wie die in der DDR gebliebene Christa Wolf. In Deutschland werden viele Literaturpreise vergeben, aber geadelt wird jede Dichtervita erst durch den Büchnerpreis.
Am 21. Oktober 1951 vergab die Darmstädter Akademie für Sprache und Dichtung zum ersten Mal den Georg-Büchner-Preis als überregionalen Literaturpreis. Im August 1922 hatte der Abgeordnete Julius Reiber dem Hessischen Landtag vorgeschlagen, einen nach Georg Büchner benannten Hessischen Staatspreis für Kunst einzurichten. Der Vorschlag wurde damals – Büchner war noch kein Klassiker – zwar heftig kritisiert, aber dennoch angenommen. Zwischen 1923 und 1932 ging der Büchnerpreis noch an zwei Künstler. Sie sollten aus Hessen stammen oder in Hessen wirken. Erst allmählich gelangte der Büchnerpreis zu Ansehen. Da er zwischen 1933 und 1944 nicht vergeben worden war, konnte Julius Reiber, nach Kriegsende Bürgermeister von Darmstadt, an die Vorkriegstradition des Büchnerpreises anknüpfen. Doch seit 1945 ist es üblich, den Preis nur einem Künstler zuzusprechen. Als erste Frau erhielt ihn 1947 Anna Seghers. In der Satzung zur Vergabepraxis heißt es:
"Zur Verleihung können Schriftsteller und Dichter vorgeschlagen werden, die in deutscher Sprache schreiben, durch ihre Arbeiten und Werke in besonderem Maße hervortreten und die an der Gestaltung des gegenwärtigen deutschen Kulturlebens wesentlichen Anteil haben."
Nach ihrer Gründung im Jahr 1949 übernahm die Darmstädter Akademie für Sprache und Dichtung den Büchnerpreis. Zum damaligen Präsidium, zählte auch Frank Thiess, der die Formulierung von der "inneren Emigration" geprägt hat. Den ins Exil gegangenen Autoren warf Thiess vor, sie hätten aus den "Logen und Parterreplätzen des Auslands der deutschen Katastrophe" zugeschaut.
Das Gremium fand in Gottfried Benn einen würdigen, aber nicht unproblematischen Preisträger, der sich mit sechs zu vier Stimmen gegen Stefan Andres und Marie Luise Kaschnitz durchsetzen konnte. Da Benn zunächst mit den Nazis sympathisiert hatte, war die Entscheidung von einiger Brisanz. Diese politischen Verstrickungen deutete Rudolf Pechel in seiner Laudatio nur vorsichtig an:
"Eins wird niemand Gottfried Benn abzusprechen wagen: dass er mit einer Leidenschaftlichkeit sondergleichen immer gesucht hat, Distanz zu gewinnen und Distanz zu bewahren, zu den äußeren Geschehen wie zu den eigenen inneren Erlebnissen. Ein solches starkes geistiges Naturell und Temperament müssen zwangsläufig dem, der sie besitzt, zu einer umstrittenen Persönlichkeit machen."
Mit der Entscheidung, einen einst für die nationalsozialistische Bewegung "Glühenden" zu ehren, der von der Realpolitik schließlich ernüchtert wurde, wird die Biografie des Geehrten zum Spiegelbild, in dem viele Deutsche die eigenen biografischen Verwerfungen wiedererkennen. Benn wendet sich in seiner Dankrede den vergangenen Geschehen in beschwörendem Gestus zu.
"Die Zeiten und Zonen liegen nahe beieinander, in keiner ist es hell, und erst nachträglich sieht es aus, als ob die Worte auf Taubenfüßen kamen. Wenn die Epochen sich schließen, wenn die Völker tot sind und die Könige ruhen in der Kammer, wenn die Reiche vollendet liegen und zwischen den ewigen Meeren verfallen die Trümmer, dann sieht alles nach Ordnung aus [...], aber es war einst alles ebenso erkämpft, behangen mit Blut, mit Opfern gesühnt, der Unterwelt entrissen und den Schatten bestritten."
Der Büchnerpreis 1951 ging an einen inneren Emigranten. In der Folgezeit finden sich auf der Liste der Preisträger die großen Namen der deutschsprachigen Literatur. Angefangen mit dem Schweizer Max Frisch bis zu dem Österreicher Thomas Bernhard. Der aus der DDR in den Westen "umgezogene" Uwe Johnson erhielt ihn ebenso wie die in der DDR gebliebene Christa Wolf. In Deutschland werden viele Literaturpreise vergeben, aber geadelt wird jede Dichtervita erst durch den Büchnerpreis.